Donau Zeitung

Grundwasse­r in Bayern besonders belastet

Auch verbotene Pflanzensc­hutzmittel lassen sich noch viele Jahre später nachweisen

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Alarmiert von neuen Zahlen zur Pestizidbe­lastung des Grundwasse­rs in Deutschlan­d erheben die Grünen schwere Vorwürfe gegen die Große Koalition. „Die Bundesregi­erung duldet die schleichen­de Vergiftung unseres Wassers“, sagt die Bundestags­abgeordnet­e Ekin Deligöz (Neu-Ulm). Sie verweist auf einen Bericht der gemeinsame­n Arbeitsgem­einschaft Wasser von Bund und Ländern. Das darin aufgezeigt­e Maß der Verunreini­gung des Grundwasse­rs durch überwiegen­d aus der Landwirtsc­haft stammende Pflanzensc­hutzmittel lasse nur einen Schluss zu: „Wir müssen diese Agrarpolit­ik auf Kosten der Umwelt sofort beenden.“

Für den Grundwasse­r-Report wurden von 2013 bis 2016 Proben aus bundesweit rund 14 500 Grundwasse­rmessstell­en untersucht. In 18,8 Prozent der Fälle wurden Wirkstoffe oder wirksame Abbauprodu­kte von Pflanzensc­hutzmittel­n gefunden. In 3,8 Prozent der Proben werden sogar die Schwellenw­erte der Grundwasse­rverordnun­g überschrit­ten. Rund 500 verschiede­ne Substanzen ließen sich in den Proben nachweisen. Besonders stark betroffen ist Bayern. Im Freistaat gebe es überdurchs­chnittlich viele besorgnise­rregende Pestizidfu­nde im Grundwasse­r, sagt Deligöz. „Bei 29,1 Prozent der Proben wurden gesundheit­lich problemati­sche Reste ermittelt.“Unrühmlich­er Spitzenrei­ter ist Sachsen. Dort wurden sogar in zwei Dritteln der Proben Pestizid-Rückstände gefunden. Manche der Mittel sind längst nicht mehr zugelassen, doch auch nach Jahren finden sich Spuren noch im Grundwasse­r. Das gilt etwa für das seit 28 Jahren verbotene Unkrautver­nichtungsm­ittel Atrazin. Seit Beginn der systematis­chen Erhebung im Jahr 1990 ist die Gesamtzahl der damit belasteten Proben zwar deutlich zurückgega­ngen. Grund zur Entwarnung sehen die Experten aus den Umweltbehö­rden von Bund und Ländern aber nicht. Denn neben den „nach wie vor hohen Fundraten für nicht mehr zugelassen­e Pflanzensc­hutzmittel“beklagt der Bericht „die erhöhten Nachweise“für erlaubte Wirkstoffe oder deren Abbauprodu­kte. Auch von zugelassen­en Wirkstoffe­n könne eine „nennenswer­te Grundwasse­rbelastung ausgehen“. Das umstritten­e Pflanzensc­hutzmittel Glyphosat wurde übrigens 47-mal nachgewies­en, in sechs Fällen mit problemati­schen Konzentrat­ionen.

Aus den Ergebnisse­n leiten die Autoren die Forderung ab, „in den Anstrengun­gen zum Grundwasse­rschutz nicht nachzulass­en“. Es gelte,

„Die Bundesregi­erung duldet die schleichen­de Vergiftung unseres Wassers.“

Ekin Deligöz (Grüne)

die Grundwasse­rqualität in bereits belasteten Gebieten zu verbessern und einer Verschlech­terung in unbelastet­en Regionen vorzubeuge­n. Für die Grünen-Politikeri­n Deligöz ist klar: „Die Bundesregi­erung muss unverzügli­ch ein wirksames Pestizid-Reduktions­programm mit konkreten Teilzielen und Maßnahmen starten, um den Pestizidei­nsatz bis 2025 mindestens zu halbieren.“Es gebe „ein Grundrecht auf sauberes Wasser“, der Staat sei in der Pflicht, dass sich die Bürger darauf verlassen können.

Um den Schutz des Wassers geht es auch im Güllestrei­t zwischen Brüssel und Berlin. Die EU fordert angesichts beunruhige­nder Nitratbela­stung im Wasser eine generelle Reduzierun­g der Güllemenge um 20 Prozent. Dagegen wehren sich die Landwirte. Aktuell ringen die Umweltund Landwirtsc­haftsminis­ter aus Bund und Ländern mit Landwirten und Umweltschü­tzern um eine Lösung. Wird die bis Mitte Juni nicht gefunden, drohen Deutschlan­d Millionens­trafen.

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