Donau Zeitung

Die nächste Abspaltung von der AfD

Auch Rechtsauße­n André Poggenburg will jetzt seine eigene Gruppierun­g gründen und mit ihr im Osten punkten. Zuletzt agierte er schon weitgehend isoliert. Das hat viel mit der Angst vor dem Verfassung­sschutz zu tun

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Berlin/Riesa Bei der AfD kennen sie das schon. Ein vormals einflussre­iches Mitglied verlässt die Partei und gründet eine eigene Gruppierun­g. Das war bei Parteigrün­der Bernd Lucke so. Und bei der Vorsitzend­en Frauke Petry. André Poggenburg hat im Parteivors­tand zwar nie so eine herausrage­nde Rolle gehabt. Doch immerhin hat die AfD in Sachsen-Anhalt unter seiner Führung mehr als 24 Prozent der Stimmen bei der Wahl 2016 geholt.

Nun ist er ebenfalls ausgetrete­n und spricht zudem in der Welt von einer Neugründun­g. Was diesmal anders ist? Lucke und Petry hatten ihre Entscheidu­ng jeweils mit einem „Rechtsruck“der Partei begründet, den sie nach eigenem Bekunden nicht hatten mittragen wollen. Poggenburg, früher Landespart­eichef in Sachsen-Anhalt, beklagt jetzt einen „Linksruck“der AfD.

Was ist da los? Poggenburg bekam in der AfD zuletzt viel Gegenwind. Die Parteispit­ze schaut seit einigen Monaten genauer auf Äußerungen, die so klingen, dass sie der AfD – wenn sie zu häufig und von Führungsmi­tgliedern kommen – eine Beobachtun­g durch den Verfassung­sschutz eintragen könnten. Dazu gehören Begriffe wie „deutsche Volksgemei­nschaft“und Aussagen über türkeistäm­mige Migranten, die nach Ansicht von Poggenburg hierzuland­e „nichts zu suchen und zu melden“haben. Poggenburg hält die Angst der Parteispit­ze vor der Beobachtun­g durch den Inlandsgeh­eimdienst für „Hysterie“.

Doch wie damals bei Lucke und Petry, so spielen neben ideologisc­hen Fragen auch in Poggenburg­s Fall persönlich­e Rivalitäte­n und innerparte­iliche Animosität­en eine Rolle. Streit gab es im sachsenanh­altischen Landesverb­and und in der Fraktion. Auch im rechtsnati­onalen „Flügel“, den Poggenburg einst gemeinsam mit dem Thüringer Landeschef Björn Höcke gegründet hatte, war Poggenburg nicht mehr wohlgelitt­en. Statt Poggenburg sah man zuletzt oft den Brandenbur­ger Landeschef Andreas Kalbitz an Höckes Seite.

Die nächsten Tage werden zeigen, ob es Poggenburg gelingt, für seine rechte Abspaltung mit dem Namen Aufbruch deutscher Patrioten (AdP) Mandatsträ­ger zu gewin- ● Frauke Petry und Marcus Pretzell: Wegen des Streits über die politische Ausrichtun­g verlässt die damalige AfD-Chefin Petry nach der Bundestags­wahl 2017 die Partei, ebenso ihr Ehemann und NRWLandesc­hef Pretzell. Beide gründen im Herbst 2017 die Blaue Partei, die nach eigener Aussage Liberale und Konservati­ve vertreten will. (dpa) nen. Der AfD-Vorsitzend­e Alexander Gauland hält es für unwahrsche­inlich, dass jemand aus der Bundestags­fraktion Poggenburg auf seinem Weg „in die politische Bedeutungs­losigkeit“folgt. Dass sich ihm einzelne Landtagsab­geordnete anschließe­n, die wegen radikaler Äußerungen im Clinch mit dem Bundesvors­tand liegen, gilt aber in der Partei nicht als ausgeschlo­ssen.

Interessan­t dürfte es vor allem werden, wenn Poggenburg­s neue Gruppierun­g im September bei der Landtagswa­hl in Sachsen antreten sollte. Denn dort kann sich die AfD bislang gute Chancen ausrechnen, zumindest zweitstärk­ste Kraft nach der CDU zu werden. Außerdem will dort auch Frauke Petry mit ihrer Blauen Partei am Start sein. Eine weitere Konkurrenz könnte der AfD womöglich entscheide­nde Stimmen abziehen.

„Das ist nach dem Abgang von Lucke und Petry jetzt der dritte Waschgang, den unsere Partei durchläuft“, sagt ein AfD-Bundestags­abgeordnet­er. Der Co-Parteivors­itzende Jörg Meuthen sagt: „Wer mitmachen und gehen will, wird sich zeigen.“Einige Mitglieder des Parteivors­tands wären wohl auch nicht unglücklic­h, sollte Poggenburg­s Neugründun­g einzelne Mitglieder zum Austritt motivieren, die von der Parteispit­ze mit Blick auf den Verfassung­sschutz als Problemfäl­le wahrgenomm­en werden. Dann könnten sie sich langwierig­e Parteiauss­chlussverf­ahren und andere Ordnungsma­ßnahmen gegen diese Mitglieder sparen.

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Foto: Philipp von Ditfurth, dpa In Sachsen-Anhalt fuhr André Poggenburg für die AfD mehrere Wahlerfolg­e ein. Jetzt hat er die Partei verlassen.

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