Schnecken-Internet?
Wenige sind direkt am Glasfasernetz
München Was man unter „schnellem Internet“versteht, ist zumindest in der politischen Debatte Auslegungssache: Nach dem Abschluss bereits genehmigter Ausbaumaßnahmen hätten rund 99 Prozent der Haushalte in Bayern Zugang zu „schnellem Internet“, erklärt der für den Breitband-Ausbau zuständige Finanzminister Albert Füracker (CSU). Über eine Milliarde Euro Fördermittel habe der Freistaat seit 2015 dafür ausgegeben. 1780 der 2056 bayerischen Kommunen hätten von dem Programm profitiert. Auch der ländliche Raum sei im Bundesvergleich mit 86 Prozent schon heute überdurchschnittlich gut erschlossen.
Auf Nachfrage bestätigt Füracker, dass in der Sprachregelung der Bayerischen Staatsregierung „schnelles Internet“eine Übertragungsrate von 30 bis 50 Mbit/s bedeutet. Eine Definition, die in Zeiten ständig steigender Datenmengen umstritten ist: Nur „Schnecken-Internet für viele, statt Datenhighways für alle“schaffe das Förderprogramm, kritisiert etwa der Grünen-Abgeordnete Benjamin Adjei. Nicht einmal ein Viertel der in den letzten zehn Monaten über das Förderprogramm neu angeschlossenen Haushalte könne Bandbreiten über 50 Mbit/s bekommen, erklärt Adjei mit Verweis auf die Antwort des Finanzministeriums auf eine Grünen-Anfrage. Der Grund dafür sei ein Webfehler, des noch unter Finanzminister Markus Söder aufgesetzten Programms: Nur zehn Prozent der Gebäude würden mit leistungsfähigen Glasfaserkabeln angeschlossen – der Rest mit sogenannter „Vectoring-Technik“auf Kupferkabel-Basis. „Damit ist Bayern sogar im Vergleich mit Rumänien oder Ungarn Breitband-Entwicklungsland“, findet der Grünen-Politiker.
Füracker verweist dagegen darauf, „dass der Freistaat nur Glasfaser fördert“– allerdings nur bis an die Verteil-Punkte in den Kommunen. Für die letzten Meter ins Haus seien die Gemeinden zuständig. Bayernweit seien inzwischen immerhin zwölf Prozent aller Haushalte ans rund 48 000 Kilometer lange Glasfaser-Netz angeschlossen – was nach Schleswig-Holstein die beste Quote aller Flächenländer sei. Zudem werde ein neues Förderprogramm für den Ausbau der mehr als zwanzig Mal schnelleren Gigabit-Infrastruktur von der EU wohl bald genehmigt.