So klappt es mit dem Kindergarten
Egal ob in die Kita oder in den Kindergarten, wenn die Kleinen zum ersten Mal ihren Tag anderswo verbringen sollen, ist das für viele schwer. So klappt die Eingewöhnung
München Ist die Wunschkita gefunden und der Platz sicher, steht für das Kind oft die erste große Veränderung an: Es muss sich an die Kita gewöhnen. Wegen der werden viele Kinder mit zwölf bis 14 Monaten in die Kita gebracht, sagt Fabienne Becker-Stoll, Direktorin des Staatsinstituts für Frühpädagogik (IFP) in München. „Entwicklungspsychologisch braucht ein Kind in dem Alter noch keine Krippe“, erklärt die Professorin. Wichtig sei daher, dass die Eingewöhnung vor allem das Ziel hat, dass das Kind in der Bezugserzieherin eine Ersatzbindungsperson für die Zeit in der Krippe findet. „Sie sollte für das Kind ein sicherer Hafen sein, von wo es wieder loslegen und seinen Radius erweitern kann.“
Damit das gelingt, können Eltern schon im Vorfeld mit dem Kind in der Kita vorbeischauen. „In guten Einrichtungen gibt es Kennenlernoder Schnuppernachmittage“, sagt Becker-Stoll. Für die eigentliche Eingewöhnungszeit sollten sich die Eltern vier bis sechs Wochen Zeit nehmen, rät sie. Sinnvoll ist, wenn nur ein Elternteil das Kind eingewöhnt. „Das sollten nicht Mama und Papa im Wechsel machen. Das kann in Ausnahmefällen auch die Oma oder die Tagesmutter sein, aber es sollte eine Bindungsperson machen.“
In der Regel läuft die erste Eingewöhnungsphase so ab, dass Mutter oder Vater einige Tage mit dem Kind gemeinsam in der Kita sind. Da sein, ohne dominant zu sein, lautet eine wichtige Regel für die Eltern, sagt Carola Kammerlander. Sie ist pädagogische Geschäftsführerin des Trägernetzwerks Konzepte in Stuttgart, das über 40 Kitas betreut. „Es ist wirklich wichtig, dass sie sich zurücknehmen. Nicht, dass sie ihr Kind immer wegschicken, wenn es zu ihnen kommt, aber dass sie sich eher passiv verhalten“, erklärt die Pädagogin. Sitzt das Kind anfangs nur bei Mama, ist das okay. „Manche Kinder wollen erst mal bei ihrer Mutter auf dem Schoß sitzen und beobachten. Da würde ich ein Kind auch nicht drängen.“Manch ein Kind lässt sich gleich von der Erzieherin und den anderen Kindern mitreißen, ein anderes wieder nicht. „Aber alle Kinder gucken, ob die Mama da sitzen bleibt, auch die Draufgänger“, berichtet BeckerStoll. „Da ist ganz wichtig, dass die Mama in Sichtweite ist und bleibt.“
Etwa am vierten Tag kann es einen ersten kurzen Trennungsversuch von 10 bis 30 Minuten geben, erklärt Kammerlander. Wichtig sei, dass sich die Eltern aber vorher verabschieden. Auf keinen Fall sollten Mama oder Papa den günstigen Moment nutzen, wenn das Kind gerade so schön ins Spiel vertieft ist, und sich heimlich davonstehlen. „Das Kind vertraut darauf: Die Mama ist da, wenn ich sie brauche. Wenn sich die Mama jetzt rausstehlen würde, geht diese vertraute Basis verloren“, erklärt auch Becker-Stoll. „In dem Abschied ist schon die Zuversicht da: Die Mama kommt wieder. Abschied und Wiederkehr gehören zusammen.“Mutter oder Vater bleiben danach in der Nähe – sollte sich das Kind nicht trösten lassen, können sie schnell geholt werden. Wenn ein Kind sehr weint, völlig außer sich ist und sich nicht beruhigen lässt, sei klar: „Der Prozess geht noch einmal einen Schritt zurück und Mutter oder Vater bleiben noch einmal drei, vier Tage mit dabei“, betont Kammerlander.
Andere Kinder ziehen sich dagegen in sich selbst zurück, warnt Julia Kaufmann, Bildungswissenschaftlerin bei der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS). „Achtung auch bei Kindern, die nicht weinen, sondern eher ins Leere starren. Das sind ebenfalls ernste Signale, die in dieser Übergangsphase wahrgenommen werden müssen.“Kein Kind ist wie das andere, und Eltern kennen ihr Kind am besten. Sie sollten in Rücksprache mit den Erziehern darauf achten: Was geht, was vielleicht noch nicht.
Beim Abschied – auch noch nach der Eingewöhnung – können kleine Rituale helfen. Manche Kinder, vielleicht schon die etwas größeren, „schubsen“ihre Eltern zur Tür heraus. „Das ist eigentlich ganz schön, weil das Kind dann selbst aktiv und nicht nur ,Opfer‘ der Trennung ist“, findet Becker-Stoll. Ebenso hilfreich: ein Kuscheltier von zu Hause mitzubringen. Carola Kammerlander kennt aus von ihr betreuten Einrichtungen ein „Winkefenster“: „Die Erzieherin steht mit dem Kind auf dem Arm am Fenster und winkt der Mutter nach.“
Zu Hause können Eltern auf genug Ruhe achten, empfiehlt Kaufmann. Gerade in der Eingewöhnungsphase sei es wichtig, dass das Kind einen ruhigen Nachmittag hat und viel Schlaf bekommt: „Man darf nicht unterschätzen, was es in dieser Phase alles an Impulsen und Eindrücken verarbeiten muss.“
Was aber, wenn es mit der Eingewöhnung auch nach mehreren Wochen so gar nicht klappt? Carola Kammerlander rät Eltern, die eigene Haltung zu überdenken. Vielleicht fällt ihnen der Abschied schwerer als vermutet. Oder aus finanziellen Gründen steht fest: „Ich muss arbeiten gehen, ich muss mein Kind in die Kita geben, aber eigentlich will ich es noch nicht.“Da helfen manchmal schon Gespräche mit den Erziehern, die fragen: „Was brauchen Sie, damit Sie vertrauen können? Oder inwieweit ist es tatsächlich eine Option, noch ein halbes Jahr zu Hause zu bleiben?“Auch dieser Weg bleibt: Nach einem vielleicht passenderen Konzept in einer anderen Einrichtung oder doch einer Tagesmutter zu suchen. „Kinder sind unterschiedlich“, betont Becker-Stoll. Und wie merken Eltern, dass alles passt? „Wenn mich das Kind am Wochenende weckt, die Schuhe holt und ,Kita’ sagt.“