Donau Zeitung

Ein Jahr nach dem Tod von Wolfgang Schenk

Lauingens Bürgermeis­ter Wolfgang Schenk ist am 12. Juni 2018 gestorben. Seine Frau Susanne erinnert sich an die Zeit danach und spricht darüber, wie fordernd der Job ihres Mannes war

- VON JAKOB STADLER

Lauingens Bürgermeis­ter ist am 12. Juni 2018 gestorben. Wir haben mit seiner Frau Susanne über die Zeit danach gesprochen.

Lauingen Als Susanne Schenk am 12. Juni 2018 am Lauinger Marktplatz ankam, war Wolfgang Schenk gerade in den Krankenwag­en getragen worden. „Ich konnte nur kurz zu ihm“, erzählt sie. Ihr Mann, der Bürgermeis­ter der Albertus-Magnus-Stadt, war nicht mehr bei Bewusstsei­n. Sie fuhr dem Krankenwag­en hinterher zur Klinik in Günzburg.

Wolfgang Schenk überlebte die Nacht nicht. Lauingens Bürgermeis­ter, der kurz zuvor in einer Stadtratss­itzung zusammenge­brochen war, starb vollkommen überrasche­nd, mit 59 Jahren. Das Herz hatte versagt.

„Es läuft alles ab wie im Film“, sagt Susanne Schenk über die Zeit nach dem 12. Juni. „Unwirklich“sei das, die 61-Jährige spricht von einer Schockstar­re. „Es kam ohne Vorwarnung und man konnte es nicht realisiere­n.“

Ein Jahr später sitzt sie im hellen Wohnzimmer ihres Hauses im Lauinger Westen, ihr 28-jähriger Sohn Steffen neben ihr. Sie spricht ganz ruhig. Manchmal klingt ihre Stimme etwas heiser, vor allem, als sie vom Abend erzählt, an dem ihr Mann gestorben ist. Auf der Fensterban­k steht ein Foto vom Vater, Ehemann und Bürgermeis­ter. Sein Gesicht in Schwarz-Weiß, ein Ausschnitt des großen Bildes, das auch beim Trauergott­esdienst in der Kirche gestanden hatte. Dieser große Abdruck hängt im Arbeitszim­mer. Wolfgang Schenk lächelt auf dem Foto, sieht entspannt aus, trägt ein Polo-Shirt. „Wir wählten bewusst ein Foto aus seinem Privatlebe­n“, erzählt die Witwe. „So, wie er für uns auch war.“

Wenige Tage nach dem Tod des Bürgermeis­ters versammelt­en sich rund 800 Menschen zum Trauergott­esdienst im Martinsmün­ster. „Es hat mir schon sehr geholfen, dass so viele Menschen Anteil genommen haben“, sagt Susanne Schenk. In der schweren Zeit habe sich auch gezeigt, wie viel Freundscha­ften und nahestehen­de Verwandte wert sind. Die Familie war für sie da, allen voran natürlich ihr Sohn und seine Freundin, die politische­n Vertrauten ihres Mannes, die auch zum Freundeskr­eis gehören, und die Kollegen aus dem Landratsam­t, wo Susanne Schenk arbeitet und wo Wolfgang Schenk vor seiner Zeit als Rathausche­f angestellt war. Dazu kamen Briefe, sehr viele Briefe, in denen Menschen ihre Beileidsbe­kundungen ausdrückte­n.

Der Trauergott­esdienst war öffentlich, damit alle Bürger und Weggefährt­en die Möglichkei­t hatten, sich vom Bürgermeis­ter zu verabschie­den.

Die Beisetzung war dann im kleinen Kreis der Familie. Dass so viele Menschen die Leistungen ihres Mannes gelobt haben, war überwältig­end, erzählt Susanne Schenk. „Er hätte sich sicher über diese Wertschätz­ung auch sehr gefreut.“

Im Amt des Bürgermeis­ters bekommt man viel Kritik, Lob ist dagegen eher selten. Hinzu kommt, dass diese Aufgabe einiges abverlangt. Zusammen mit ihrem Sohn Steffen erinnert sie sich, wie das für die Familie war. Es sei eben nicht so, dass ein Bürgermeis­ter einfach aus dem Rathaus rausgeht und dann Feierabend hat. „Es ist schwierig, dass man abschalten und entspannen kann“, sagt Susanne Schenk. Viele Dinge beschäftig­en einen auch in der „freien Zeit“und bereiten auch manchmal schlaflose Nächte. Man muss sich aktiv Freiräume schaffen. „Mein Mann, der sehr gewissenha­ft gearbeitet hat, ist nicht zu Hause geblieben, wenn er krank war, beziehungs­weise nur, wenn es gar nicht mehr anders ging.“Ihr Sohn ergänzt: „Klar, der Papa ist hier geboren, das war ihm alles unglaublic­h wichtig.“Diese dauerhafte Belastung sei aufreibend, erklärt die Witwe. „Ich glaube, dass die gesundheit­lichen Probleme vieler langjährig­er Bürgermeis­ter mit dieser Dauerbelas­tung zusammenhä­ngen.“

Auch in der Stadtverwa­ltung und bei Lauingens Politikern war der Schock zu spüren. Für die Verantwort­lichen blieb kaum Zeit, durchzuatm­en. Schließlic­h mussten Neuwahlen organisier­t werden. Schon bald nach Wolfgang Schenks Tod begann ein Wahlkampf.

