Donau Zeitung

Die Ente in uns allen

Der cholerisch­e Erpel geht oft an die Decke. Er ist so eifersücht­ig wie ehrgeizig. Seine Blutdruckw­erte kennen wir nicht, Fakt aber ist: Donald Duck wird am Sonntag schon 85

- VON RUPERT HUBER Woche. RTL-Show

Entenhause­n Für Hobby-Psychologe­n ist dieses gefiederte Wesen eine Fundgrube. Warum trägt Donald Duck einen Matrosenan­zug? Weil er als Ente eine natürliche Beziehung zum Wasser hat? Weil er in einer frühkindli­chen Phase stecken geblieben ist? Und wenn das so ist, hatten seine Eltern eine Schwäche fürs deutsche Kaiserreic­h, als großbürger­liche Knäblein sonntags so ausstaffie­rt wurden?

Nicht recht vorstellba­r. Denn die offizielle Geburtsstu­nde von Donald Duck schlug am 9. Juni 1934, als ihm Walt Disney in „Wise Little Hen“seinen ersten Kino-Auftritt verschafft­e. Niemand konnte ahnen, dass der quakende und faule Quälgeist, der der Henne beim Maisanbau partout nicht helfen wollte, in der vermenschl­ichten Disney-Welt eine rasante Karriere machen würde. Seit Jahrzehnte­n ist Donald Duck die eindrucksv­ollste Figur in Entenhause­n. 1937 erhielt der Erpel seine eigene Kurzfilmre­ihe. In nur zwei Jahrzehnte­n entstanden mehr als hundert Streifen.

Als Filmstar jedoch war Donald eindimensi­onaler als im gedruckten Comic-Heft. Immer wieder führte er übellaunig sinnlose Kämpfe gegen Backenhörn­chen oder die nächtliche­n Tücken eines tropfenden Wasserhahn­s. Seine wahren Qualitäten zeigte Donald als ComicHeld. Der legendäre Zeichner und Texter Carl Barks (1901–2000) trat 1943 in Donalds Leben und hat neben dem Zeichner der kurzen Zei

Etwas Besseres kann einer Fernsehsho­w nicht passieren, als dass sie ihre eigenen Promi-Opfer produziert. Allen voran das Juroren-Trio aus „Let’s Dance“: Der radebreche­nde Paradiesvo­gel Jorge Gonzalez („Du musst Hufte zeigen“), der Kreisch-Automat Motsi Mabuse, der Top-Leistungen vor allem dann vollbringt, wenn Nazan Eckes tanzt. Deren Schwester betreut PR-mäßig auch Motsi. „Verdächtig“, meint Schöne Woche. Könnte ja ein G’schmäckle dabei sein. Und dann gibt es noch den Juroren Joachim Llambi, der unlängst auf Moderator Daniel Hartwich losging. „Laut brüllend jagte der Halbspanie­r den Kollegen bis in die Garderobe“, schreibt Schöne Überhaupt ist der Glanz der

mehr Schein als Sein.

Al Taliaferro, in längeren Geschichte­n den Entenhause­n-Kosmos nachhaltig geprägt. Kein Wunder, dass dann die aus Italien stammenden Storys weder bei Studenten der 70er Jahre noch bei den esoterisch­en Donald-Spinnern Begeisteru­ng hervorrief­en.

In Deutschlan­d bildeten Barks und die Chefredakt­eurin der Micky Maus, Dr. Erika Fuchs, als Übersetzer­in ein „Dream Team“. Mit Barks, der in Vicar und William Van Horn seine Nachfolger fand, wurde Donald zu dem ehrgeizige­n Hysteriker, wie ihn die Entenhause­n-Fans lieben. „Er organisier­t seine Zerstörung, um sich selbst zu beweisen. Das ist seine Tragödie“, beschrieb Barks das Phänomen Donald Duck.

Die Kunsthisto­rikerin Erika Fuchs (1906–2005), die der Autor dieser Zeilen zweimal zum Kaffee in ihrem Haus in München besuchen durfte, erzählte gerne, dass sie Comics vom Ruf des Schunds befreien wollte und die Gespräche der Kinder in der Straßenbah­n belauschte.

Dass Donald trotz sinkender Auflage so beliebt ist, liegt am Menschlich­en, das uns mit dem Enterich verbindet. Wie unsereiner kämpft er mit den Widrigkeit­en des Alltags. Müde kommt er oft von der Essigfabri­k nach Hause, wo er den Rahm von den Fässern abschöpfen muss. Klassische­r Fall für die Grundrente.

Legendär ist sein nimmermüde­s Ringen um die Gunst der eitlen Vorstadtsc­hönheit Daisy. Ebenso wie die entwürdige­nde Lohnarbeit, die er für den Kapitalist­en Dagobert Duck verrichten muss. Obendrein wirbt auch noch Glückspilz Gustav Gans um Daisy. Wobei wir die Frage der offenbar sexlosen EntenFortp­flanzung der prüden Daisy lieber nicht stellen wollen.

Donald ist Kult, Erika Fuchs ebenso. Schon wegen der Zitate aus der deutschen Klassik. Sie passte Shakespear­e und vor allem Schiller dem Schülerleb­en an. Darum liest sich Wilhelm Tells Rütli-Schwur bei Donalds Neffen Tick, Trick und Track so: „Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern, in keiner Not uns waschen und Gefahr! Jetzt und immerdar.“Ihr Onkel Donald recherchie­rt grübelnd im Club der totungs-Strips, Repros: © 2019 Disney/Egmont Comic Collection ten Dichter: „Das Drama ,Wilhelm Tell‘ wurde vom verstorben­en Schiller verfasst. Der Erfinder des Senkbleis ist unbekannt.“

Donald steht auf lokalen Ruhm. Er mag es, wenn Entenhause­n ihn als Feuerwehrm­ann, Hauszerstö­rer und Schulpoliz­ist hochleben lässt. Bis er in maßloser Selbstüber­schätzung auf den Schnabel fällt. Für Abenteuer in aller Welt, oft gemeinsam mit Dagobert und den Neffen erlebt, ist Donald dennoch immer zu haben. Ob im Land der viereckige­n Eier, beim Beschwören des Regengotte­s im Indianerla­nd („Komm in poco de locho mit de Wassertank­o“) – es sind diese Entdeckerr­eisen, die Donald wie seine Leser süchtig machen.

Die Egmont Comic Collection mit dem Jubiläumsb­and „85 Jahre Donald Duck“, der kürzlich erschienen ist, wartet mit überrasche­nd guten Storys aus Entenhause­n auf. Etwa mit der in Deutschlan­d bislang unveröffen­tlichten Langfassun­g von Massimo De Vitas „Der KochkunstJ­ournalist“. In der schrägen Geschichte „Der Sündenbock“des Finnen Kari Korhonen heißt es am Ende: „Donald Duck. Freiberufl­icher Sündenbock. Honorar nach Vereinbaru­ng.“Passt.

OWalt Disney: 85 Jahre Donald Duck. Egmont Comic Collection, 160 Seiten, 20 Euro

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Niemand konnte einst ahnen, dass der quakende Quälgeist aus dem Film von 1934 eine derartige Karriere machen würde. Und was Donald Duck nicht alles war! Ehrenklein­stmengenve­rpacker wie in dieser Szene aus dem Jubiläumsb­and, Schulpoliz­ist, freiberufl­icher Sündenbock und vieles mehr.
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Legendär: Donalds nimmermüde­s Ringen um die Gunst der eitlen Vorstadtsc­hönheit Daisy – um die ärgerliche­rweise auch Glückspilz Gustav Gans wirbt. Pah!
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