Verliert die Opec an Bedeutung?
Die Organisation versucht, den Rohölmarkt stabil zu halten – und damit die Preise zu kontrollieren. Aber vor ihrem Treffen wird deutlich: Das gelingt ihr nicht mehr so leicht. Nun ist auch noch ein langjähriges Mitglied ausgestiegen
Wien Es sind die 70er Jahre und Deutschland ist in einer Krise: Sonntags werden die Autobahnen zu Spazierwegen. Tankstellen hängen Schilder mit der Aufschrift „Sprit ausverkauft“auf. Der Grund: Die ölexportierenden Länder – kurz Opec – haben ihre Ölfördermengen gesenkt. Rohöl ist auf einmal so knapp und so teuer wie noch nie.
Die Ölkrise hat sich bis heute ins Gedächtnis vieler Menschen eingebrannt. Seither werden die Entscheidungen der Opec-Länder genau beobachtet. Gegründet wurde das Kartell 1960 von fünf Ländern: Iran, Irak, Kuwait, Saudi-Arabien und Venezuela. Heute gehören ihr 15 Staaten an. Über die Jahre sind unter anderem Katar, Libyen, die Vereinigten Arabischen Emirate und Nigeria hinzugekommen. Die Mitgliedstaaten produzieren etwa 40 Prozent des weltweit verfügbaren Erdöls. Ziel der Opec ist es, sich in wirtschaftlichen Entscheidungen abzusprechen und den Ölmarkt zu stabilisieren. Aus Sicht der Verbraucher heißt das: Die Opec versucht den Ölpreis zu steuern. Die Frage ist: Gelingt ihr das noch? Hat die Opec überhaupt noch Einfluss?
Denn wie sich zeigt, wird es schwieriger, die Interessen der 15 Mitgliedstaaten auf einen Nenner zu bringen. Zu Beginn der Woche hat etwa Katar angekündigt, die Organisation zu verlassen. Die offizielle Begründung: Katar will sich mehr auf die Förderung von Gas konzentrieren. Auf dem Gebiet ist das Emirat Weltmarktführer. Für den Ölmarkt spielt das Land eine untergeordnete Rolle. Zuletzt förderten die Opec-Länder zusammen 32,9 Millionen Barrel Erdöl am Tag – der Anteil von Katar lag mit 610 000 Barrel bei nicht einmal zwei Pro- zent. Hinter der Ankündigung stecken auch politische Spannungen, vermuten Beobachter. Schon lange liegen Katar und sein Nachbar Saudi-Arabien im Clinch. Und die Saudis dominieren in der Opec. „Zuletzt bekam man häufig den Eindruck, dass die Saudis mit Russland eine Vereinbarung getroffen haben und die anderen Opec-Länder am Ende nur noch zustimmen durften“, sagt der Commerzbank-Rohstoffanalyst Carsten Frisch. Das ist die eine Seite des Opec-Problems.
Auf der anderen geht es darum, ob die Werkzeuge der Opec noch greifen. Denn momentan fördern die Staaten zu viel Öl. Deshalb sinkt der Preis. Ein Barrel der Sorte Brent kostet etwa 60 Dollar. Und auch wenn die Opec-Länder das nicht sagen, sind sie daran interessiert, dass der Preis steigt. „Damit Saudi-Arabien seinen Staatshaushalt vollständig mit den Öleinnahmen finanzieren kann, müsste der Ölpreis laut Schätzung des IWF bei etwa 88 Dollar pro Barrel liegen“, sagt Fritsch.
Deshalb ist schon vor dem Treffen der Opec-Länder spekuliert worden, dass die Ölfördermenge gedrosselt wird. Ein Mittel, auf das die Ölländer immer wieder gesetzt haben. Nicht nur in den 70er Jahren. David Wech von der Energie-Analyse-Agentur JBC geht davon aus, dass die Fördermenge ab 2019 um 1,3 Millionen Barrel pro Tag im Vergleich zum November 2018 sinken wird. „Aber man muss auch sehen, dass die OpecLänder gerade ein bis zwei Millionen Barrel am Tag zu viel produzieren“, sagt er. Die Frage ist: Kann die Opec noch Einfluss auf die Rohölmenge nehmen und die Preise in ihrem Sinn steuern?
Das ist ungewiss. Denn längst nicht alle Länder, die Öl fördern, sind Mitglieder der Opec. Und während sich Russland mit den Saudis abspricht und sich an den Maßnahmen der Opec-Länder orientiert, machen die USA das nicht. Am Mittwochnachmittag mahnt USPräsident Donald Trump die Opec, die Fördermenge nicht zu drosseln: „Die Welt will keine höheren Ölpreise sehen und braucht auch keine!“, schreibt er. Gerade die großen Ölmengen aus den USA tragen dazu bei, dass der Preis so niedrig ist. Dort wird mithilfe von Fracking mehr Schieferöl gefördert als angenommen. Inzwischen sind die Vereinigten Staaten mit 11,7 Millionen Barrel pro Tag der größte Ölproduzent der Welt. Das heißt: Würden die Opec-Staaten weniger Öl fördern, übernähmen die US-Förderer ihre Marktanteile. Und die sind mit einem günstigeren Preis zufrieden. „Die Förderer in den USA können inzwischen mit einem Ölpreis von 50 Dollar pro Barrel wirtschaftlich arbeiten“, sagt der Analyst Fritsch.
Auch wenn es für die Opec schwerer wird, unterschätzen sollte man sie nicht. Sie ist relevant. Da sind sich die Analysten einig. „Alleine schon, dass sich Russland an die Entscheidungen hält, zeigt, wie wichtig die Opec ist“, sagt Wech. Fritsch ergänzt: „Wenn die Opec 40 Prozent des Öls beherrscht, ist das schon ein großer Hebel.“