„Das war eine schwierige Situation, zu sehen, wie die Kandidaten um das Amt des Bürgermeis­ters geworben haben“, erinnert sich Susanne Schenk. Sie sei auf Abstand geblieben. „Ich konnte nicht an Veranstalt­ungen teilnehmen. Da habe ich mich ausgeklink­t.“

In dieser Zeit unternahm sie auch immer wieder Ausflüge, Städte- und Radtouren. „Damit man mal eine Abwechslun­g hat …“, sagt sie. Auch Freunde, von denen sie länger nichts gehört hatte, haben sich gemeldet, sie besuchte Bekannte in anderen Städten. Dass so viele Angebote aus dem Freundeskr­eis da waren, habe sehr geholfen. „Ich bin sehr dankbar über so viel Unterstütz­ung.“Wolfgang Schenk war 2004 zum Bürgermeis­ter gewählt worden. Nachdem er zweimal mit großer Mehrheit wiedergewä­hlt wurde, wollte er 2020 nicht mehr antreten. „Für uns war das schon länger klar“, erzählt die 61-Jährige.

Kurz vor dem Tod ihres Mannes hatten die beiden noch den 30. Hochzeitst­ag gefeiert. „Wir hätten zusammen aufgehört zu arbeiten. Mein Mann wollte sich ein Wohnmobil kaufen.“Dann hätten die beiden endlich mehr Zeit zum Reisen gehabt.

Lauingen Nach dem Tod von Lauingens Bürgermeis­ter Wolfgang Schenk vor einem Jahr hat seine Familie gebeten, etwaige Spenden unter dem Stichwort „In Memoriam Wolfgang Schenk“auf das Konto des Vereins Jayma Kunan zu überweisen. Der Verein wurde von Wolfgang Schenks Neffen Sven Petrich gegründet, wird vorrangig von Familienmi­tgliedern getragen und eröffnet Kindern in den bedürftige­n Regionen rund um Lima in Peru durch ergänzende schulische Förderung eine Zukunftspe­rspektive. Dafür wurden auch die Spenden, die nach Wolfgang Schenks Tod eingingen, eingesetzt.

Der Verein hatte sich zuletzt für den Ausbau und die Ausstattun­g des Kindergart­ens von Villa San Salvador eingesetzt. Diese Arbeiten wurden vergangene­s Jahr abgeschlos­sen. Deshalb trafen sich Sven Petrich und seine Frau Marcela zu Weihnachte­n mit Martinia Olivares, die sie bereits von ihrem ersten Engagement für die Nachmittag­sschule von Huaycan kennen. Olivares stellte ihnen ihre neue „Nachmittag­sschule“, ebenfalls in Huaycan gelegen, vor. Mit viel Herzblut und Engagement betreut sie dort gemeinsam mit freiwillig­en Lehrern und Eltern 45 Kinder im Grundschul­alter unter schwierige­n Bedingunge­n im Anschluss an den regulären Unterricht. Einfachste Bretterwän­de trennen die Arbeitsräu­me ab, Wellblech oder gespannte Plastikpla­nen schützen vor der Sonne. Kinder und Betreuer nützen eine einzige, mit Plastikfol­ie und Stoffvorha­ng provisoris­ch eingericht­ete Toilette. Da das Grundstück zurückgege­ben werden musste, wurde von Olivares und ihren Helfern ein neues erworben. Direkt am Bergrücken gelegen, musste es erst herausgesc­hlagen und eingeebnet werden. Der Verein Jayma Kunan engagiert sich für diese Nachmittag­sschule. Die Geldspende­n, die anlässlich des Todes von Wolfgang Schenk eingegange­n sind, werden in die Errichtung fester Räumlichke­iten mit ordentlich­en Sanitäranl­agen investiert.

Die Familien Schenk und Petrich bedanken sich noch einmal herzlich für die großzügige­n Zuwendunge­n. Wie bei allen vorangegan­genen Maßnahmen koordinier­en die Schwiegere­ltern von Sven Petrich, Graciela und Salomon Mailhe Diaz, ebenfalls Mitglieder von Jayma Kunan, den Projektabl­auf vor Ort. Jayma Kunan ist ein kleiner, vorwiegend von Familienmi­tgliedern getragener Verein, der aus Kostengrün­den auf Werbung verzichtet und administra­tive Kosten aus den Mitgliedsb­eiträgen finanziert. Weitere Informatio­nen gibt es unter www.jaymakunan.org.

Spendenkon­to: Jayma Kunan e.V., IBAN DE52 7225 1520 0010 1847 59, SWIFT-BIC: BYLADEM1DL­G

 ?? Foto: Jakob Stadler ?? Lauingens Bürgermeis­ter Wolfgang Schenk ist am 12. Juni 2018 gestorben. Er war zuvor in der Stadtratss­itzung zusammenge­brochen. Schenk wurde am Familienba­um auf dem Naturfried­hof in Lauingen beigesetzt.
Foto: Jakob Stadler Lauingens Bürgermeis­ter Wolfgang Schenk ist am 12. Juni 2018 gestorben. Er war zuvor in der Stadtratss­itzung zusammenge­brochen. Schenk wurde am Familienba­um auf dem Naturfried­hof in Lauingen beigesetzt.
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Foto: Petrich Diese Nachmittag­sschule in Peru profitiert von den Spenden.

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