Die Getriebene
Kramp-Karrenbauer trifft in Berlin auf Merz. Es geht eigentlich um die USA. Aber in diesen Zeiten ist alles auch immer Innenpolitik
Berlin Friedrich Merz bringt die Lage auf den Punkt. Es sei nicht alles durcheinander, aber „trotzdem dürfen wir uns nicht täuschen: Wir sind in einer schwierigen Phase“, sagt der CDU-Politiker am Rande der Deutsch-Amerikanischen Konferenz in Berlin. Merz meint zwar gar nicht den Zustand seiner Partei – als Vorsitzender der Atlantik-Brücke spricht er zum deutsch-amerikanischen Verhältnis –, er hätte für das Chaos bei den Christdemokraten und in der Großen Koalition aber kaum bessere Worte finden können.
Es kommt irgendwie alles zusammen in diesen hektischen Tagen im politischen Berlin, und am Mittwoch trifft es die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer, die Gastrednerin bei der Deutsch-Amerikanischen Konferenz ist und dort ihrem Herausforderer Friedrich Merz begegnet. Es ist an WDR-Intendant Tom Buhrow, den innenpolitischen Zusammenhang herzustellen. Es fühle sich „etwas komisch an“, meint Buhrow bei seiner Einführung in den Vortrag von AKK: Er komme heute aus dem Land von Armin Laschet, die Eröffnungsrede habe Friedrich Merz gehalten und nun treffe er auf Kramp-Karrenbauer. Komisch im Sinne von witzig war das nicht, allerdings brachte Buhrow mit Armin Laschet geschickt den Mann ins Spiel, der Friedrich Merz als Taktgeber innerhalb der CDU gerade abgelöst hat.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und CDU-Vize Laschet hat sich an die Spitze derer gesetzt, denen allein schon bei der Erwähnung des Konrad-AdenauerHauses vor Zorn förmlich Dampf aus der Nase entweicht. Laschet feiert in diesem Jahr Rubinhochzeit mit der deutschen Politik, er ist seit 1979 CDU-Mitglied und er kennt den Politikbetrieb wie nicht mehr viele christdemokratische Spitzenfunktionäre. Laschet ist ein freundlicher Mensch, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Düsseldorfer Staatskanzlei schwärmen von ihrem Chef. Der 58-Jährige macht sich gerade aber auch ziemliche Sorgen um seine Partei und da kann er dann unerbittlich werden.
Im Moment bekommt KrampKarrenbauer den Druck ab. Ein Beispiel: „Vor der nächsten Bundestagswahl werden sich CDU und CSU auf einen Kanzlerkandidaten einigen“, sagte Laschet der Funke Mediengruppe. Kramp-Karrenbauer habe vorgeschlagen, dass die CDU sich dieser Frage auf einem Parteitag Ende 2020 widmen solle. „Wir sollten also die Fragen klären, wenn sie anstehen, und nicht vorher“, erklärte Laschet, der sich gleichzeitig aber nicht explizit für AKK als nächste Kanzlerkandidatin aussprach. Er werbe dafür, die Personaldebatte zu beenden, sagte Laschet, wohl wissend, dass er an dieser Debatte nicht ganz unschuldig ist. Schließlich war es der Alemannia-Aachen-Fan Laschet, der mit Äußerungen über ein vorzeitiges Ende der Großen Koalition in Berlin seiner Parteivorsitzenden kürzlich in die Parade grätschte.
Kramp-Karrenbauer wirkt da wie eine Getriebene. Sie versucht, das Beste aus der Situation zu machen, vermittelt aber den Eindruck, als sei sie der ewigen internen Debatten ein wenig überdrüssig. Ihre Rede vor Transatlantikern aus Deutschland und den USA ist nicht schlecht, lässt Höhepunkte aber vermissen und bekommt kaum mehr als höflichen Beifall. Im Saal werden sofort Vergleiche zu Angela Merkel gezogen, was wiederum unfair ist, schließlich kann die Kanzlerin aus einem ganz anderen politischen Reservoir schöpfen.
Kurz nach ihrem Auftritt setzt sich Kramp-Karrenbauer in ihren Dienstwagen und fährt davon. Die Limousine hat ein Saarbrücker Kennzeichen. Es wirkt ein bisschen so, als ob die CDU-Vorsitzende wieder nach Hause fährt.