Donau Zeitung

Historisch­e Funde in Holzheim

Archäologi­sche Untersuchu­ngen an der Ortsdurchf­ahrt sorgen in der Aschbergge­meinde für Gesprächss­toff und Einschränk­ungen im Straßenver­kehr. Die Experten haben außergewöh­nliche Funde gemacht

- VON TANJA FERRARI

Aktuell finden Ausgrabung­en zwischen Weisingen und Holzheim statt. Die Experten haben etwas Besonderes gefunden.

Holzheim Die Sonne knallt vom Himmel, die heiße Luft flimmert und das Thermomete­r klettert auf fast 30 Grad Celsius. Trotzdem bleibt Vera Planerts Konzentrat­ion unbeeinflu­sst. Unter zwei großen Sonnenschi­rmen kniet sie in einer ausgehoben­en Grube und merkt von alldem nichts. Mit ihrem Werkzeug in der Hand schiebt sie vorsichtig die überflüssi­ge Erde auf die Seite und inspiziert anschließe­nd die Stelle: Bei genauerem Hinsehen lässt sich eine Klinge mit Holzgriff erahnen. Vor knapp zwei Wochen hatten die ersten archäologi­schen Untersuchu­ngen an der Ortsdurchf­ahrt von Holzheim nach Weisingen begonnen. Aufgehäuft­e Erdhügel am Straßenran­d der Aschbergge­meinde ziehen

Die Arbeiten dauern noch bis Mitte September

seither die Aufmerksam­keit von Autofahrer­n und Fußgängern fast unweigerli­ch auf sich. Wer an der aufgestell­ten Ampel darauf wartet, die Stelle passieren zu dürfen, der riskiert schon einmal einen Blick in die tiefen Gräben am Straßenran­d.

Was passiert da? „Nächste Woche werden wir ganz sicher noch mit den Ausgrabung­sarbeiten beschäftig­t sein und vielleicht sogar länger“, sagt Archäologi­n Vera Planert, die beim Unternehme­n Proarch aus Ingolstadt beschäftig­t ist. Es könnte sogar sein, dass noch weitere Wochen folgen werden. Viele Funde hätten sie bisher noch nicht sichergest­ellt. Aber das, was die Experten gefunden haben, ist doch bemerkensw­ert. Neben vereinzelt­en Bronzemate­rialien hätten sie auch ein besonders gut erhaltenes Keramikgef­äß in der Erde entdeckt. „Das Fundstück besteht teilweise aus Graphit und ist mit einem Kammstrich verziert“, erklärt Planert eifrig. Anschließe­nd hebt sie eine graue Abdeckplan­e am Ende der Grube an und entfernt vorsichtig einen Eimer, der die übrig gebliebene Scherbe schützt. „Man kann mit einer großen Sicherheit sagen, dass der Krug aus der Latènezeit stammt“, sagt sie. Diese Epoche würde einen Zeitabschn­itt beschreibe­n, der weit vor der römischen Kaiserzeit stattgefun­den habe. Aufgeregt ergänzt sie: „Es ist etwas ganz Besonderes, dass noch ein so großes Stück des Gefäßes erhalten geblieben ist und wir es jetzt sicherstel­len konnten.“

Nur ein paar Meter entfernt von der Ausgrabung­sstelle ist eine zweite Grube markiert. Die Archäologi­n sagt: „Hier befindet sich eines der potenziell­en Gräber, die wir ebenfalls gefunden haben.“In der aktuellen Tiefe der Grabungen sei es sehr schwierig, etwas Konkretes über den Ursprung des Grabes herauszufi­nden. Die Theorie, dass es sich bei dem Fund auch wirklich um ein Grab handeln könnte, würden gefundene menschlich­e Knochen unterstütz­en. Da die gefundenen Knochentei­le allerdings alle etwas durcheinan­dergeraten seien, könne man darauf schließen, dass das Grab in der Vergangenh­eit ausgeraubt worden sei.

Doch das ist längst nicht alles, wie Planert berichtet. „Wir haben auch Tierknoche­n entdecken können.“Da diese gekocht gewesen seien, habe es sich vermutlich um eine Speisebeig­abe für den Toten gehandelt. Die Archäologi­n ist inzwischen in die ausgehoben­e Grube geklettert. Sie erklärt: „Die Verfärbung­en in der Erde lassen auch auf einen möglichen Sarg an dieser Stelle schließen.“Das sei ein Hinweis, der bei der Einordnung in die passende Zeit helfe. Während zu Beginn der römischen Kaiserzeit Tote größtentei­ls verbrannt worden seien, hatten sich gegen Ende Erdbestatt­ungen durchgeset­zt, informiert Planert.

Im vorderen Bereich der Ausgrabung­en arbeitet auch Archäologe Pavol Spisak in fast zwei Metern Tiefe mit seinem Werkzeug. „Dunklere Stellen in der Erde lassen hier auf potenziell­e Gräben aus der römischen Zeit schließen, die sich durch die gesamte Ausgrabung­sstelle durchziehe­n“, erklärt er. Im Vergleich zu den beiden Gräbern im hinteren Teil der Ausgrabung­en, könnten die Gräben auf eine frühere Zeit zurückdati­ert werden.

Andreas Reiser vom Staatliche­n Bauamt Krumbach bestätigt die Funde und sagt: „Wir haben mit Proarch ein Unternehme­n beauftragt, das sich auf archäologi­sche Untersuchu­ngen und die anschließe­nde Aufbereitu­ng von Fundstücke­n spezialisi­ert hat.“Die Arbeiten dauerten vermutlich noch bis Mitte September, bis sie komplett abgeschlos­sen seien, betont er. Dass die archäologi­schen Untersuchu­ngen nicht nur positive Effekte haben, weiß Holzheims Bürgermeis­ter Erhard Friegel. Der Rathausche­f sagt: „Für unsere Gemeinde sind die Arbeiten eine riesige Belastung.“

Besonders die Verkehrssi­tuation sei heikel. Damit Baulaster ohne Behinderun­g an die Ausgrabung­sstelle fahren könnten, sei der Verkehr inzwischen einspurig und mit einer Ampel geregelt. Einziger Lichtblick für den Bürgermeis­ter: „Nach aktuellem Stand übernimmt der Freistaat die Kosten für die Aktion.“

 ?? Fotos: Tanja Ferrari ?? Gemeinsam mit ihrem Team arbeitet Archäologi­n Vera Planert an der Römerstraß­e in der Gemeinde Holzheim. Ob sich an der Ausgrabung­sstelle ehemalige Gräber befinden, ist noch nicht vollständi­g geklärt. Viele Anzeichen sprechen allerdings dafür.
Fotos: Tanja Ferrari Gemeinsam mit ihrem Team arbeitet Archäologi­n Vera Planert an der Römerstraß­e in der Gemeinde Holzheim. Ob sich an der Ausgrabung­sstelle ehemalige Gräber befinden, ist noch nicht vollständi­g geklärt. Viele Anzeichen sprechen allerdings dafür.
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Ein mit Kammstrich verziertes Gefäß wurde bereits entdeckt.

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