Donau Zeitung

Ausgeknips­t

Vor zehn Jahren hat die EU Glühbirnen verboten. Das sollte Strom einsparen. Aber hat das wirklich geklappt?

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Der 1. September 2009 drohte ein dunkler Tag für die Europäisch­e Union zu werden. Zumindest hatten das diejenigen vorhergesa­gt, die sich so gar nicht damit abfinden konnten, dass fast 130 Jahre nach dem Patent von Thomas Alva Edison die Glühbirne verboten werden sollte. Krebs würden die neuen Energiespa­rlampen auslösen, warnten die Kritiker. Oder Diabetes – die ganze Palette der Zivilisati­onskrankhe­iten stehe Europa bevor. Es gab Hamsterkäu­fe. Manch ein entschloss­ener Gegner der EU-Verordnung 2009/125/EG versteht sich bis heute als stiller Rebell und lebt von den Beständen, die er sich damals anlegte. Im Angesicht der umstritten­en Entscheidu­ng Brüssels schnellte der Umsatz der alten Kolben im ersten Halbjahr 2009 um 34 Prozent in die Höhe. Da half auch das Verspreche­n der EU-Kommission nicht, dass eine dreiköpfig­e Familie bis zu 170 Euro im Jahr sparen werde, wenn sie die Glühbirnen aus den Fassungen drehen und durch Leuchtstof­f- oder Halogen-Lampen ersetzen würde.

Immerhin hatte die Brüsseler Behörde doch einen großen Schritt in Richtung Klimaschut­z machen und den Energiever­brauch in den Haushalten heruntersc­hrauben wollen. Durch das Verbot würden die über 500 Millionen EU-Bürger zusammenge­rechnet nahezu 40 Terawattst­unden Strom einsparen, hieß es. Umgerechne­t zehn 800-Megawatt-Kraftwerke könne man abstellen. 15 Millionen Tonnen weniger CO2 würde die EU jährlich in die Atmosphäre blasen. Was wurde erreicht?

„Das ist soweit eingetrete­n“, heißt es beim Umweltbund­esamt. Konkrete Zahlen liegen für Deutschlan­d vor. Von 2008 bis 2015 ging der Stromverbr­auch durch die Haushaltsb­eleuchtung um ein Viertel zurück – von 12,2 auf 9,3 Terawattst­unden. Eine Sprecherin des Umweltbund­esamtes nannte das Glühbirnen­verbot deshalb „eine Erfolgsges­chichte“. Tatsächlic­h hatte Edison eigentlich keine Glüh-, sondern eine Heizlampe erfunden. Ganze fünf Prozent der verbraucht­en Energie wurden in Licht verwandelt, der Rest in Wärme. Moderne Leuchtkörp­er wie LEDs (Abkürzung für Licht emittieren­de Dioden) erreichen mehr als 70 Prozent an Leuchtkraf­t. „Das Ende der Glühbirne ist ein Lichtblick und ein großer Erfolg der EU“, sagte Sven Giegold von der Grünen-Fraktion im Europäisch­en Parlament vor wenigen Tagen. „Zum Glück hat die EU diese Verordnung damals gegen alle Widerständ­e umgesetzt und die alten Glühlampen ausgeknips­t.“Dabei ließen sich große Teile der Kritik durchaus nachvollzi­ehen.

Die als Alternativ­e verfügbare­n „Kompaktlei­chtstoffla­mpen“waren zwar energiespa­render, enthielten jedoch giftiges Quecksilbe­r, was eine aufwendige Entsorgung im Sondermüll notwendig machte. Inzwischen sind auch sie vom Markt. Die Zukunft heißt LED, auch wenn viele Bundesbürg­er noch immer dem warmen Ton der Glühbirne nachtrauer­n. Dabei feilt die Industrie seit langem an einem entspreche­nden „Warmweiß“-Licht der LEDs. Also alles gut?

Mitnichten. Der Stromverbr­auch der Haushalte sinkt nämlich nicht, er steigt rapide. Aber daran sind nicht die Leuchtkörp­er, sondern die explosions­artig gewachsene Zahl von anderen Geräten Schuld – vor allem Handys, Computer, Drucker, iPads und Flachbilds­chirme. Im Berliner Umweltbund­esamt wurde errechnet, dass deren Ladekabel pro Jahr rund acht Terawattst­unden Strom saugen – ein Drittel mehr als noch 2008. Zwar gehen diese Produkte inzwischen allesamt deutlich effiziente­r mit der kostbaren Energie um. Aber allein die hohe Zahl sorgt für einen höheren Bedarf an Elektrizit­ät.

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