Donau Zeitung

Was wird aus Italiens Akademie der Populisten?

Der ehemalige Chefberate­r von US-Präsident Trump will die europäisch­e Rechte sammeln. Doch das ist gar nicht einfach

- VON JULIUS MÜLLER-MEININGEN

Rom Italien ist das Labor des politische­n Populismus in Europa. Es war deshalb kein Zufall, dass Steve Bannon hier eine Kaderschmi­ede für die Führungspe­rsönlichke­iten aufbauen wollte, die nach seinen Vorstellun­gen eines Tages den Kontinent und vielleicht die ganze Welt beherrsche­n würden. „Gladiatore­nschule für Kulturkämp­fer“nannte der ExChef des ultrarecht­en Nachrichte­nimperiums Breitbart News seinen Traum einer Bildungsak­ademie für die Populisten des 21. Jahrhunder­ts.

Die Kartause von Trisulti, das 1000 Jahre alte Kloster in den Bergen hinter Rom, bot den geeigneten Raum für diesen Plan. Mächtig wie eine Bastion liegt das Kloster in den Eichenwäld­ern. In dieser Gegend hauste schon der Heilige Benedikt von Nursia, Patron Europas. Hier sollte die Verteidigu­ng des christlich-jüdischen Abendlande­s gegen Säkularism­us, Islamisier­ung und alles Fremde ihren Ausgang nehmen.

So hatten es sich Bannon, der ehemalige Chefberate­r von US-Präsident Donald Trum, und sein Handlanger auf der Apenninen-Halbinsel, Benjamin Harnwell, ausgemalt. Ein US-Amerikaner als Ideengeber und Spender, der zum Katholizis­mus konvertier­te Brite Harnwell als Mann vor Ort in einem italienisc­hen Mönchs-Idyll – das hätte anders betrachtet auch Stoff für eine wunderbare Völkervers­tändigung sein können. Nun hat allerdings das italienisc­he Kultusmini­sterium den angelsächs­ischen Kulturkämp­fern einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Nach internen Untersuchu­ngen wurden „Verletzung­en verschiede­ner vertraglic­her Verpflicht­ungen“ausgemacht. Der Trägervere­in, Harnwells erzkonserv­ativer katholisch­er Thinktank Dignitatis Humanae Institute (DHI), der die staatliche Immobilie für 19 Jahre gepachtet hatte, habe keine ausreichen­de Erfahrung für Projekte dieser Art. So fehle es an Expertise für den Schutz, die Verwaltung und die Aufwertung von Kulturstät­ten wie Trisulti. Die Konzession­sgebühr für 2018 sei nicht bezahlt, 100 000 Euro sind pro Jahr fällig. Im Herbst wollte Harnwell, der monatelang der aufgeregte­n Weltpresse Interviews gab, die ersten Kurse in Philosophi­e, Geschichte, Theologie, Wirtschaft oder im Umgang mit Medien anbieten. Daraus wird nun möglicherw­eise nichts.

Die Geschichte der nie gestartete­n Populisten-Akademie ist auch eine Geschichte der Widersprüc­he. Harnwell lebt bereits seit einem Jahr in dem ehemaligen Kloster, aber erst jetzt kamen die Unregelmäß­igkeiten zum Vorschein. Ausgerechn­et als die Regierungs­koalition aus linkspopul­istischer Fünf-SterneBewe­gung und rechtsnati­onaler Lega in die Krise schlittert­e, hakte Alberto Bonisoli, Kultusmini­ster von der Fünf-Sterne-Bewegung nach. Im EU-Wahlkampf versuchten die Sterne den rechtsnati­onalen Kurs der Lega zu kontern, ohne Erfolg. Die Sabotage der Fortbildun­gsstätte passt da ins Bild.

Zuvor hatte es bereits mehrere Demonstrat­ionen linker Aktivisten in den verlassene­n Hügeln 100 Kilometer

Auch linke Demonstran­ten wissen, wo der Mann wohnt

südlich von Rom gegeben. Trisulti war plötzlich in aller Munde. Die Lokalpolit­iker schwankten zwischen Freude über das Interesse und Sorge im Hinblick auf den Zuschnitt der Unternehmu­ng. Die Vermutung lag nahe, die rechte Lega hätte dem DHI die Konzession zugeschust­ert. Doch den Zuschlag gab schon der linksdemok­ratische Vorgänger Bonisolis, offenbar ahnungslos im Hinblick auf die Weltveränd­erungsplän­e der beiden Agitatoren. Wie überhaupt einstige Weggefährt­en überrascht sind angesichts der Radikalitä­t der Pläne.

Harnwell formte das DHI von einer politisch-konservati­ven Institutio­n in die Speerspitz­e des innerkatho­lischen Widerstand­es gegen Papst Franziskus um. Der schärfste Kritiker des Papstes, US-Kardinal Raymond Leo Burke, ist Ehrenvorsi­tzender des Instituts. In den Jahren zuvor waren bereits andere Mitglieder zurückgetr­eten, darunter der CDU-Politiker Hans-Gert Pöttering. Vor kurzem verabschie­dete sich auch Ex-Schirmherr Kardinal Renato Raffaele Martino aus dem DHI. Er teile den radikalen Kurs des Instituts nicht. Wie es nun weitergeht in Trisulti, ist offen. Der (Alb-)Traum einer Akademie für Rechtspopu­listen ist vorerst gestoppt.

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Foto: Alvise Armellini, dpa Da lässt es sich aushalten … landschaft­lich reizvoll gelegen ist das Kloster Trisulti auf jeden Fall.
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Foto: Kay Nietfeld, dpa Steve Bannon will die europäisch­e Rechte einen.

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