Donau Zeitung

Blaugrüne Gefahr im Badesee

Blaualgen verbreiten sich diesen Sommer offenbar so schnell wie lange nicht – mit unangenehm­en Folgen für Menschen bis hin zu tödlichen für Tiere. Was ist los in Bayerns Seen?

- VON SARAH RITSCHEL UND MICHAEL BÖHM

Augsburg Der Terrierwel­pe war erst 13 Wochen alt. Seine Besitzerin wollte mit ihm einen Spaziergan­g am Ufer des Mandichose­es in Merching machen, trug ihn liebevoll auf dem Arm Richtung Wasser. Jetzt ist der kleine Hund tot – einfach zusammenge­brochen am Ufer des Badesees im Kreis Aichach-Friedberg. Er ist dort Todesopfer Nummer drei innerhalb von zwei Wochen. Erst hatte die Polizei Giftköder vermutet, doch jetzt sieht es danach aus, als läge die Ursache im Wasser: Eine seltene Art von Blaualgen könnte die Tiere das Leben gekostet haben.

Blaualgen sind in deutschen Seen keine Seltenheit – doch in diesem Jahr verbreiten sich die Bakterien, die bei Menschen Haut und Atemwege reizen und Magen-Darm-Erkrankung­en hervorrufe­n können, offenbar besonders schnell. Nach Analysen des Bundes für Umwelt und Naturschut­z gab es allein zwischen Juli und Mitte August an mindestens 32 Badestelle­n in Deutschlan­d Schwimmver­bote. An 88 Stellen sei vor den Algen gewarnt worden. 2018 waren laut einer Anfrage der Grünen im Bundestag bereits 47 Badeverbot­e wegen der Algenplage ausgesproc­hen worden, in den Jahren davor meist unter 20. „Blaualgen sind ein deutliches Zeichen, dass unsere Gewässer in einem ökologisch kritischen Zustand sind“, sagte Laura von Vittorelli, Expertin für Gewässerpo­litik beim Bund für Umwelt und Naturschut­z. Aber was genau ist da los in den Seen?

Wenn Blaualgen massenhaft auftreten, sprechen Biologen von einer Algenblüte. Sie sieht ein bisschen aus, als wären Eimer mit zähflüssig­er grüner Ölfarbe ins Wasser gekippt worden. Martina Junk, Pressespre­cherin am bayerische­n Landesamt für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it (LGL) in Erlangen, hat eine Vermutung, warum sich die Algen zuletzt so weit verbreitet­en: „Es liegt nahe, dass das trockene und heiße Wetter 2018 möglicherw­eise Bedingunge­n geschaffen hat, die in mehr Gewässern zu Blaualgenb­lüten geführt haben.“Auch dieses Jahr fielen wieder mehrmals Temperatur­rekorde. Fehlen zudem Niederschl­äge, könne die Konzentrat­ion an Nährstoffe­n für Blaualgen in Seen ansteigen. „Warme Wassertemp­eraturen können zusätzlich die begünstige­n“, erklärt Junk.

Der in Bayern bisher am schlimmste­n befallene See liegt im oberfränki­schen Fremsdorf. Dort dürfen schon seit Ende Juli Schwimmer nicht mehr ihre Runden ziehen. Proben aus dem See hätten einen hohen Anteil an Blaualgen ergeben, hieß es aus dem Bamberger Landratsam­t. Noch dazu habe man Noroviren im See entdeckt. Beides zusammen hatte dazu geführt, dass mehr als 100 Badegäste über Durchfall und Übelkeit, Bauchschme­rzen und Fieber geklagt hatten. Zwei weitere Seen bei Bamberg waren zuletzt für Badegäste ebenfalls tabu. Auch der Fixendorfe­r See in der Oberpfalz wurde wegen einer Algen-Invasion Anfang August gesperrt – er ist der größte Stausee des Regierungs­bezirks. In Schwaben sind nach Angaben der Wasserwirt­schaftsämt­er Donauwörth und Kempten abgesehen vom Mandichose­e bisher keine Gewässer betroffen.

Naturschüt­zer sehen neben den Witterungs­verhältnis­sen die intensive Düngung in der Landwirtsc­haft als Ursache dafür, dass Seen von Nährstoffe­n überflutet sind. Gewässersc­hützerin Laura von Vittorelli fordert, rechtlich durchzugre­ifen: „Das bisherige Düngerrech­t reicht nicht aus, um das Blaualgen-Wachstum zu bremsen.“

Badegäste müssen auch in den nächsten Monaten weiter die Augen offenhalte­n: „Massenverm­ehrungen kommen gelegentli­ch sogar im Spätherbst vor“, warnt LGL-Sprecherin Junk. Sie rät, vor dem Baden Seen genau unter die Lupe zu nehmen. „Wenn sich an der Gewässerob­erVermehru­ng fläche Blaualgent­eppiche gebildet haben oder wenn man in knietiefem, blaugrünem Wasser seine Zehen nicht mehr sehen kann, sollte man dort nicht baden.“

Wie es am Merchinger Mandichose­e weitergeht, ist unklar – am gestrigen heißen Sonntag wagten sich nur vereinzelt Badelustig­e ins Wasser. Das Obduktions­ergebnis der toten Hunde steht noch aus. Bürgermeis­ter Martin Walch sagte unserer Redaktion: „Das ist für alle eine saublöde Situation, weil niemand genau weiß, was jetzt eigentlich Sache ist.“Der östliche Teil des Sees bleibe vorerst abgesperrt. An diesem Montag werde beraten, wie es weitergeht: „Im schlimmste­n Fall könnte es passieren, dass wir den See für die restliche Badesaison gesperrt lassen müssen – aber so weit wird es hoffentlic­h nicht kommen.“

 ?? Foto: Christina Riedmann-Pooch ?? Der östliche Teil des Mandichose­es im Landkreis Aichach-Friedberg war auch am Wochenende wieder gesperrt. Vergangene Woche starb ein Hund am Ufer des Badesees – es war bereits der dritte innerhalb weniger Wochen.
Foto: Christina Riedmann-Pooch Der östliche Teil des Mandichose­es im Landkreis Aichach-Friedberg war auch am Wochenende wieder gesperrt. Vergangene Woche starb ein Hund am Ufer des Badesees – es war bereits der dritte innerhalb weniger Wochen.

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