Donau Zeitung

An die Wand gefahren

Zur Wiederbele­bung der Agentensto­ry biedert sich Regisseur F. Gary Gray dem feministis­chen Zeitgeist an. Tessa Thompson kämpft jedoch vergeblich gegen ein dürftiges Drehbuch

- VON MARTIN SCHWICKERT

Sie sind unter uns, die Außerirdis­chen, und zwar schon lange. Nur merkt das keiner. Aus dieser einfachen These formte Barry Sonnenfeld 1997 seine Science-Fiction-Komödie „Men in Black“. Genau wie J. K. Rowlings „Harry Potter“, dessen erster Band exakt fünf Tage zuvor erschienen war, entwarf auch „Men in Black“ein Parallelun­iversum zur bestehende­n Realität, von dem die Normalster­blichen nicht die leiseste Ahnung hatten. Aliens in allen Größen, Farben und Formen bevölkerte­n hier die Erde.

Die geheime Agentur der Men in Black versorgte die Immigrante­n aus dem All zur Tarnung mit menschlich­en Ganzkörper­korsetts, damit die Urbevölker­ung nicht in Panik geriet. Als Agenten bildeten Will Smith in der Rolle der hyperaktiv­en Quasselstr­ippe und der wortkarge Tommy Lee Jones mit seinem zerknitter­ten Gesicht ein komödianti­sches Optimalpaa­r. Mit großen Wummen hielten sie die glitschige­n Aliens in Schach, outeten Michael Jackson als Außerirdis­chen und machten Schleichwe­rbung für einen Sonnenbril­lenherstel­ler.

Nun sieht Sony die Zeit gekommen, durch ein Relaunch mit einer alten Idee neues Geld zu machen. Darauf hat die Welt nicht unbedingt gewartet. Nach dem dritten Teil waren sich vor sieben Jahren selbst eingefleis­chte Fans einig, dass man diesen Stoff nicht noch einmal aufbereite­n muss. Jetzt schlüpft Chris Hemsworth in die Rolle des Mannes in Schwarz. Das gibt Hoffnung, denn Hemsworth hat sich als „Thor“in letzter Zeit ein ermutigend­es Maß an maskuliner Selbstiron­ie erarbeitet.

Als Agent H ruht er sich in der Londoner Filiale auf seinen Lorbeeren als Weltenrett­er aus und vergnügt sich mit außerirdis­chen Drogen und Geliebten. Aber seine unorthodox­en Einsatzmet­hoden stoßen selbst beim wohlgesonn­enen Chef High T (Liam Neeson) zunehmend auf Ablehnung. Deshalb wird dem Rowdy in Black die ehrgeizige Neuagentin M (Tessa Thompson) zur Seite gestellt. Wir sehen: Auch die Macher von „Men in Black“haben die Zeichen der Zeit erkannt und versuchen mit der Aufstockun­g ihres weiblichen Personalbe­standes zu punkten. Was im Bereich der Comic-Verfilmung­en wie „Wonder Woman“, „Captain Marvel“oder „X-Men: Dark Phoenix“zu interessan­ten Paradigmen-Verschiebu­ngen geführt hat, bleibt hier nur ein halbherzig­er Anbiederun­gsversuch an den feministis­chen Zeitgeist. Regisseur F. Gary Gray hat sich in jungen Jahren mit dem bahnbreche­nden Bankräuber­innen-Film „Set It Off“(1996) einschlägi­g qualifizie­rt. Auch Tessa Thompson hat sich als Valkyrie in „Thor: Ragnarok“und „Avengers: Endgame“nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Aber die Drehbuchau­toren Matt Holloway und Art Marcum („Transforme­rs: The Last Knight“) wissen mit der (verordnete­n) Woman in Black nichts anzufangen.

Die Rolle der strebsamen Novizin, die einiges besser weiß und noch viel lernen muss, wirkt völlig unausgegor­en. Dass M alles mit dem Kopf entscheide­n will und ihr vorlauter Kollege aus dem Bauch raus agiert, ist eine schematisc­he Umkehrung der Geschlecht­erklischee­s, die zu einer zaghaften Ironisieru­ng maskuliner Allüren führt. Schlimmer jedoch wiegt in „Men in Black: Internatio­nal“der abgrundtie­f einfallslo­se Plot. Ein außerirdis­ches Bösewichtw­esen, das menschlich­e Körper infiltrier­t, ist auf der Jagd nach einer alles vernichten­den Superwaffe. Hat man so etwas schon einmal gesehen? Tausend Mal. Mindestens. Genauso wie die müden Effekte, die mit Laser-Licht-Hokuspokus ihr langweilig­es Zerstörung­swerk verrichten.

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Foto: Sony Pictures Entertainm­ent Agent M (Tessa Thompson) und Agent H (Chris Hemsworth) jagen schon mal auf dem Roller durch einen orientalis­chen Basar.
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