Donau Zeitung

„Die Musikbranc­he hat sich sehr verändert“

Seit 30 Jahren steht Schlagerst­ar Patrick Lindner auf der Bühne. Er erzählt, wie hart das Geschäft geworden ist, welcher Moment seiner Karriere ihm besonders in Erinnerung geblieben ist und wie sein neues Album klingt

- Interview: Josef Karg

Herr Lindner, Ihr neues Album trägt den Titel „Ich feier die Zeit“. Was gibt’s zu feiern in unserer Zeit? Patrick Lindner: Für mich persönlich natürlich mein 30-jähriges Bühnenjubi­läum. Es ist nicht selbstvers­tändlich, drei Jahrzehnte in diesem Geschäft bestehen zu können. Klar fragt man sich auch, kann man unsere Zeit wirklich feiern? Denn es gibt ja ganz fatale Entwicklun­gen, bei denen man noch gar nicht so genau weiß, wo sie hinführen. Trotzdem ist mein Geschäft die Unterhaltu­ng und ich sehe meine Aufgabe auch darin, von den Sorgen des Lebens abzulenken. Und so bin ich glücklich, mein Publikum unterhalte­n zu können.

Und welche Entwicklun­gen machen Ihnen Sorgen?

Lindner: Wenn man die Weltsituat­ion betrachtet, ist es schon ungewiss, wie es weitergeht. Die Atomgeschi­chte mit dem Iran, der Klimawande­l … Was weiß ich noch alles. Da gibt es schon viel Beunruhige­ndes, obwohl wir in einem Land leben, in dem wir ein gutes Leben führen können. Aber wenn ich die Bilder aus Venezuela sehe, wo die Leute eine grauenhaft­e Zeit durchmache­n, kann einen das auf der einen Seite schon traurig machen.

Und auf der anderen Seite?

Lindner: Na ja, da freue ich mich über mein neues Album. Das ist ein ganz besonderes für mich – auch inhaltlich gesehen.

Wie wird das neue Album klingen – mehr nach Schlager oder poppiger? Lindner: Es ist eine echt gute Mischung. Zwar habe ich keine klassische Ballade mehr drauf wie früher, aber die modernen Titel machen den Unterschie­d. Man kann nicht mehr überall mitklatsch­en, aber dafür erzähle ich mit den Songs auch echte Geschichte­n. „Ich feier die Zeit“ist zwar beispielsw­eise auch ein kommerziel­ler Song, aber anders gestrickt als die alten Lieder. Und auch die Single „Weil du mich liebst“klingt sehr modern. Da habe ich anfangs überlegt, ob ich so etwas überhaupt singen kann. Am Ende war es die richtige Entscheidu­ng, sie zu machen. Die Nummer läuft in den Radiostati­onen sehr gut an.

Glücklich darüber? Lindner: Klar macht mich das froh. Man arbeitet ja immer lange an so ein Album hin. Das ist mit viel Aufwand verbunden.

Was wäre für Sie ein Leben ohne Liebe?

Lindner: Ach, ich meine, die Liebe spielt in der Musik eine große Rolle. Man weiß, dass die Liebe ein Thema ist, das die Menschen auch am meisten beschäftig­t. Liebe ist gerade in der heutigen Zeit etwas, was immer wichtiger wird. Heute, wo der Umgangston zwischen den Menschen immer rauer wird, die Leute immer aggressive­r werden und die Umwelt mehr denn je gefährdet ist, da, so glaube ich, ist es umso wichtiger, die Liebe immer wieder mit ins Spiel zu bringen. Die Liebe ist ein wichtiger Teil des Lebens. Und zwar nicht nur auf Paare bezogen, sondern ich meine auch die Liebe zwischen den Menschen als solche. Sie sind jetzt seit 30 Jahren im Schlagerge­schäft. Für heutige Verhältnis­se eine ewig lange Zeit. Wird man da nicht irgendwann bühnenmüde? Lindner: Es gibt natürlich Momente, in denen man sich Gedanken macht. Die Musikbranc­he hat sich schon sehr verändert. Man muss schwer ackern, um sich überhaupt noch vorne platzieren zu können. Aber ich mach’ das halt noch immer für mein Publikum, die Fans. Ich kann ja auch nicht einfach alles hinschmeiß­en. Aber wie gesagt, es ist schon mühsam geworden. Die Zeit der großen Fernseh- und Musikshows scheint vorbei zu sein.

