Es hat sich ausgewummert
Eine Harley mit Elektromotor: Der ultimative Kulturbruch
Wer eine Harley-Davidson fährt, fährt sie nicht, um von A nach B zu kommen. Seit Peter Fonda und Dennis Hopper 1969 im Film „Easy Rider“auf ihren Harleys durch die Weiten des amerikanischen Westens bretterten, verkörpert das KultMotorrad aus Milwaukee ein Lebensgefühl: eine gewisse Coolness, ein Schuss bärtige, langmähnige Männlichkeit – und, vor allem, einen Freiheitsdrang, wie er amerikanischer kaum sein könnte. Eine Harley ist kein Hobby. Sie ist ein Bekenntnis. „Born to be wild“hieß damals der Soundtrack zum Film.
Vor allem aber muss eine Harley laut sein. Sehr laut sogar. Verglichen mit ihr klingen andere Motorräder wie Nähmaschinen, so tief wummern und bollern die Zweizylinder einer Harley. Der charakteristische dunkle
Sound ist neben der längeren Gabel und dem chromglänzenden Drumherum ihr Markenzeichen. Oder soll man sagen: war. Schließlich hat das Unternehmen gerade sein erstes Modell mit Elektromotor vorgestellt, etwas windschnittiger als die bisherigen Bikes und noch leiser als eine Nähmaschine. „Das Lauteste, was Sie hören“, wirbt das Harley-Management, „ist Ihr Herzrasen.“
Ob das ein kluger Schachzug ist, um das lahmende Geschäft anzukurbeln, muss sich noch zeigen. Für HarleyVeteranen, schon etwas in die Jahre gekommen und um die Hüften ein wenig fülliger geworden, ist die E-Harley jedenfalls die denkbar größte Provokation, ein MainstreamMoped für Warmduscher. Wie sagt der Biker, wenn der Motor mal wieder tropft? „Meine Harley verliert kein Öl. Sie markiert nur ihr Revier.“