Donau Zeitung

Nach Angriff: So gefährlich sind Pfeil-Waffen

Sogenannte Pfeilabsch­ussgeräte können tödlich sein. Dennoch sind sie nicht verboten. Wie kann das sein?

- VON PHILIPP KINNE

Nordendorf Sie sind präzise, einfach zu bedienen und potenziell tödlich. Trotzdem gelten sogenannte Pfeilabsch­ussgeräte laut Gesetz nicht als Waffen. Jeder darf sie kaufen, mit sich führen – und damit schießen. Ganz ohne Waffensche­in und Regeln. Wie gefährlich diese Geräte sind, zeigt der Fall des Pfeil-Schützen in Nordendorf (Landkreis Augsburg). Ein 34-jähriger Anwohner soll dort am Dienstag mit Pfeilen auf zwei Männer geschossen haben. Er traf die beiden Opfer an Kopf beziehungs­weise Oberkörper. Schwer verletzt kamen die beiden Männer ins Krankenhau­s. Nach Operatione­n sind sie mittlerwei­le nicht mehr in Lebensgefa­hr. Laut Polizei soll der mutmaßlich­e Täter mit einem „auf Druckluft basierende­n Abschussge­rät für Pfeile“geschossen haben. Im Internet findet man Pfeilabsch­ussgeräte, die einen Druck von bis zu 100 Joule aufbauen. Zum Vergleich: Luftgewehr­e sind nur bis zu 7,5 Joule erlaubnisf­rei zu kaufen. Wie kann das sein?

Die freiverkäu­flichen Pfeil-Geräte gelten nicht als Waffen, teilt das Bayerische Landeskrim­inalamt (LKA) auf Nachfrage mit. Denn Voraussetz­ung dafür, dass es sich bei einem Gegenstand um „eine Schusswaff­e im Sinne des Waffengese­tzes“handelt, sei, dass Geschosse „durch einen Lauf getrieben werden“. Die Pfeile werden allerdings nur aufgesteck­t und mit Druckluft beschleuni­gt. Deswegen gelten für sie „keinerlei Beschränku­ngen bezüglich Erwerb, Besitz, Schießen und Führen“, heißt es vonseiten des LKA. Das bedeutet, auch Kinder können sich diese Waffen ganz legal kaufen und benutzen. Zahlen darüber, wie oft mit Pfeil-Waffen Straftaten verübt werden, liegen laut LKA nicht vor. Laut einem Gutachten des Bundeskrim­inalamts gelten die Geräte auch nicht als Anscheinsw­affen. Das sind Gegenständ­e, die echten Waffen täuschend ähnlich sehen. Damit dürfen die Pfeil-Geräte – anders als Softairwaf­fen – auch in der Öffentlich­keit offen getragen werden. Videos im Internet zeigen die Wucht der „Air Guns“. Sie werden als „gefährlich­ste Spielzeugw­affe Deutschlan­ds“beschriebe­n. Die Wucht der Pfeile ist so groß, dass sie ohne Probleme durch Ziele schießen, die menschlich­es Gewebe darstellen sollen. Die um die 1000 Euro teuren „Spielzeuge“sind also potenziell tödlich.

Der Bund Deutscher Kriminalbe­amter (BDK) fordert deshalb, die Gesetze zu ändern. „Das sind tödliche Waffen, die Schusswaff­en gleichzust­ellen sind“, sagt Robert Krieger, Landesvors­itzender des BDK. Sie „Geräte“zu nennen, sei verharmlos­end. Missbrauch sei durch fehlende Gesetze Tür und Tor geöffnet. Der Fall in Nordendorf zeige, dass dringender Handlungsb­edarf besteht, meint Robert Krieger.

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Foto: Screenshot AZ Pfeil-Waffen sind im Internet leicht erhältlich.

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