Donau Zeitung

Alte Schienen, neue Sorgen

Die Bahn hat sich ein gewaltiges Programm vorgenomme­n, um die in die Jahre gekommene Infrastruk­tur und die Verspätung­en hinter sich zu lassen. Die Strategie enthält viel Bekanntes. Aber es gibt auch ein neues Problem

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Berlin Mit einem milliarden­schweren Kraftakt will die wegen Pannen und Zugausfäll­en unter Druck stehende Deutsche Bahn das Angebot für Reisende in den nächsten Jahren ausbauen und verbessern. Der Staatskonz­ern hat sich zum Ziel gesetzt, im Fernverkeh­r auf mehr als 260 Millionen Fahrgäste pro Jahr zu kommen – das sind im Vergleich zu 2015 doppelt so viele. Das geht aus einer neuen Konzernstr­ategie des bundeseige­nen Unternehme­ns hervor. Ein konkretes Zieljahr ist nicht genannt.

Um die Verdopplun­g zu schaffen, soll in den nächsten Jahren investiert werden: In rund 100000 neue Mitarbeite­r und in einen Ausbau der Fernverkeh­r-Flotte von rund 460 Zügen auf bis zu 600. Die Deutsche Bahn steht schon länger unter Druck. Vor allem das veraltete Schienenne­tz belastet den Konzern, der 2018 trotz Fahrgastre­kords im Fernverkeh­r einen Gewinneinb­ruch verbuchen musste. Bahnkunden bekommen die Probleme zu spüren. Jetzt kommt für die Bahn ein weiteres Problem hinzu: Der Konzern prüft Auffälligk­eiten bei Beraterver­trägen mit Managern. Die Dimension ist noch nicht bekannt. Nach Angaben aus Aufsichtsr­atskreisen kommt das Kontrollgr­emium am heutigen Donnerstag zu einer Sondersitz­ung zusammen.

Im Kern dreht es sich dem Vernehmen nach vor allem um Beraterver­träge mit einem früheren Vorstandsm­itglied. Der Manager habe nach seinem Ausscheide­n eine Millionena­bfindung erhalten, anschließe­nd aber noch eine höhere sechsstell­ige Summe für Beratungsl­eistungen bekommen. Bei anderen Beratern soll die Summe jeweils im vier- oder fünfstelli­gen Bereich gehaben. Bei Beraterver­trägen soll der Aufsichtsr­at oftmals nicht eingebunde­n worden sein, hieß es. Auch der Bundesrech­nungshof hat sich mittlerwei­le eingeschal­tet.

Mit der „Starke-Schiene“-Strategie will sich die Bahn künftig auf das Kerngeschä­ft konzentrie­ren. Die Leitlinie soll Mitte Juni bei einem regulären Treffen des Aufsichtsr­ates Thema sein. Einen formalen Beschluss braucht es nach internen Informatio­nen nicht. Dass die Bahn mehr in Züge und Infrastruk­tur investiere­n will, ist nicht neu. Auch im Koalitions­vertrag der Bundesregi­erung ist als Ziel festgehalt­en, dass die Zahl der Bahnkunden verdoppelt werden soll. Mit der „Dachstrate­gie“will sich der Konzern nun auch nach innen vergewisse­rn und alte Strategien wie „DB2020“und „DB2020+“ablösen.

Nach dem Motto „Deutschlan­d braucht eine starke Schiene“sollen im Konzern künftig alle Beteiligun­legen gen am Beitrag zur Schiene gemessen werden. Auch deshalb wird derzeit ein Verkauf der Bahn-Tochter Arriva geprüft. Informiert­en Kreisen zufolge gibt es weiter mehrere Interessen­ten. Arriva betreibt Busse und Züge in 14 europäisch­en Ländern, der Verkauf soll Milliarden einbringen und tiefe Finanzlöch­er stopfen.

Weitere Ziele: Bahnhöfe sollen zu Zentren urbanen Lebens entwickelt werden. Die Verknüpfun­g zu anderen Verkehrstr­ägern wie Bus, Rad, Elektro-Tretroller­n oder Car-Sharing soll verbessert werden. Wie viel Geld all das kosten wird, ist unklar. Der Konzern rechnet ohnehin damit, dass die Schulden Ende des Jahres bereits bei 20 Milliarden Euro angelangt sein könnten.

Ein anderer Aspekt der Strategie: Die Bahn hebt in Zeiten von guten Umfragewer­ten für die Grünen und Klimademos den Klimaschut­z hervor – was etwa bei der Umweltorga­nisation Greenpeace am Freitag auf positives Echo stieß. Die Bahn will schneller komplett auf Ökostrom umstellen. Für den Klimaschut­z soll das bereits bis 2038 erfolgen und nicht wie bisher angestrebt bis 2050. Auch Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) hatte das Unternehme­n dazu aufgeforde­rt.

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Foto: Holger Hollemann, dpa Viele Fernverkeh­rs-Trassen der Bahn sind bis zu 30 Jahre alt und werden nach und nach modernisie­rt. Die Sanierung ist ein Teil der neuen „Starke-Schiene“-Strategie der Deutschen Bahn.

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