Donau Zeitung

Kein Pfingstwun­der in Teheran

Es ist die bisher schwierigs­te Reise von Außenminis­ter Maas. Im Iran versuchte er, das Atomabkomm­en zu retten. Warum das so schwer ist

- Michael Fischer und Farshid Motahari, dpa

Teheran Heiko Maas hat in seinen 15 Monaten als Außenminis­ter fast 400000 Flugkilome­ter zurückgele­gt und 38 Länder besucht. In der Nacht zum Montag steuert er in seinem Regierungs-Airbus „Theodor Heuss“das 39. Land in dem Wissen an, dass dies wohl die schwierigs­te Station seiner bisherigen Amtszeit wird. Seine Mission: Rettung des Abkommens zur Verhinderu­ng einer iranischen Atombombe, an dem Deutschlan­d zwölf Jahre lang mitverhand­elt hat.

Doch seit die USA vor einem Jahr aus dem Abkommen ausgestieg­en sind, ist die Vereinbaru­ng nur noch ein Torso. Wegen der wieder eingesetzt­en Wirtschaft­ssanktione­n der USA können auch die anderen Vertragsst­aaten – allen voran die drei Europäer Deutschlan­d, Großbritan­nien und Frankreich – das Verspreche­n wirtschaft­licher Vorteile für den Iran nicht mehr einhalten. Der Iran dagegen hat die Auflagen für sein Atomprogra­mm eingehalte­n und lässt sich das regelmäßig von der Internatio­nalen Atomenergi­ebehörde in Wien bestätigen. Entspreche­nd selbstbewu­sst und fordernd tritt der iranische Außenminis­ter Mohammed Dschawad Sarif schon am Tag vor der Ankunft seines Gastes aus Deutschlan­d auf und verlangt nachdrückl­ich konkrete Ergebnisse. „Nicht, dass da wieder gewird, wir haben es versucht, aber es ging nicht.“24 Stunden später ist zumindest der Ton deutlich sanfter. Sarif begrüßt Maas als „lieben Kollegen und lieben Freund“. Das Gespräch dauert mehr als doppelt so lange wie geplant und Sarif setzt sogar kurzfristi­g eine Pressekonf­erenz an. Das hat es bei Gästen aus dem Westen in Teheran seit mehr als zwei Jahren nicht mehr gegeben. Der moderate Ton führt aber nicht dazu, dass sich der iranische Außenminis­ter wirklich zu einem Entgegenko­mmen bereit erklärt. „Die ganzen Spannungen derzeit in der Region basieren ja auf dem Wirtschaft­skrieg von Herrn Trump gegen den Iran“, sagt er. Eine Lösung und Deeskalati­on könne nur erreicht werden, „wenn dieser Krieg beendet wird“.

Trotz der derzeitige­n Krise sei das Atomabkomm­en immer noch zu retten, glaubt der iranische Präsident Hassan Ruhani, den Maas ebenfalls trifft. „Wir glauben immer noch an die Rettung der Vereinbaru­ng, und dabei können Deutschlan­d und die EU eine entscheide­nde und positive Rolle spielen“, sagt Ruhani. Besonders die Europäer müssten sich gegen die US-Sanktionen und den „Wirtschaft­sterrorism­us“der USA wehren.

Die Europäer haben bereits versucht, den Prozess der Auflösung des Abkommens zu stoppen. Hauptprobl­em ist, dass besonders internatio­nale Banken aus Angst vor US-Strafen keine Wirtschaft­sprojekte mit dem Iran finanziere­n wollen. Deswegen haben Deutschlan­d, Frankreich und Großbritan­nien ein Instrument zur Sicherung des Zahlungsve­rkehrs entwickelt. Bis heute ist aber keine einzige Transaktio­n über das System mit dem Namen Instex erfolgt. Maas hofft zwar, dass sich das bald ändert. Mehr Konkretes hat er in Teheran aber auch nicht im Angebot. Deutschlan­d werde sich weiter um die Erfüllung seiner Verpflicht­ungen bemühen, sagt er, um im selben Atemzug einzuräume­n: „Dabei werden wir keine Wunder bewirken.“Eigentlich bräuchte es ein solches Wunder, um die Wirtschaft­sbeziehung­en mit dem Iran wieder in die Spur zu bringen. In den ersten drei Monaten dieses Jahres sind die deutschen Exporte in die Islamische Republik um 50 Prozent auf nur noch rund 339 Millionen Euro eingebroch­en, die iranischen Ausfuhren nach Deutschlan­d fielen um fast 42 Prozent.

In Teheran versucht Minister Maas gar nicht mehr dem Iran vorzumache­n, dass wirtschaft­lich seitens der Europäer noch die ganz großen Sprünge möglich sind. „Aber ich glaube, es gibt auch ein politische­s und strategisc­hes Intesagt resse, dieses Abkommen und damit den Dialog mit Europa aufrechtzu­erhalten. Und das muss auch in Teheran erkannt werden.“

Der Iran hofft insbesonde­re auf eine Lockerung der Blockade iranischer Ölexporte über Ausnahmere­gelungen für bestimmte Staaten, um die akute Wirtschaft­skrise des Landes zu mildern. Der Ölexport ist die Haupteinna­hmequelle des Landes. Vor den amerikanis­chen Sanktionen hatte der Iran 2,4 bis 2,7 Millionen Barrel Öl am Tag exportiert, derzeit sollen es nur noch 400000 sein. Letztlich hängt also doch wieder alles an den Amerikaner­n. Die IranKrise zeigt wieder einmal, dass die Europäer an vielen Stellen nur wenig gegen Trumps Außenpolit­ik mit der Brechstang­e ausrichten können.

Ein Monat bleibt nun noch, bis die von Teheran gesetzte Frist ausläuft. Maas weiß, dass angesichts der immer weiter wachsenden Spannungen in der Region ein Funke ausreichen könnte, bis es zur Explosion kommt. „Die Lage in der Region, in der wir uns hier befinden, ist hochbrisan­t und sie ist außerorden­tlich ernst“, sagt er und warnt ausdrückli­ch vor einer militärisc­hen Eskalation. Er will sich aber nicht vorwerfen lassen, dass er nicht alles versucht hätte. Vor allem deswegen war er in Teheran.

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Foto: Atta Kenare, afp Besuch in Krisenzeit­en – Außenminis­ter Heiko Maas und sein iranischer Amtskolleg­e Mohammed Dschawad Sarif bei der Pressekonf­erenz.

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