So viel Plastik vermüllt die Welt
Kunststoffabfall bedroht zunehmend unseren Planeten. Das sagt eine Studie, herausgegeben von der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Bund für Umwelt- und Naturschutz. Doch es gibt Ideen, das Problem zu bekämpfen
Augsburg Plastik ist eine Erfolgsgeschichte, ökonomisch betrachtet. Für Mensch und Tier ist Kunststoff oftmals eine Katastrophe – Vögel, Fische und Wale verenden daran, selbst im Menschen ist Mikroplastik schon zu finden. Der am Donnerstag veröffentlichte „Plastikatlas“der Grünen-nahen Heinrich-BöllStiftung und des Bundes für Umweltund Naturschutz Deutschland (BUND) beschäftigt sich mit den Auswirkungen des globalen Plastikkonsums.
BUND und Heinrich-Böll-Stiftung fordern im Plastikatlas von der Politik wirksame Maßnahmen zur weltweiten Lösung der „Plastikkrise“– die Autoren setzen auf eine Reduktion von Produktion und Konsum von Plastik. Neben Gesetzen zum Endverbrauch müssten insbesondere die Hersteller und die petrochemische Industrie als Hauptverursacher in die Pflicht genommen werden.
„Alle Welt redet über Plastik. Das ist gut so. Doch wir haben ein unvollständiges und verzerrtes Bild davon, wer und was die globale Plastikkrise verursacht und wie wir sie anpacken müssten“, sagt Barbara Unmüßig, Chefin der HeinrichBöll-Stiftung. Verbote von Trinkhalmen, Einwegbechern und Tüten seien ein erster Schritt, jedoch bei weitem nicht ausreichend.
Der Plastikatlas sammelt Fakten über die Umweltschädlichkeit von Kunststoff. Laut des Berichts wurden zwischen den Jahren 1950 und 2015 global 8,3 Milliarden Tonnen Plastik produziert. Zu größten Teilen besteht der Müll aus Einwegprodukten und Verpackungen. BUNDHubert Weiger forderte einen „Dreiklang für eine Plastikwende“: Verbote von Schadstoffen und von Mikroplastik sowie die Bekämpfung von Plastikmüll.
Deutschland ist einer der größten Standorte für Kunststoffproduzenten und Kunststoffverarbeiter in Europa. Verglichen mit seiner Größe trägt Deutschland laut der Studie beträchtliche Verantwortung für die weltweite Plastikverschmutzung. Jeder Bundesbürger verursachte im Jahr 2016 im Schnitt rund 38 Kilo Plastikmüll. Das war deutlich mehr als der EU-Durchschnitt mit 24 Kilogramm.
Die Wiederverwertung von Müll sei ein Wunschdenken: Über 60 Prozent des in Deutschland gesamChef melten Verpackungsmülls würden nämlich auch heute noch verbrannt werden.
Weiger erklärt: „Lange haben wir uns in Deutschland als Recyclingweltmeister gerühmt, doch die Realität sieht anders aus: Nur knapp 38 Prozent unseres Plastikmülls werden tatsächlich dem Recycling zugeführt.“Plastik gelte bereits als recyeine celt, wenn es ins Ausland exportiert werde. Vor Ort, zum Beispiel in den Ländern Asiens, habe diese Wegwerfmentalität des Westens erschreckende ökologische, soziale und gesundheitliche Auswirkungen. Denn: „Die notwendige Infrastruktur zur Bewältigung unserer Müllberge gibt es in diesen Ländern nicht“, berichtet Weiger. „Der Müll wird häufig unkontrolliert verbrannt oder landet auf Deponien und in der Umwelt“, sagt der BUND-Chef.
Der Atlas zitiert auch eine Berechnung des Zentrums für Internationales Umweltrecht, wonach die Produktion von Kunststoffen bis 2050 einen Ausstoß von 52,5 Gigatonnen Kohlendioxid verursachen könnte. Kunststoffe allein könnten somit zwischen 10 und 13 Prozent des Kohlenstoffbudgets verbrauchen, welches erlaubt ist, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. „Von der Produktion bis zur Entsorgung entstehen im Laufe des Lebenszyklus von Plastik gewaltige Mengen an Treibhausgasen“, sagt Barbara Unmüßig.
Die Umweltschützer betonen, dass es keinen anderen Weg als die globale Drosselung der Einwegplastik-Produktion gibt, will die Menschheit ihre Umwelt bewahren. Ohne eine weltweite staatliche Regulierung sei das Plastikproblem nicht zu lösen. Und die Autoren erwähnen weitere Beiträge zur Bekämpfung der Plastikflut – zum Beispiel die Bewegung „Zero Waste“(Null Abfall). Mehr als 400 Städte und Gemeinden in Europa versuchen, von Beginn an weniger Abfall zu erzeugen. Studie Den Plastikatlas finden Sie unter www.bund.net/service/presse