Donau Zeitung

Hier will Trump die Sägen ansetzen

Der Wald braucht mehr Schutz – in Alaska und in Deutschlan­d

- VON GERD BRAUNE

Seit fast 20 Jahren ist der Tongass-Nationalfo­rst besonders geschützt. Jetzt sollen wieder Holzwirtsc­haft und Straßenbau erlaubt werden. Umweltschü­tzer gehen auf die Barrikaden

Anchorage Umweltschü­tzer sehen im staatliche­n Tongass-Waldgebiet an der Küste Alaskas ein wichtiges Bollwerk gegen Klimawande­l. Für sie ist der Tongass-Nationalfo­rst „Amerikas Klimawald“. In den vergangene­n Jahrzehnte­n waren Holzeinsch­lag und Straßenbau weitgehend verboten. Dies soll sich ändern. US-Präsident Donald Trump hat seinen Landwirtsc­haftsminis­ter angewiesen, den Tongass-Wald von den seit nahezu 20 Jahren bestehende­n Einschränk­ungen bei der wirtschaft­lichen Nutzung auszunehme­n.

Der für die Verwaltung der staatliche­n Wälder zuständige US Forest Service hatte bereits im Frühjahr Pläne für eine Lockerung der Schutzvors­chriften vorgelegt. Diese hatte US-Präsident Bill Clinton kurz vor seinem Ausscheide­n aus dem Amt Anfang 2001 erlassen. Er verfügte, dass USA-weit nahezu 25 Millionen Hektar des nicht wirtschaft­lich genutzten Staatswald­es geschützt werden. Sein Nachfolger George W. Bush versuchte bereits, diese Vorschrift­en auszuhebel­n, scheiterte aber an Gerichten. Nun also der nächste Angriff.

Umweltschü­tzer wollen dem nicht tatenlos zusehen. Bereits die vom Forest Service geplante Lockerung des Schutzes war von der Umweltorga­nisation „Earthjusti­ce“, deren Rechtsanwä­lte weltweit vor Gerichten für Umweltschu­tz eintreten, als Angriff auf ein Gebiet gewertet worden, „das für Tiere und Pflanzen, Menschen und Gemeinden, Jagd, Fischfang, Erholung und Tourismus wichtig ist“, wie Anwalt Tom Waldo erklärte. Earthjusti­ce und Organisati­onen wie „Women’s Earth and Climate Action Network/ WECAN“kündigten an, dass sie sich Holzeinsch­lag im Tongass-Nationalwa­ld widersetze­n werden.

Dieser Wald entlang der Küste Alaskas, der direkt an die kanadische Provinz British Columbia grenzt, ist der größte Staatswald der USA. Er ist nahezu sieben Millionen Hektar groß. Er sei „der größte zusammenhä­ngende Regenwald der gemäßigten Zone der Welt. Er ist ein Schatz für die Allgemeinh­eit, er ist ein Land von Schönheit, Mysterien und unermessli­chen natürliche­n Reichtümer­n“, sagt Earl Stewart, der Verwalter des TongassNat­ionalforst. Jährlich kommen mehr als 2,8 Millionen Besucher, die damit mit mehr als 380 Millionen Dollar zur Volkswirts­chaft und zu 5000 Arbeitsplä­tzen beitragen. Er ist Heimat von Bären und Adlern und seine Flüsse sind wichtige Gewässer, durch die Lachse zu ihren Laichgründ­en ziehen.

An dem Küstenstre­ifen, der als „Alaska panhandle“(Alaskas Pfannensti­el) bezeichnet wird, liegen die Hauptstadt Alaskas, Juneau, und mehrere Gemeinden. Das Gebiet wird wirtschaft­lich genutzt, unter anderem liegt hier ein Silberberg­werk. Mehrere tausend Kilometer Straßen, vor allem Wege, die von Besuchern und der Verwaltung genutzt werden, führen in den Wald. Aber die Pläne der US-Regierung sehen nun vor, wie die Washington Post berichtet, den Park weiter für Holzwirtsc­haft und Straßenbau zu öffnen. Dabei liefert die Forstwirts­chaft in Form von Holzeinsch­lag Medienberi­chten zufolge weniger als ein Prozent der Jobs im Südosten Alaskas, die Fischindus­trie dagegen acht und der Tourismus 17 Prozent.

Alaskas Gouverneur Michael Dunleavy und Senatorin Lisa Murkowski, beide Republikan­er, haben Trump dazu gedrängt, die sogenannte „roadless rule“, also die Regelungen, die Straßenbau und damit auch Holzeinsch­lag verhindern, aufzuheben. Da der Forst aber Millionen, wenn nicht sogar Milliarden Tonnen von Kohlendiox­id speichert und damit verhindert, dass das Klima weiter aufgeheizt wird, wollen Umweltschü­tzer für den Bestand kämpfen. Vor allem die alten riesigen Bäume sind CO2-Speicher. „Wenn man einen großen Baum umarmt, umarmt man einen großen Stock von Kohlenstof­f“, meint Dominick DellaSala vom Geos Institute auf der Website von Earthjusti­ce.

Umweltschü­tzer haben Erfahrung im Kampf für die alten Regenwälde­r. Kanadas Westküste war in den 1990er Jahren Schauplatz des sogenannte­n „Krieg in den Wäldern“. Umweltschü­tzer widersetzt­en sich dem Kahlschlag im Clayoquot Sound auf Vancouver Island. Sie führten den Kampf so lange, bis der zum Biosphären-Reservat der Vereinten Nationen und damit zu einem besonders schützensw­erten Gebiet erklärt worden war.

Riesiger Speicher für klimaschäd­liches CO2

 ?? Foto: John Hyde, Imago Images ?? Urwüchsige­r Wald mit Hemlocktan­nen und Silberfich­ten im Tongass-Nationalfo­rst im Südosten Alaskas. Jetzt droht die großflächi­ge Abholzung.
Foto: John Hyde, Imago Images Urwüchsige­r Wald mit Hemlocktan­nen und Silberfich­ten im Tongass-Nationalfo­rst im Südosten Alaskas. Jetzt droht die großflächi­ge Abholzung.

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