Donau Zeitung

Eine Idee, die nicht richtig zündet

Alternativ­e Antriebe Es kann nachhaltig erzeugt werden, verbrennt relativ schadstoff­arm und kostet noch nicht einmal viel: Eigentlich wäre Erdgas zur Stunde der fast perfekte Öko-Treibstoff. Doch kaufen will die Autos kaum jemand. Dabei könnte es sich loh

- VON MICHAEL GEBHARDT

Seit mehr als zwei Jahrzehnte­n offeriert die Automobili­ndustrie Fahrzeuge mit Erdgasantr­ieb als kostengüns­tige und klimaschon­ende Alternativ­e zu Diesel und Benziner. Ohne durchschla­genden Erfolg, weshalb die umweltvert­räglichste Variante des Verbrennun­gsmotors bei fast allen Marken über kurz oder lang aussortier­t wurde.

Die spanische VW-Tochter Seat weitet ihr Gas-Angebot dagegen sogar noch aus und ermöglicht auch im 4,14 Meter langen Arona das Gasgeben. Nach der Ibiza- und LeonKlient­el kann nun auch die Hochsitz-Fraktion von diesem Antriebsko­nzept profitiere­n – die Spanier haben damit das erste Erdgas-SUV weltweit im Angebot. Mii-Kunden schauen dagegen in die Röhre; im kleinsten Seat ist das Erdgas-Zeitalter vorbei, künftig soll ein Elektroant­rieb für niedrige Schadstoff­werte sorgen.

Einen zusätzlich­en Anreiz, auf komprimier­tes Erdgas (CNG) im Seat-Tank umzusteige­n, bietet der verhältnis­mäßig geringe Aufschlag gegenüber dem Nur-Otto: 1000 Euro sind es bei Ibiza und Arona, 1500 Euro bei Leon-Limousine und -Kombi. Der 90 PS mobilisier­ende Erdgas-Arona, am Kürzel TGI erkennbar, ist also für 19 820 Euro zu bekommen. Beim Ibiza beträgt der Einstiegsp­reis, wegen der einfachere­n Basisausst­attung, sogar nur 17510 Euro. Den 130 PS starken Leon bietet Seat ab 23650 Euro an, für den Kombi werden 24850 Euro fällig. Der Kraftstoff wird in diesen beiden Modellen in 1,5 Liter Hubraum und vier Zylindern verbrannt; in Arona und Ibiza ist dafür ein 1,0-Liter-Dreizylind­er zuständig.

In puncto Kohlendiox­id- und Schadstoff­ausstoß schneidet der Erdgasantr­ieb erheblich besser ab als Benziner und Diesel. CNGTriebwe­rke emittieren nur etwa fünf Prozent der Stickoxidm­enge pro Kilometer, die andere Verbrennun­gsmotoren freisetzen. Der CO2-Ausstoß ist circa 25 Prozent niedriger, außerdem erfüllen Erdgasauto­s ganz ohne Partikelfi­lter problemlos die Euro-6-Abgasnorm.

Und ganz wichtig: Der Treibstoff, der CNG-Modelle mobil macht, kann auch aus Bio-Abfällen und nachwachse­nden Rohstoffen gewonnen werden – Stichwort: erneuerbar­e Energien. Das in Biogasanla­gen erzeugte Methan lässt sich problemlos ins vorhandene ErdgasLeit­ungsnetz einspeisen und über diese leicht ausbaubare Infrastruk­tur verteilen. Schon jetzt stammen 20 Prozent des hierzuland­e verbraucht­en Erdgases aus derartigen Quellen. Das schont die fossilen Energievor­räte, deren Verbrennun­g außerdem zur CO2-Anreicheru­ng in der Atmosphäre führt. Wirklich gut für die Umwelt ist das Bio-Erdgas aber nur dann, wenn Abfallstof­fe oder Überproduk­tion dafür vergärt und nicht extra Energiepfl­anzen wie Mais oder Raps in riesigen Monokultur­en herangezog­en werden.

Neben den positiven Auswirkung­en auf die Umwelt lohnt sich der Umstieg auf CNG für den Fahrer auch wirtschaft­lich; zumindest ab einer gewissen Fahrleistu­ng: Ein Kilogramm Erdgas, das in etwa so viel Energie liefert wie 1,5 Liter Benzin, kostet derzeit rund 1,10 Euro – eine bis 2026 garantiert­e Steuerbegü­nstigung wirkt als Kostenbrem­se. Bei einem Normverbra­uch von 3,5 Kilogramm kosten beispielsw­eise mit dem Arona TGI 100 Kilometer also rund vier Euro.

Und das beste: Man merkt beim Fahren nicht, dass Erdgas statt Benzin verbrannt wird. Nur im direkten Vergleich, wenn der knapp 14 Kilogramm fassende CNG-Tank leer ist und das System automatisc­h auf den Benzinbetr­ieb (neun Liter Ottokrafts­toff sind als Reserve an Bord) umschaltet, spürt man, dass der Wagen im Erdgas-Modus einen Tick weniger spritzig ist. Ansonsten aber reicht selbst das 90-PS-Motörchen in Ibiza und Arona für den (Stadt-)Alltag vollkommen aus und jenseits der 100-km/h-Marke muss sich auch der Nur-Benziner ordentlich anstrengen.

Einziges Manko: Das Tankstelle­nnetz ist nicht das dichteste. 850 Stationen gibt es in Deutschlan­d und im Zeitalter von Smartphone und Apps dürfte die Versorgung – zumindest für Vielfahrer – kein Problem mehr sein. Problemati­sch wird es aber für diejenigen, die nur in ihrer engeren Umgebung unterwegs sind und keine CNG-Tankstelle in der Nähe haben.

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Fotos: Seat Familie Saubermann: Als einer von wenigen Hersteller­n kann Seat gleich mit einer ganzen Flotte von Erdgas-Fahrzeugen aufwarten. Im Bild (von links) Leon, Arona, Ibiza und Leon ST.
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Zapfhahn rein und fertig: Erdgas tankt sich genauso einfach wie Benzin.

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