Donau Zeitung

Brutal digital

Youtuber Rezo und die Europawahl haben Spuren hinterlass­en: Markus Söder will die CSU zur digitalen Partei machen. Aber will jemand eine Parteivors­tandssitzu­ng live verfolgen?

- VON HENRY STERN

München Noch 2013 war die CSU bei Jungwähler­n in Bayern stärkste Kraft. Bei der jüngsten Europawahl wurden die Christsozi­alen aber bei den unter 35-Jährigen von den Grünen abgehängt. Eine Entwicklun­g, die Markus Söder nicht kampflos akzeptiere­n will: Neben den Inhalten müsse aber auch die Kommunikat­ion stimmen, um mehr jüngere Wähler zu erreichen, findet er. Deshalb soll die CSU nun konsequent zur digitalen Partei werden.

„Es gibt keine analoge und digitale Welt mehr“, erklärt Söder. Es gebe nur noch eine Welt, und die sei immer online. „In dieser Welt gilt: maximale Transparen­z in Echtzeit“, findet der CSU-Chef: „Wenn Parteien reaktionsf­ähig, prägend und diskussion­sfähig sein wollen, dann müssen sie sich dieser digitalen Realität stellen.“

Söder hat deshalb gleich nach der Europawahl die gedruckte Version des Parteiorga­ns „Bayernkuri­er“eingestell­t. Alle verfügbare­n Mittel sollen künftig auf die digitale Kommunikat­ion konzentrie­rt werden. Dabei soll es aber nicht nur um eigene Youtube-Videos oder TwitterBot­schaften gehen. Das Internet sei schließlic­h auch das Ende des „Einkanal-Systems“der Kommunikat­ion, erklärt Söder: „Internet heißt, interaktiv sein und sich den Fragen der Menschen zu stellen.“

Konkret hat die CSU bereits zwei erfolgreic­he Online-Abstimmung­en zu aktuellen Themen durchgefüh­rt. Auch die Internet-Kampagne „Tu was für Europa“zur Europawahl sei sehr gut gelaufen, berichtet CSUGeneral­sekretär Markus Blume: „Wir wollen das Mitmachen in der Partei auf neue Beine stellen.“Dafür müsse man aber auch dahin gehen, wo junge Menschen sind: Youtube und Instagram „sind heute auch vorpolitis­cher Raum“, findet Blume. Früher sei es um die Debattenho­heit an den Stammtisch­en gegangen. Heute müsse dies auch für soziale Netzwerke gelten: „Und deshalb wissen wir, dass wir auch neue Wege gehen müssen.“

Söder kann sich sogar vorstellen, schon bald einen digitalen Parteitag abzuhalten oder eine bislang hinter verschloss­enen Türen tagende CSUVorstan­dssitzung live im Internet zu streamen: „Ich fände es interessan­t, solche internen Sitzungen öffentlich zu machen – es kommt ja ohnehin alles nach außen“, erklärt er. Noch wichtiger sei aber, die „digitale Faulheit“zu überwinden: CSULeute müssten sich überall den digitalen Diskussion­en auch mit Rechtsauße­n und Radikalen stellen, fordert Söder: „Dann wären Schlachten in einer digitalen Schwarm-Intelligen­z schnell gewonnen.“

Zwar sei es richtig, dass radikale Positionen im Internet leichter Verbreitun­g fänden als die Suche einer Volksparte­i nach Konsenslös­ungen. Die „Parteien der demokratis­chen Mitte“seien bislang aber online viel zu zaghaft unterwegs, findet Söder: „Die Radikalen haben sich einfach früher damit beschäftig­t. Doch wer das Spielfeld nicht betritt, der hat das Spiel schon verloren.“Nicht anbiedern, sondern ernst nehmen, lautet zudem das oberste CSU-Gebot im Internet: Um junge Menschen zu erreichen „müssen wir nicht die Baseball-Cap verkehrt herum aufsetzen und unsere Inhalte rappen“, warnt Blume. „Es reicht nicht, hip und lässig sein zu wollen“, glaubt auch Söder. Authentizi­tät und Inhalt müssten stimmen: „Ein schickes Foto ersetzt nicht die Kraft der Botschaft.“

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Es gibt nur noch eine Welt, und die ist immer online

CSU will den Stammtisch ins Internet verlegen

 ?? Archivfoto: Jörg Koch/Bayerische­s Finanzmini­sterium, dpa ?? CSU-Chef Markus Söder wollte schon immer weit vorn dabei sein. 2014, damals noch Finanzmini­ster, besuchte er Facebook in San Francisco. Jetzt will Söder die CSU konsequent zur digitalen Partei machen. Es ist eine Reaktion auf die Tatsache, dass junge Wähler zu den Grünen abwandern.
Archivfoto: Jörg Koch/Bayerische­s Finanzmini­sterium, dpa CSU-Chef Markus Söder wollte schon immer weit vorn dabei sein. 2014, damals noch Finanzmini­ster, besuchte er Facebook in San Francisco. Jetzt will Söder die CSU konsequent zur digitalen Partei machen. Es ist eine Reaktion auf die Tatsache, dass junge Wähler zu den Grünen abwandern.

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