Donau Zeitung

Der Iran-Deal ist jede Anstrengun­g wert

Wie erwartet hat die Reise von Außenminis­ter Heiko Maas nach Teheran keine Lösung gebracht. Wichtig war sie dennoch. Was bleibt uns außer: Diplomatie?

- VON GREGOR PETER SCHMITZ gps@augsburger-allgemeine.de

Es gibt nach Ansicht seiner Kritiker sehr viele Gründe, sich über Heiko Maas aufzuregen. Er sei ein Außenminis­ter, zürnen sie, der viel rede und noch mehr reise, aber wenig reiße. Der mit viel Bombast erklärt habe, wegen des Gedenkens an Auschwitz in die Politik gegangen zu sein, aber nicht mal erklären könne, was sich daraus für seine Agenda ableite.

Diese Kritikpunk­te sind keineswegs unberechti­gt. Keineswegs berechtigt ist aber, Herrn Maas für seine aktuelle Reise nach Teheran zu kritisiere­n – selbst wenn er mit leeren Händen nach Hause gekommen ist und das Bild bleiben wird, wie Maas unter gestrengen Bildern des einstigen obersten Religionsf­ührers Khomeini verkünden muss, nichts zu verkünden zu haben.

Denn was Maas dort praktizier­t hat, ist: Diplomatie. Sie ist furchtbar

anstrengen­d, furchtbar frustriere­nd, furchtbar langsam – aber selbst wenn der Außenminis­ter noch tausende Mal gen Teheran reisen sollte, wäre dies jeden Liter Kerosin und jede Arbeitsstu­nde wert. Einfach weil die Alternativ­e, nichts zu versuchen, keine ist.

Das Atom-Abkommen mit Iran ist eine große Errungensc­haft gewesen. Es hat eine Gleichung aufgestell­t, die bis heute die erfolgvers­prechendst­e in dieser zerrissene­n Region ist – wir bieten dem dortigen Regime mehr Wirtschaft­sanreize, im Gegenzug macht Teheran glaubhafte Abrüstungs­schritte weg von der tödlichste­n aller Waffen.

Leider liegt dieses Abkommen auf der Intensivst­ation, seit es Donald Trump aufgekündi­gt hat. Schon zuvor ließ es den Iranern zu viele Lücken – und minderte die Angst europäisch­er Investoren und Banken kaum, weil diese weiter Angst vor US-Sanktionen hatten.

Man müsste es neu verhandeln, nachbesser­n. Sind die Iraner dabei Gesprächsp­artner, denen man nie trauen kann? Absolut. Und können Minister wie Maas ihnen nur (zu) wenig anbieten im Vergleich zu den USA? Wieder: Absolut ja.

Man muss es trotzdem weiter versuchen. Franzosen, Deutsche – und sogar die Brexit-Briten, die sonst Trump umwerben – sind sich sicher, dass das Abkommen nicht die beste Lösung ist, aber die bestmöglic­he. Sie müssen nun zeigen, dass sie ihre Gestaltung­skraft nicht aufgegeben haben in einer Region, in der es um den Weltfriede­n geht, aber immer auch um das Existenzre­cht Israels.

Zudem haben die Europäer zwar wenig, aber mehr als gar nichts anzubieten: So gibt es europäisch­e Pläne, den Iranern Zahlungsau­sweichsyst­eme anzubieten, die zumindest etwas US-Druck lindern würden. Auch deswegen ist Iran ja zu diesen Gesprächen bereit und hat ausdrückli­ch eine Frist gesetzt, nach deren Ablauf es erst mit der Uran-Anreicheru­ng beginnen will. Das Land ist durchaus offen für Vermittlun­g, selbst wenn sie für die Kulisse daheim schimpfen.

Denn auch die Iraner wissen, wie wenig die Lage an Trumps Hof einzuschät­zen ist. Dort wirkt mit John Bolton nun ein „Sicherheit­sberater“, dessen Pläne vor allem auf Unsicherhe­it zielen. Bolton will unverhohle­n den Krieg mit dem Iran, genau wie er unverhohle­n einst den Krieg mit dem Irak wollte. Hört man sich in Washington um, geht die Logik so: Trump zögert zwar. Aber was ist, wenn Bolton ihm – im Verein mit den Saudis, die schon lange auf Krieg gegen ihren Erzrivalen drängen – immer wieder Situatione­n maßschneid­ert, die vielleicht provoziert, vielleicht real sind, aber schließlic­h „leider keinen anderen Ausweg“lassen?

Leute wie Bolton glauben, der Konflikt mit Iran sei nur mit Gewalt zu lösen – und sind unbeeindru­ckt vom US-Fiasko gleich daneben im Irak. Diese Kriegsgefa­hr ist real. Verglichen damit ist Reden, so fruchtlos es lange sein kann, immer die fruchtbars­te Option.

In Washington drängen Mächtige auf Krieg

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