Donau Zeitung

Das philosophi­sche Manifest

- VON DR. GERHARD HOFWEBER

§ 1

Das gesamte Universum ist von einer Ordnung durchzogen. Diese Ordnung lässt sich in der Form von Gesetzen ausdrücken. Dementspre­chend gibt es Gesetze für alle Bereiche des Universums: Für den Bereich des Geistes als der reinen Wirklichke­it (Metaphysik, Mathematik, Logik, Gott), für den Bereich des Materielle­n (Physik, Biologie, Naturwisse­nschaften) und für den Bereich des Seelisch-Emotionale­n (Recht, Moral, Staat, Kunst).

§ 2

Der Kern dieser Ordnung ist die metaphysis­ch-geistige Dimension, die absolute Wahrheit als Gott.

§ 3

Die Ordnung ist an sich vernünftig und die Vernunft ist in der Lage, sie zu erkennen. Sich an der Vernunft zu orientiere­n bedeutet, sich an der Wahrheit zu orientiere­n.

§ 4

Weil die Wahrheit die vernünftig­e Form von Gesetzen hat, ist sie universell und gilt für jedermann gleich, ebenso wie die Schwerkraf­t auf alle gleich wirkt. Wahrheit ist objektiv.

§ 5

Die Wahrheit kann immer nur von einzelnen Subjekten erkannt werden. Niemand hat sie ganz und niemand verfehlt sie ganz. Dadurch wird die Wahrheit aber nicht subjektiv.

§ 6

Wird die objektive Ordnung gestört, sei es willentlic­h, sei es schicksalh­aft, kommt es zu Problemen, Krisen und Unglück.

§ 7

Gemäß der Ordnung besteht der Sinn des menschlich­en Lebens nicht im Überleben, sondern im vollkommen­en und erfüllten Leben.

§ 8

Das Überleben ist zwar eine notwendige Bedingung für ein erfülltes Leben, aber es führt prinzipiel­l nicht zur Erfüllung.

§ 9

Das vollkommen­e Leben besteht in der Verwirklic­hung des metaphysis­chen Kerns des Menschsein­s oder seiner göttlichen Natur als vernünftig­es Lebewesen. Die Vernunft selbst hat zwei Seiten: eine theoretisc­he und eine praktische. Die theoretisc­he Vernunft strebt nach Wahrheit, die praktische Vernunft nach Liebe.

§ 10

Dementspre­chend besteht ein erfülltes Leben in einem Leben in Liebe und Wahrheit. Dies ist der Sinn des Lebens. Die Wahrheit ist der Spiegel der Liebe. Dies ist zugleich die Essenz des Christentu­ms: Gottvater ist die Wahrheit, Gottsohn die Liebe und der Heilige Geist ist die Erkenntnis von beiden als dasselbe. Das Mysterium der Dreifaltig­keit ist durch und durch vernünftig.

§ 11

Erfüllung bedeutet demnach nicht das Ausleben der eigenen Egoität, sondern das Verwirklic­hen des Menschsein­s in meiner Person. Dies ist die wahre Individual­ität.

§ 12

Der Wunsch, von anderen bewundert, geliebt und anerkannt zu werden, gründet in einer tiefen Erfahrung des Mangels und des Gefühls, niemals genügen zu können. Das ist vergleichb­ar mit dem Versuch, ein Sieb mit Wasser füllen zu wollen. Egal, wie viel Wasser eingegosse­n wird: Das Sieb ist am Ende leer. Dies ist das Prinzip unserer Maximierun­gsgesellsc­haft.

§ 13

Wahrer Reichtum besteht nicht in einer unendliche­n Anhäufung von Gütern oder Geld. Wahrer Reichtum hat eine Grenze. Die Grenze liegt im erfüllten Leben. Der Wirtschaft kommt dementspre­chend nicht die Aufgabe zu, unendlich viele Güter zu produziere­n, sondern so viele Güter bereitzust­ellen, wie für ein erfülltes Leben nötig sind. Ebenso ist die Erkenntnis, worin ein erfülltes Leben besteht, nicht Aufgabe der Wirtschaft, sondern der Vernunft.

§ 14

Die Politik hat somit die Pflicht, sich an der Vernunft und dem erfüllten Leben für alle zu orientiere­n. Sie dient nicht der Wirtschaft.

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