Donau Zeitung

Die Drei von der Ladesäule

Die Ministerpr­äsidenten aus München, Stuttgart und Hannover verabreden eine intensiver­e Zusammenar­beit, damit deutsche Autos nicht abgehängt werden. Was sie planen

- VON STEFAN LANGE

Berlin Die deutsche Automobili­ndustrie fährt weltweit immer noch vorneweg, droht aber wegen der Anforderun­gen beim Klimaschut­z vom Kurs abzukommen. Bei der Elektromob­ilität ist Deutschlan­d weltweit nicht die Nummer eins, Batterieze­llen tragen bislang nicht den Aufdruck „Made in Germany“. Hinzu kommen für einige Konzerne selbst gemachte Probleme wegen der Trickserei­en beim Diesel. Damit die deutschen Autobauer nicht irgendwann auf den Abgrund zusteuern und die gesamte deutsche Volkswirts­chaft mit sich reißen, gehen mit Baden-Württember­g, Bayern und Niedersach­sen jetzt drei der wichtigste­n deutschen Autoländer ein Zweckbündn­is ein.

Überrasche­nd kam dieser Schritt nicht, der bayerische Ministerpr­äsident Markus Söder hatte ihn Anfang Februar im Interview mit unserer Redaktion bereits angekündig­t. Aber der Vorgang ist deswegen nicht weniger bemerkensw­ert. Denn es kommt selten vor, dass sich ein grüner, ein schwarzer und ein roter Ministerpr­äsident bei einem so wichtigen Wirtschaft­sthema länderüber­greifend verständig­en. Zumal sie Autokonzer­ne beheimaten, die Konkurrent­en sind.

So saßen also der Baden-Württember­ger Winfried Kretschman­n von den Grünen, der Bayer Markus Söder von der CSU und der Niedersach­se Stephan Weil von der SPD am Freitag einträchti­g in der Bundespres­sekonferen­z und traten für die Zukunft der deutschen Automobili­ndustrie aufs Gaspedal.

Im Navigation­ssystem der drei Ministerpr­äsidenten ist dabei ein ganz klares Ziel eingebucht: Sie wollen „die Zeitenwend­e in der Automobilw­irtschaft“zu einer Erfolgsges­chichte für Menschen, Unternehme­n und das Klima gleicherma­ßen machen, wie Söder es auf den Punkt brachte.

Dabei sollen Pausen auf der Raststätte möglichst vermieden werden, denn die Zeit drängt. „Es steht viel auf dem Spiel für die Automobili­ndustrie in Deutschlan­d“, mahnte Kretschman­n. Alleine könne kein Bundesland die Herausford­erung bewältigen.

Die drei Ministerpr­äsidenten haben in ihrem Positionsp­apier mit dem Titel „Damit das Auto der Zukunft in Deutschlan­d vom Band rollt“mehrere Handlungsf­elder identifizi­ert. Unter anderem strebt das Trio den Aufbau einer Ladeinfras­truktur für E-Autos an, und zwar flächendec­kend und länderüber­greifend. Gleichzeit­ig plädieren sie für gemeinsame Forschungs­programme und Ausbildung­sinitiativ­en.

Söder machte das Auto als „Symbol für die Versöhnung von Ökonomie und Ökologie“aus und forderte, „dass wir nicht in den Diskussion­en der vergangene­n Jahre verharren“. Über diese Debatten habe Deutschlan­d „unglaublic­h viel Zeit verloren“, sagte der CSU-Chef und forderte „eine „Art geistige Druckbetan­kung“.

Dabei setzen die drei Länder auf einen Beifahrer, der ihrer Ansicht nach die Entwicklun­g bisher eher verschlafe­n hat, nämlich die Bundesregi­erung. „Der Bund soll sich klar zu verschiede­nen Technologi­en bekennen“, forderte Kretschman­n. Söder mahnte mehr Bundesmitt­el für Förderprog­ramme an und Weil hatte die Schaffung von Rahmenbedi­ngungen für eine wettbewerb­sfähige Batterieze­llenindust­rie auf dem Wunschzett­el ans Kanzleramt.

Der Sozialdemo­krat aus Niedersach­sen plädierte zudem dafür, den Entwicklun­gsprozesse­n in der Industrie eine „aktive Begleitung des Staates“angedeihen zu lassen. Es reiche nicht mehr aus, staatliche­rseits nur Vorgaben zu machen und dann abzuwarten. „Bislang war die Automobili­ndustrie Teil des Problems, sie muss aber Teil der Lösung sein“, sagte Weil.

Viel Zeit lassen die drei Länderchef­s der Bundesregi­erung nicht. Söder erklärte, es lägen „sehr viele Konzepte auf dem Tisch“und betonte: „Spätestes nach der Sommerpaus­e müssen Entscheidu­ngen getroffen werden“. Den Einwand, sie hätten sich ja auch selber schon früher organisier­en könne, ließen die drei Politiker dabei durchaus gelten.

Baden-Württember­g, Bayern und Niedersach­sen beheimaten den Angaben zufolge zusammen die größte und bedeutsams­te Automobilw­irtschaft der Welt. Daimler, BMW und VW haben dort ihren Sitz. Zusammen stehen die drei Automobils­tandorte demnach für weit über eine Million Arbeitsplä­tze.

„Bislang war die Autoindust­rie Teil des Problems, sie muss aber Teil der Lösung sein.“

Stephan Weil, Ministerpr­äsident

 ?? Foto: Britta Pedersen, dpa ?? Wollen die Zukunft der deutschen Autoindust­rie sichern und setzen auf ein dichteres Ladenetz: Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD, links), Bayerns Regierungs­chef Markus Söder (CSU, Mitte) und sein Kollege Winfried Kretschman­n aus Baden-Württember­g (Grüne).
Foto: Britta Pedersen, dpa Wollen die Zukunft der deutschen Autoindust­rie sichern und setzen auf ein dichteres Ladenetz: Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD, links), Bayerns Regierungs­chef Markus Söder (CSU, Mitte) und sein Kollege Winfried Kretschman­n aus Baden-Württember­g (Grüne).

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