Betrifft: Nichts geht mehr
48 ZEILEN ZUM WOCHENENDE Neulich, das hätte durchaus ein schlechter Traum sein können. War aber keiner, sondern war – bei aller Übermüdung – bloß die dunkle Seite des Alltags. Nachts also, auf die Autobahn, schnell nach Hause und ins Bett nach einem langen Tag. Und plötzlich geht nichts mehr. Ein Stau, der, so plötzlich er da ist, im völligen Stillstand auch sofort aussichtslos wirkt. Später wird es heißen: Vollsperrung der Autobahn, viereinhalb Stunden, sehr schwerer Unfall, ein Mensch gestorben. Aber nichts davon weiß man, wenn man da steht, mit all den anderen, in der langsam tiefer werdenden Nacht. Dort oben, da stehen die Sterne, hier unten, da stehen wir.
Und leider ist ja nicht jeder Mensch wie der Gerhard Polt. Dem nämlich attestierten die Well-Brüder kürzlich, als er beim Kabarettpreis „Salzburger Stier“für seine Lebensleistung geehrt wurde, er sei der perfekte Stau-Fahrer. Fahre eigentlich immer wie im Stau, nicht interessiert am Vorwärtskommen, ohne jede Ungeduld, versunken in Zeit und Raum, der Polt. Viele aber sind eher wie einer von denen, die da in dieser Nacht irgendwann doch aus dem Auto steigen und angesichts der ihnen plötzlich entglittenen Kilometerschnitte und Termine verloren zwischen den Karossen umherstehen, -schauen, -streifen. Vier Schritte vorwärts, vier zurück, leerer Blick… Und dann redet er sich in Rage, der Mann. Dass man hier nicht besser informiert werde! Dass es doch immer möglich sein müsse, zumindest den Standstreifen freizuräumen! Dass sich die eh wieder trödelnden Räumungskräfte sicher allzu genau an gesetzliche Vorgaben hielten! Typisch, typisch das alles! Und das alles nach bereits sieben Stunden Fahrt und so kurz vor dem Ziel …
Vielleicht ja auf andere Art typisch. Kein Albtraum jedenfalls. Ein Stau im Frühsommer 2019 in Deutschland. Und in der Ungewissheit: nicht Demut, sondern Wut.