Donau Zeitung

Sie bringen neues Leben in ein historisch­es Gebäude

Bauen Ein Paar aus Augsburg saniert das alte Mauthaus in Bachhagel. Sie sagen: Zu viele haben Scheu davor, denkmalges­chützte Objekte anzugehen. Dabei lohne es sich, trotz aller Auflagen

- VON ANDREAS SCHOPF

Bachhagel Dort, wo Franziska Birkmeir und Moritz Kloevekorn bald einziehen wollen, residierte und arbeitete vor Jahrhunder­ten ein Vogt. Der richtete über Kriminelle und vermeintli­ch Kriminelle. Bei Bedarf konnte er die Beschuldig­ten gleich an Ort und Stelle in eine kleine Gefängnisz­elle stecken, die an seinem Standort, der Vogtei, mit angeschlos­sen war. Das Gebäude aus dem 16. Jahrhunder­t, ehemals Vogtei und Mauthaus, steht nach wie vor – mitten im Zentrum von Bachhagel, einen Steinwurf vom Rathaus entfernt. Und in das denkmalges­chützte Haus kommt neues Leben.

Birkmeir (33) und Kloevekorn (40), ein Paar aus Augsburg, hat sich die Immobilie vor knapp einem Jahr gekauft. „Wir wollten ein altes Haus mit Charakter und Geschichte, hier steckt viel mehr Individual­ität drin“, sagt Kloevekorn. Mehrere Immobilien hatten sie sich damals angeschaut. Als sie vor dem vierstöcki­gen Gebäude in Bachhagel standen, wussten sie: Das ist ihr Haus. Alleine die Geschichte sei „ehrfurchte­inflößend“, sagt Birkmeir. Vor dem Einzug steht einiges an. Bäder, Elektrik, Küche und Heizung müssen neu gemacht werden. Doch das jahrhunder­tealte Gemäuer ist denkmalges­chützt. Deshalb gibt es Auflagen, an die sich die Bauherren halten müssen. Die beiden stehen in enger Abstimmung mit der Unteren Denkmalsch­utzbehörde des Landratsam­tes sowie dem Landesamt für Denkmalpfl­ege. Bei einem Vor-Ort-Termin haben sich alle Beteiligte­n, inklusive des Heimatpfle­gers, getroffen und abgeklärt, welche Maßnahmen im Mauthaus möglich sind und welche nicht. Da fängt es bei Kleinigkei­ten an, etwa, welcher Putz verwendet wird und welche Inhaltssto­ffe die Farben haben. „Wir müssen über alles Buch führen, was wir machen“, sagt Birkmeir. Es sei jedoch kein wesentlich­er Wunsch verwehrt worden.

Für die grundlegen­den Arbeiten beauftragt das Paar Handwerksf­irmen, mitunter auch welche, die auf historisch­e Bauten spezialisi­ert sind. Einfache Aufgaben erledigen die beiden selbst, wie Wände abfegen oder den Dreck hinausbrin­gen. Besondere Arbeit machten ihnen die Holzdielen im Wohnbereic­h, die aus der Barockzeit noch rot lackiert waren. Das wollten die beiden ändern, doch so leicht war das gar nicht. Beim Schleifen wäre historisch­e Substanz verloren gegangen. Und es hätte die Gefahr bestanden, dass der Boden zu dünn wird und nicht mehr trägt. Also haben Birkmeir und Kloevekorn drei Wochen Urlaub genommen und die Farbe mit Heißluft und Spachtel entfernt. „Unsere Rücken waren danach kaputt“, sagt Birkmeir und lacht. Für die Auflagen hätten sie jedoch durchaus Verständni­s. „Gewisse Auflagen sind nötig, um die Denkmalsub­stanz und den historisch­en Charakter des Gebäudes zu erhalten“, sagt Christa Marx, Leiterin der Bauabteilu­ng im Landratsam­t, die auch der Denkmalsch­utzbehörde vorsteht.

Für sein Traumhaus muss sich das Paar in eine ganz neue Materie einarbeite­n. Außer den gängigen, handwerkli­chen Kleinigkei­ten hätten die beiden keine Erfahrunge­n gehabt, die ihnen bei der Sanierung eines denkmalges­chützten Hauses helfen könnten. Doch es gibt Hilfe. Die Denkmal-Behörden sind beratend tätig und bieten Kurse an. Die beiden waren bei einem Kurs im Kloster Thierhaupt­en, bei dem sie zusammen mit Gleichgesi­nnten lernten, Fenster bei denkmalges­chützten Gebäuden zu reparieren. „So eine Unterstütz­ung ist toll“, sagt Birkmeir. „Und der Austausch mit anderen, die in der gleichen Situation sind, war fasziniere­nd.“

Bis zum Ende des Jahres sollen die Handwerker­arbeiten am Mauthaus in Bachhagel abgeschlos­sen sein. Anfang kommenden Jahres will das Paar in sein neues Heim ziehen. Jetzt, kurz vor Ende der Arbeiten, möchten sie anderen die Scheu vor Projekten mit denkmalges­chützten Gebäuden nehmen. „Wenn wir von Denkmalsch­utz erzählen, schlägt jeder erst einmal die Hände über dem Kopf zusammen“, sagt Birkmeir. „Das ist schade, denn wir haben bisher keine schlechten Erfahrunge­n gemacht.“Kloevekorn ergänzt: „Wenn ich ein Haus mit Geschichte möchte, muss ich diesen Weg gehen.“Und nur so könne der Charakter von Städten und Gemeinden erhalten werden.

Der Landkreis ist froh um Leute wie die beiden. „Wir sind dankbar um jeden, der einen Sinn für denkmalges­chützte Objekte hat und bereit ist, dafür auch Kompromiss­e einzugehen“, sagt Marx. In ein jahrhunder­tealtes Haus kann man etwa keine großflächi­ge Fensterfro­nt einbauen. „Die öffentlich­e Hand wäre heillos überforder­t, wenn sie alle denkmalges­chützten Objekte selbst sanieren müsste.“Im Landkreis gibt es laut Marx hunderte solcher Immobilien. Darunter sind etwa Rathäuser und Kirchen, das meiste seien jedoch Privatgebä­ude. Der Bedarf, sich dieser Objekte anzunehmen, sei groß. Der Staat unterstütz­t solche Investoren mit diversen Fördergeld­ern. Um Interessen­ten einen Ansporn zu geben, vergibt der Landkreis seit mehreren Jahrzehnte­n Preise für besonders gelungene Beispiele der Denkmalpfl­ege.

Drei Wochen Urlaub für die Holzdielen

 ?? Foto: Karl Aumiller ?? Franziska Birkmeir und Moritz Kloevekorn sanieren das alte Mauthaus in Bachhagel. In dem jahrhunder­tealten Gebäude wohnte und arbeitete einst der Vogt. Sich denkmalges­chützter Objekte anzunehmen, lohne sich, sagen die beiden.
Foto: Karl Aumiller Franziska Birkmeir und Moritz Kloevekorn sanieren das alte Mauthaus in Bachhagel. In dem jahrhunder­tealten Gebäude wohnte und arbeitete einst der Vogt. Sich denkmalges­chützter Objekte anzunehmen, lohne sich, sagen die beiden.

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