Was treibt Sie weiter an?

Lindner: Ich bin in der glückliche­n Lage, finanziell unabhängig zu sein und mir aus den Angeboten das rauspicken zu können, was mir gefällt. Das ist schon eine angenehme Geschichte. Was waren die besten Momente in Ihrer Karriere?

Lindner: Es gab immer wieder wunderbare Geschichte­n. Vor allem die Anfangszei­t war grandios. Es gab so viele Auszeichnu­ngen, dass ich sie oftmals gar nicht mitbekam und verdauen konnte. Erst im Nachhinein habe ich verstanden, was für Glück ich hatte. Jedes neue Album hat neue Dinge hervorgebr­acht. Heute finde ich es toll, wenn junge Frauen zu mir kommen und sagen: Mensch, Herr Lindner, ich war mit meiner Oma schon auf der Couch gesessen und habe Ihnen zugehört! Da merkt man, dass man ein Künstler ist, der in die nächsten Generation­en hineingewa­chsen ist. Das empfinde ich als großes Geschenk.

Haben Sie im Musikbusin­ess auch Freunde gefunden oder ist das Geschäft doch eher von Egoismen geprägt? Lindner: Es gibt schon einige im Showbiz, die tatsächlic­h zu meinen Freunden geworden sind. Wobei das ehrlich gesagt eher selten der Fall ist. Zu meinen Freunden zählt unter anderem Ireen Sheer, die mich schon von Anfang an begleitet hat. Wir pflegen auch nach 30 Jahren noch eine gute Freundscha­ft. Das Gleiche gilt für eine Mary Roos. Auch mit Roland Kaiser bin ich gut befreundet. Es gibt also schon Freundscha­ften und die müssen so gepflegt werden wie alle anderen auch.

Die schönste Begegnung?

Lindner: Einer der schönsten Momente war die Bambi-Verleihung ganz am Anfang meiner Karriere. Ich bin noch heute glücklich, dass ich diesen großartige­n Preis damals bekommen habe. Da hatte die Bambi-Verleihung noch eine andere Qualität, war viel intimer und viel prunkvolle­r als heute. Da habe ich Audrey Hepburn getroffen. Es gibt sogar ein berühmtes Foto von der Szene. Auch neben Claudia Schiffer zu stehen oder neben Siegfried und Roy oder neben Karl Lagerfeld – das waren Momente, die vergisst man nicht im Leben. Beim Bambi habe ich zudem Marianne Sägebrecht getroffen, mit der ich inzwischen befreundet bin.

Streamen Sie Musik oder lieben Sie noch immer den guten alten Plattenspi­eler?

Lindner: Ich bin da schon noch altmodisch. Ich streame nicht so viel, sondern konsumiere Radio und Fernsehen meistens noch auf herkömmlic­he Weise. Einen Plattenspi­eler gibt es bei uns schon seit ewigen Zeiten keinen mehr. Freunde von uns haben allerdings noch einen, und wenn da eine Scheibe aufgelegt wird, empfinde ich das durchaus als Wohltat. Musik ist heute leider zu einem Wegwerfpro­dukt geworden. Und das, so meine ich, ist sehr schade. Patrick Lindner wurde am 27. September 1960 in München geboren. Seinen Durchbruch hatte der Schlagersä­nger im Jahr 1989, als er den zweiten Platz beim Grand Prix der Volksmusik belegte. Lindner wurde mit dem Bambi und mehrmals mit der Goldenen Stimmgabel ausgezeich­net.

 ?? Archivfoto: Tobias Hase, dpa ?? Patrick Lindner ist seit 30 Jahren im Showgeschä­ft. Er sagt: „Die Musikbranc­he hat sich schon sehr verändert. Man muss schwer ackern, um sich überhaupt noch vorne platzieren zu können.“
Archivfoto: Tobias Hase, dpa Patrick Lindner ist seit 30 Jahren im Showgeschä­ft. Er sagt: „Die Musikbranc­he hat sich schon sehr verändert. Man muss schwer ackern, um sich überhaupt noch vorne platzieren zu können.“

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