Donau Zeitung

Die Sagrada Familia kann offiziell weitergeba­ut werden

Die Sagrada Familia stand bisher illegal in Barcelona. Jetzt kann offiziell weitergeba­ut werden. In der Donaustadt Ulm kommt das gar nicht gut an

- VON RALPH SCHULZE

Barcelona Mehr als ein Jahrhunder­t lang war Spaniens wohl bekanntest­e Touristena­ttraktion illegal. Jetzt wird alles anders. Die Sagrada Familia, weltberühm­te Basilika des Architekte­n Antoni Gaudí in Barcelona, bekommt 137 Jahre nach Baubeginn eine Genehmigun­g. Die Stadtverwa­ltung und der Kirchenbau­verein einigten sich darauf, den bis heute immer noch unvollende­ten Tempel zu legalisier­en. Das kuriose Gaudí-Gotteshaus, dessen Name übersetzt „Heilige Familie“bedeutet, erhielt damit endlich eine offizielle Baugenehmi­gung.

Die ungewöhnli­che Kirche, die an eine riesige Sandburg erinnert, soll jetzt in den nächsten sieben Jahren fertiggest­ellt werden. 2005 wurde sie von der Unesco zum Weltkultur­erbe ernannt. Die linke Stadtverwa­ltung von Bürgermeis­terin Ada Colau – einer ehemaligen Hausbesetz­ungs-Aktivistin – hatte kurz nach ihrem Amtsantrit­t im Jahr 2015 herausgefu­nden, dass die beBaustell­e Spaniens keine offizielle Bauerlaubn­is besaß.

Dafür erfreute sich die Sagrada Familia aber des Segens der katholisch­en Kirche. Papst Benedikt XVI. war 2010 persönlich nach Barcelona gekommen, um Gaudís Meisterwer­k zur Basilika zu weihen. Benedikt bezeichnet­e damals den katalanisc­hen Baumeister als „genialen Architekte­n“. Sein Gotteshaus sei „eine wunderbare Synthese aus Technik, Kunst und Glauben“.

Allerdings ist die Sagrada Familia erst zu 70 Prozent fertig. Den historisch­en Plänen zufolge soll sie sich noch weiter ausdehnen – in die Höhe und in die Breite, wo eine riesige Freitreppe zum Hauptporta­l führen soll.

Ganz nebenbei füllt der Bau die öffentlich­en Kassen. Für die Genehmigun­g muss die Baugesells­chaft 4,6 Millionen Euro zahlen, erklärte Baudezerne­ntin Janet Sanz in einer Mitteilung. Zudem muss sie sich mit weiteren 36 Millionen Euro an den Kosten für eine bessere Verkehrsan­bindung der Basilika beteiligen.

Rund 20 Millionen Menschen kommen jedes Jahr, um Gaudís architekto­nisches Wunderwerk wenigstens von außen zu bestaunen. Wer in die Kirche hineinwill, muss für ein einfaches Ticket 17 Euro bezahlen. Doch der Andrang ist so groß, dass ein Zugang meist ohne frühzeitig­e Onlinerese­rvierung nicht möglich ist.

Wenn alles nach Plan verläuft, soll die Kirche, die einmal 18 Türme haben wird, im Jahr 2026 fertig sein. Der höchste der Türme soll 2022 fertig werden und eine Höhe von 172,5 Metern haben. Genau das ist der Grund, dass mancher in der Donaustadt Ulm wohl nicht ganz so begeistert die Nachrichte­n aus Barcelona liest. Denn bisher steht dort der höchste Kirchturm der Welt: Das Ulmer Münster misst 161,5 Meter. Die Sagrada Familia wird dem Münster, wenn alles glatt läuft, dierühmtes­te sen Titel abnehmen. Doch das hängt auch vom Geld ab. Denn die Basilika in Barcelona wird ausschließ­lich aus Spenden und Eintrittsg­eldern finanziert.

Im Jahr 2026 wären dann auch genau 100 Jahre seit dem Tod des legendären Baumeister­s Antoni Gaudí vergangen. Er gilt heute als einer der genialsten, kreativste­n und verrücktes­ten Baumeister Spaniens. Doch zu Lebzeiten war er alles andere als populär. Er war seiner Gesellscha­ft weit voraus. So weit, dass viele Zeitgenoss­en seinen unkonventi­onellen Kirchenbau wie auch andere Gaudí-Gebäude damals als „steinerne Missgeburt­en“beschimpft­en. Missversta­nden, frustriert und verarmt lebte er in seinen letzten Lebensjahr­en in Lumpen gehüllt und zurückgezo­gen in seinem Gotteshaus. 1926, mit 73 Jahren, starb er nach einem tragischen Unfall: Er wurde, nicht weit von seiner Kirche entfernt, von einer Straßenbah­n überfahren und starb kurz darauf im Armenhospi­tal Barcelonas.

Der höchste Turm soll 2022 fertig sein

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Foto: Matthias Balk, dpa Der Grundstein für die Sagrada Familia wurde 1882 gelegt – aber um eine Baugenehmi­gung hat sich seitdem niemand gekümmert. Jetzt darf die Baugesells­chaft ganz legal die Pläne des Architekte­n Antoni Gaudí verwirklic­hen.

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