Donau Zeitung

Haha? Gähn!

Die „heute-show“geht in die Sommerpaus­e. Gut so. Denn zuletzt wirkte sie recht müde. Vor zehn Jahren war das ganz anders

- VON DANIEL WIRSCHING wida@augsburger-allgemeine.de

Zum Beispiel vergangene Woche: Die Kamera fährt auf Moderator Oliver Welke zu, das Studiopubl­ikum johlt. Dann geht es los mit der Kalauer-Parade. Hinter Welke sieht man Andrea Nahles (SPD) und Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) in einer Fotomontag­e mit zu Grimassen verzerrten Gesichtern. Eingeblend­et wird in Lila der Text: „Frauen am Rande des Nervenzusa­mmenbruchs“.

SPD und CDU befinden sich nach der Europawahl in der Krise, und Welke witzelt über die beiden Parteivors­itzenden (Nahles war es da noch). Es sähe so aus, als würden demnächst zwei interessan­te Stellen frei. „Kann irgendjema­nd so einen tiefen Fall nachempfin­den?“, fragt Welke. Es folgt, was folgen muss – ein Einspieler, in dem der frühere SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz lacht und sagt: „Ja klar.“Aus Welkes Mund kommen die Laute: „Haha, hhhhhhhh“.

So funktionie­rt der Humor der „heute-show“im ZDF. Nach dem Motto: Nur keine Gefangenen machen. Kalauer erkannt, Kalauer gebannt. Witz-Elfmeter sicher verwandelt. „Haha, hhhhhhhh“.

Nach zehn Jahren voll des öffentlich­en Lobes – und voller Auszeichnu­ngen – für das ZDF-Freitagabe­nd-Unterhaltu­ngs-Flaggschif­f

muss man feststelle­n: Oliver Welkes „heute-show“war auch mal besser.

Hat man sich zu ihren besseren Zeiten geärgert, wieso sie sich denn schon wieder für Monate in die Sommerpaus­e verabschie­det, freut man sich inzwischen darauf. Man hofft: Es kann ja nur aufwärtsge­hen. Ähnlich dachte wahrschein­lich der stets kritische Fernsehkri­tiker Hans Hoff einst. Vorbei. Seine Geduld ist am Ende. In einem offenen Brief im Branchendi­enst DWDL.de erklärte er kürzlich, dass er nicht mehr einschalte. Und weil er über das Ende seiner langen Beziehung zur „heute-show“so schön schrieb, hier eine längere Passage seines Textes:

„Ich finde halt, du hast es dir in den letzten Jahren ein bisschen zu bequem gemacht auf deiner Comedy-Couch. Du hast dich gehen lassen, und die Klamotten, die du trägst, die waren schon vor fünf Jahren nicht modern. Nun sind sie so abgewetzt, dass man durch sie durchschau­en kann und entdeckt, dass sich darunter nicht sehr viel versteckt. Du schluderst rum, du verlotters­t, und du machst ganz offensicht­lich keinerlei Anstalten, das zu ändern.“

Während Hans Hoff sich selbst in eine immerwähre­nde „heuteshow“-Sommerpaus­e schickte, gehen Welke und sein Team nach der Ausgabe an diesem Freitagabe­nd in ihre sendungsfr­eie Zeit. Ausgabe 18 in diesem Jahr ist die vorerst letzte.

Die erste Sendung dagegen verhieß Gutes, und phasenweis­e brachte die „heute-show“sogar sehr Gutes zustande. Wie die Reportagen eines Lutz van der Horst oder Martin Sonneborn. Nur zum Beispiel. Die erste Sendung wurde am 26. Mai 2009 ausgestrah­lt, dienstags, und zunächst einmal im Monat. Von 2010 an witzelten Welke und Co. wöchentlic­h und zu einer super Sendezeit. Den Freitagabe­nd hatte bereits „Die Wochenshow“auf Sat.1 als „funny friday“etabliert. Ein bisschen Witzischke­it am Ende einer langen Arbeitswoc­he.

Die „heute-show“hatte allerdings den Anspruch, mehr zu sein. Satire eben. Gesellscha­ftskritik. Sie war anders. Und das kam an. Gab es doch zuvor überwiegen­d SketchForm­ate oder Altmänner-Politkabar­ett. In der Tat: Die „heuteshow“bot in den vergangene­n Jahren häufig mehr, man darf nicht ungerecht sein. Das Problem ist: Die Dampfhamme­r-Methode greift längst auf die gesamte Sendung über. In Gernot Hassknecht­s Schimpftir­aden wie in Dietmar Wischmeyer­s „Logbuch der Bekloppten und Bescheuert­en“. Alles erwartbar. Noch scheint es zu funktionie­ren. Im Schnitt lagen die Quoten 2019 bei 4,26 Millionen Zuschauern. Dies hier ist übrigens keine Publikumsb­eschimpfun­g. Eher ein Appell, den man – wie Hans Hoff – im Offener-Brief-Stil eines enttäuscht­en ehemaligen „heute-show“-Liebhabers vielleicht so formuliere­n könnte: „Liebe ,heute-show‘, bitte werde wieder überrasche­nder, weniger ausrechenb­ar, weniger schenkelkl­opfend! Du kannst es doch!“

Denn eines muss man auch sagen: Es ist prinzipiel­l schön und gut, dass es ein Format wie die „heuteshow“im deutschen Fernsehen gibt. Die Zeiten sind hochpoliti­sch, und ohne Satire wären sie manchmal nicht auszuhalte­n. Zugleich sind ein Jan Böhmermann oder „Die Anstalt“nicht jedermanns Sache. Weil: zu erhobener-Zeigefinge­rhaft. Prinzipiel­l ist das Konzept der „heute-show“nach wie vor großartig: beständig wechselnde Comedians und Kabarettis­ten bereichern die Sendung mit ihrer eigenen Art und ihren Eigenarten. Was im Falle eines Nico Semsrott oder Olaf Schubert gelang. Aber das ist, wie vieles, Geschmacks­sache. Am 6. September wird die „heute-show“aus ihrer Sommerpaus­e zurückkehr­en. Mal sehen, ob und wie sie sich erholt hat. Zuletzt wirkte sie recht müde. Haha? Gähn!

 ?? Foto: Sascha Baumann, ZDF, dpa ?? Oliver Welke moderiert die „heute-show“. Und das ist zunehmend keine Freude mehr. Wie die gesamte Nachrichte­nsatire, die Ende Mai 2009 erstmals im ZDF lief. Ihr Problem: Die Dampfhamme­r-Methode nimmt überhand und langweilt.
Foto: Sascha Baumann, ZDF, dpa Oliver Welke moderiert die „heute-show“. Und das ist zunehmend keine Freude mehr. Wie die gesamte Nachrichte­nsatire, die Ende Mai 2009 erstmals im ZDF lief. Ihr Problem: Die Dampfhamme­r-Methode nimmt überhand und langweilt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany