Donau Zeitung

Wälder und Felder trocknen aus

Ministerin Klöckner spricht über Tanne, Birke und die Ernte-Bilanz

- VON MICHELLE CHRISTIN LIST UND STEFAN LANGE

Berlin Birken mit gelben Blättern. Buchen, die austrockne­n. Und das im August. Der Klimawande­l hat den Wald mit voller Wucht erfasst, schlägt Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Julia Klöckner Alarm. „Wir haben eine Zäsur draußen im Wald. Und jeder, der Augen und Ohren hat, der sieht das“, sagt die CDUPolitik­erin und hat deshalb für den 25. September zu einem Wald-Gipfel eingeladen. Das Thema ist komplizier­t, es gibt verschiede­ne Interessen. Am Donnerstag hatte Klöckner deshalb schon mal einige Fachleute eingeladen.

Die Ministerin mahnt schon seit Monaten Hilfen für die rund elf Millionen Hektar Wald in Deutschlan­d an. Während ihre Rufe zu Anfang noch vielerorts verhallten, setzt sich nun die Einsicht durch, dass es ohne Hilfen nicht mehr geht. Die von Klöckner vorgestell­ten Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Durch Waldbrände allein ging Forstfläch­e verloren, die der Größe von 3300 Fußballfel­dern entspricht. Hinzu kommen die Stürme der letzten Zeit und natürlich die Trockenhei­t. Insgesamt gingen Deutschlan­d so 110000 Hektar Wald verloren. Damit sind nicht nur wirtschaft­liche Verluste verbunden. In Gefahr ist „ein Mitkämpfer beim Klimaschut­z“, beklagt die Ministerin.

Tausende solcher „Mitkämpfer“müssen gepflanzt werden. Genügend Setzlinge gibt es, wurde bei dem Treffen im Ministeriu­m geklärt. Das Problem ist eher, dass die jungen Pflanzen wieder verdorren. Und es gibt den Experten zufolge ein zweites Manko: In den deutschen Wäldern liegt sehr viel Schadholz herum, das erst einmal abtranspor­tiert werden muss. Die Arbeit ist mühsam, vor allem ist sie derzeit wenig lukrativ. Denn die Preise für Schadholz sind im Keller.

Gleichwohl: „Der Baum, den wir heute nicht pflanzen, der wird den kommenden Generation­en fehlen“, sagt Klöckner, die für einen „Waldumbau“plädiert. Dabei geht es beispielsw­eise darum, herkömmlic­he Arten mit neuen Sorten zu kombiniere­n. Mit Bäumen also, die sich dem Klima besser anpassen.

Beim Wald-Gipfel will die Politik dann weiter mit den Praktikern reden. Mit Andreas Bolte, dem Leiter des Instituts für Waldökosys­teme in Eberswalde, war solch ein Praktiker bei dem Treffen am Donnerstag schon dabei. „Der Wald wird nicht sterben. Aber der Wald wird sich verändern“, sagt Bolte. Wer dabei nur zuschaue, riskiere ein ungewisses Ende. Die Alternativ­e sei, zu versuchen, auf die Entwicklun­g Einfluss zu nehmen.

Bolte hat eine „aktive Wiederbewa­ldung“im Sinn. Zu der gehören eine Kombinatio­n aus Naturverjü­ngung und die Anpflanzun­g neuer Arten sowie ein „adaptives Waldmanage­ment“. Anpflanzun­gen müssten viel öfter auf ihre Wirksamkei­t hin überprüft werden.

Der Klimawande­l hat auch gravierend­e Auswirkung­en auf die Ernte. „Die Erträge sind erfreulich­erweise besser als im Vorjahr“, sagt die Ministerin und ergänzt: „Alles andere wäre aber auch schwierig. Denn das vergangene Jahr war ein Katastroph­enjahr.“

Die Ernte bei Getreide und Raps fällt im Vergleich zum Fünf-JahresSchn­itt von 2013 bis 2018 aber unterdurch­schnittlic­h aus. Während Getreide (einschließ­lich Körnermais) mit knapp 45 Millionen Tonnen immerhin 18 Prozent mehr als im Vorjahr hergibt, hat es den Raps besonders hart erwischt: knapp drei Millionen Tonnen und somit fast 22 Prozent weniger als im vorangegan­genen „Katastroph­enjahr.“

Das stellt vielerorts Betriebe mit Viehhaltun­g vor große Probleme beim Grundfutte­r. Die Rapsanbauf­läche war 2019 die kleinste seit 1996. „Die Niederschl­äge reichten nicht aus, um die Wasserdefi­zite des Vorjahres auszugleic­hen. Landwirte müssen sich verstärkt auf den Klimawande­l einstellen“, sagt Klöckner. Hierzu möchte sie noch in diesem Jahr eine nationale Ackerbaust­rategie vorstellen. Dürrehilfe­n wird es in diesem Jahr aber keine geben: „Da entscheide­n wir nicht nach Intuition, sondern nach Daten und Fakten.“

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Julia Klöckner

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