Ellen Mayer, Karoline Stegemann, Ute Fiedler sowie Katharina Rehn (v. l.) in der Dramatisierung des Romans „Europe Central“am Staatstheater Augsburg.
cherweise etwas aus der Mode geratener Zug. Hier sind Ironie, Albernheiten, größtmögliche Distanz zum Autor – gerade eine Lieblingshaltung an deutschen Theatern – für einen Abend außer Kraft gesetzt, weil fehl am Platz. Die Sache ist ernst, auch hinsichtlich von Staatsführern, die derzeit das Ruder an sich reißen.
Gefordert ist vom Zuschauer Anstrengungsbereitschaft und das Aushalten dieser Verdichtung von politischer Gewalt – im Großen (Zweiter Weltkrieg) wie im Persönlichen, wenn es um das tragische Leben von Käthe Kollwitz, Anna Achmatowa und vor allem Dmitri Schostakowitsch als Zentralfigur des Stückes geht.
Der russische Komponist, daran Vollmann ebenso wie sein Kollege Julian Barnes in „Der Lärm der Zeit“, arbeitete lange Zeit auf einer Notfalltasche – gepackt nicht für einen Krankenhausaufenthalt, sondern für den Fall des Abtransports zu Verhör, Straflager. Auch Liquidieren möglich. Jahrelang schrieb Schostakowitsch – wie die Achmatowa – unter Todesangst. In ihm kristallisieren sich all die historischen Personen des Vollmann-Romans, die in Extrem- und existenziellen Situationen Entscheidungen zu treffen hatten – und dabei ihre eigene Haut in die Waagschale warfen.
Der Begriff stammt aus der Musik. Gemeint ist, speziell bei Fugen, der Einsatz eines neuen Themas, bevor das erklingende Thema beendet ist. Vollmanns Buch ist eine Riesenfuge, eine Riesentodesfuge. Enggeführt werden hier auch der Nationalsozialismus und die Nibelungen-Sage, sexuelle Beziehungen und Erpressbarkeit, Kriegsführung und musikalisches Pathos: Beethoven in Berlin, Schostakowitsch in Leningrad. Und Nicole Schneiderbauer gelingt – bei viel Text, den die sechs Darsteller zu memorieren haben – auch szenisch eine suggestive Engführung, jedenfalls über mindestens Zweidrittel des gut vierstündigen Abends hinweg.
Die Suggestivkraft, die sie in harmonisch-kontrapunktischer Absprache mit ihrer Ausstatterin Miriam Busch entwickelte, ist jene grauerinnert