Kunst aus dem Smartphone
In London wurde Charlotte Prodger ausgezeichnet
London Der renommierte TurnerPreis geht in diesem Jahr an die britische Künstlerin Charlotte Prodger. Die 44-Jährige wurde am späten Dienstagabend in London für ihre teilweise mit dem Smartphone aufgenommenen Kurzfilme „Bridgit“und „Stoneymollan Trail“geehrt. Der mit 25000 Pfund (etwa 28000 Euro) dotierte Preis ist die wichtigste britische Auszeichnung für zeitgenössische Kunst.
Charlotte Prodgers Werke zeugten vom „tiefgründigsten Gebrauch eines Geräts, so nüchtern wie die iPhone-Kamera, die die Kunst bisher gesehen hat“, begründete der Jury-Vorsitzende und Direktor der Tate Britain, Alex Farquharson, die Preiszuerkennung.
Die Künstlerin lebt und arbeitet im schottischen Glasgow. Ihre Arbeiten präsentierte sie in Einzelausstellungen, beispielsweise in New York, London und Düsseldorf. Das teilweise autobiografische Werk „Bridgit“beschäftigt sich unter anderem mit der Identität von Menschen, die sich als queer, also als andersartig, abweichend bezeichnen – wobei oft sexuelle Gestimmtheiten neben dem Heterosexuellen gemeint sind. Prodger outet sich darin selbst als queer.
Ein Jahr lang filmte Charlotte Prodger die schottische Landschaft und ihre Wohnung, darüber legte sie Soundeffekte aus ihrer Umgebung. Sie selbst tritt an einigen Stellen als Erzählerin auf und lässt Freunde aus Tagebüchern und Romanen von queeren Autoren vorlesen. Die Künstlerin studierte in London und Glasgow. „Ich wäre nicht in diesem Raum, wenn ich nicht die öffentliche Förderung aus Schottland bekommen hätte“, hob sie bei der Verleihung hervor. Zu den vier Nominierten gehörten außerdem das Kunst- und Recherchekollektiv Forensic Architecture sowie die Einzelkünstler Naeem Mohaiemen und Luke Willis Thompson. Sie erhalten je 5000 Pfund.
Der Turner-Preis ist nach dem englischen Maler William Turner (1775–1851) benannt und wird seit 1984 vergeben. Im vergangenen Jahr hatte Lubaina Himid als erste schwarze Künstlerin die Auszeichnung erhalten. Unter den Preisträgern sind bislang erst zwei Deutsche: der Fotograf Wolfgang Tillmans (2000) und die Malerin Tomma Abts (2006).