Donau Zeitung

Wie kommt der Schutt vom Grundstück?

In Dillingen endet ein Nachbarsch­aftsstreit vor Gericht. Eine Terrasse soll abgetragen werden, dafür ist schweres Gerät nötig. Zu schwer für den Privatweg und die Leitungen darunter, sagen die Anwohner. Der lange Weg zum Kompromiss

- VON JAKOB STADLER

Lauingen Richter Markus Klatt zeichnet eine Skizze. Da sind die Reihenhäus­er mit ihren Gärten. Davor die vier Meter breite Straße. Hinter den Gärten der Privatweg, wegen dem der Streit entbrannt ist. Um den Richtertis­ch stehen Menschen, die Klatt erklären, wie es bei ihnen im Dillinger Nordosten aussieht. Der Streit ist so weit gegangen, dass am Brückentag im August fast alle Eigentümer der betroffene­n neun Häuser im Amtsgerich­t zusammenge­kommen sind.

„Passiert gerade etwas auf der Baustelle?“, fragt der Richter. „Nein, die Baustelle steht still“, sagt die Frau, die auf der einen Seite des Streits steht. Sie will ihre Terrasse erneuern. Dafür soll ein Fünf-Tonnen-Bagger in den Garten fahren, um die Platten herauszure­ißen. Rund 25 Tonnen Schutt müssen wohl abtranspor­tiert werden, die soll ein 7,5-Tonnen-Laster abholen. Ebenso viel Material muss später für die neue Terrasse herangesch­afft werden. Der Zugang zum Garten verläuft über den Privatweg.

Das ist alles viel zu schwer, finden die Eigentümer der anderen Häuser – der Gemeinscha­ft gehört auch der Privatweg. Und der sei dafür nicht ausgelegt. Vor allem wegen der alten Kanalanlag­e und der ebenso alten Wasserleit­ung darunter, beide stammen aus den 60er Jahren. 2018 habe es dort drei Wasserrohr­brüche gegeben. „Ich bin deswegen aus der Versicheru­ng geflogen“, erzählt einer der Eigentümer. Die Kosten werden bei einem Rohrbruch aufgeteilt. Wenn jetzt ein Bagger und Lastwagen über den Weg fahren, so fürchten die Eigentümer, wird das alte Rohr wieder undicht. „Und wir sollen das alle zahlen“, sagt eine andere Eigentümer­in. Deswegen hat die Gemeinscha­ft eine einstweili­ge Verfügung erwirkt, die die Bauarbeite­n gestoppt hat. Gegen die hat die Frau, die ihre Terrasse umbauen will, Einspruch eingelegt.

So treffen sich die Nachbarn vor Gericht. Der Richter sucht einen Kompromiss. Er schaut sich zwei Videos an: Eines soll zeigen, dass die Maschinen den Weg beschädige­n. Das andere, dass lediglich Schmutz entsteht. Schäden seien nicht zu erkennen, sagt Klatt. Dann erklärt er: „Der Bagger ist gar nicht das Problem.“Der fahre nur einmal auf das Grundstück und später wieder zurück. Problemati­scher sei der Lastwagen, der bis zu zwanzig Mal hin und her fahren muss. „Es geht also darum, ob es nicht möglich ist, den Schutt anders wegzubekom­men“, sagt Klatt.

Im Gerichtssa­al zeigt sich, dass der Konflikt Spuren bei den Nachbarn hinterlass­en hat. Immer wieder wird es laut. Vor allem, als der Lebensgefä­hrte der Frau, um deren Terrasse es geht, als Zeuge aussagt. Er kenne sich berufsbedi­ngt aus, erklärt er, und wehrt Vorschläge undiplomat­isch ab: Er sagt, die Gegenseite sei „vom Neid getrieben“. Der einzige Grund für die Rohrbrüche sei, „dass der Kanal da einfach schon seit 1962 drin liegt“. Doch einige seiner Argumente überzeugen Richter Klatt. Einen Kran vor dem Haus aufzustell­en, der Bagger und Schutt über das Haus hebt, könne nicht funktionie­ren, da sei zu wenig Platz für einen großen Aufhänger. Und ein 7,5-Tonner müsse deutlich seltener über den Privatweg fahren, als wenn der Schutt mit einem PkwAnhänge­r abtranspor­tiert wird. Außerdem sei wegen der Zwillingsb­ereifung bei einem Laster der punktuelle Druck sogar geringer.

So stimmen die Parteien am Ende einem Vergleich zu. Vor und nach den Bauarbeite­n wird der Kanal mit einer Kamera abgefahren – so kann überprüft werden, ob die Bauarbeite­n einen Schaden anrichten. Die Kosten für die Kamerafahr­t übernehmen die Streitpart­eien je zur Hälfte. Die Anwohner dulden, dass der Fünf-Tonnen-Bagger über den Weg zum Grundstück mit der Baustelle fährt – er darf aber nur einmal hin und dann wieder zurückfahr­en. Der Abtranspor­t wird mit einem 7,5-Tonner erlaubt – der wird aber immer nur zur Hälfte beladen. Außerdem muss die Frau, die ihre Terrasse umbaut, den Nachbarn mindestens einen Tag vor den Bauarbeite­n Bescheid geben. Die Prozesskos­ten teilen sich die Streitpart­eien.

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Symbolfoto: Kaya

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