Der Schmied von Schreatza
Diese kleine Straße kennt fast jeder, aber ihren Ursprung auch?
Schretzheim Die kleine Straße „Bei der Schmiede“entlang der Egau ist gerade mal ein paar hundert Meter lang und doch kennt sie in Schretzheim sozusagen jedes Kind. Hinter der Häuserzeile zur Feuchtwanger Straße zu war nämlich seit 1865 die Werkstatt des Dorfschmieds – damals Haus Nummer 60.
Johann Georg Martin Streil wurde am 27. Juli 1812 in Ottmarshausen bei Augsburg geboren. So wie seine Vorfahren das Schmiedehandwerk ausübten, betrieb auch er diesen Beruf, als er sich später in Schretzheim niedergelassen hatte. Er erwarb 1865 das Anwesen von dem Schuhmacher Anton Jung, erfährt man im Dillinger Stadtarchiv bei Felicitas Söhner.
Der Beruf des Schmieds gehörte zu den wichtigsten Handwerken auf dem Land. Im ländlichen Raum war der Schmied bis ins späte 20. Jahrhundert hinein ein unverzichtbarer Handwerker mit einem breiten Aufgabenfeld, ob als Beschlagschmied für die Wagen und Ackergeräte, als Hufschmied, als Kunstschmied oder als Werkzeughersteller. In der Schmiede wurden alle Metallarbeiten ausgeführt, die in der Landwirtschaft anfielen. Daneben baute er aus fertig angelieferten Eisenteilen verschiedene Pflugarten für die Pferdeanspannung zusammen. Ferner wurden in der Schmiede auch Eggen für die verschiedenen Einsatzzwecke hergestellt. Auch Kleinteile wurden in der Schmiede wieder hergerichtet. Man reparierte Sägen und verbogene Zinken, passte Sensen an die Arbeitsweise des jeweiligen Benutzers an und schärfte Pflugscharen.
Dieser Johann Georg Martin Streil, Rufname „Martin“, war wohl ein recht trinkfester Bursche und ist durch das Gedicht „D´r Schmied von Schreatza“des Günzburger Buchdruckereibesitzers, Verleger und Redakteur Adolf Paul, bis weit über die Grenzen des Landkreises Dillingen bekannt geworden. Es soll sich tatsächlich in Dillingen so zugetragen haben. Das Gedicht hat eine beachtliche Länge und ist in der Schretzheimer Chronik und im Sagenbuch des Landkreises
Hier nur ein kurzer Auszug: D’r Schmied von Schreatza isch a Ma’, im Saufa ka’ deam koin’r a’;
Dia Räusch’, ihr Leut, ’s isch kaum zum saga, dia ka fei’ blos a Schmied vertraga; Denn dutzedmaul scho’ isch passiert: Ma’ hat’n hoim im Karra g’führt …
Der Schmied ist immerhin 91 Jahre alt geworden und ruht seit 1903 auf dem alten Schretzheimer Friedhof. Die Schmiede wurde noch bis zum Jahr 1993 von seinem Urenkel Anton Streil weitergeführt.
Die älteren Schretzheimer erzählen immer wieder gerne, wie sie in abgedruckt. ihrer Jugend dem Schmied beim Pferde beschlagen (und auch Kühe) über die Schulter schauten und sich in der Schmiede stundenlang aufgehalten hatten. Heute ist in der ehemaligen Schmiede eine Autowerkstatt untergebracht.
Noch ein bekanntes Gebäude steht in diesem Sträßlein an der Egau: das ehemalige Mädchenheim. Es war Vogthaus, Schulhaus, Mädchenheim. Inzwischen ist in dem Haus, früher mit der Nummer 61, der katholische Kindergarten untergebracht. Somit ist diese kleine Straße, durch die Anwohner und die Kinder des Kindergartens bis heute gehen, mit Leben gefüllt.