Donau Zeitung

Bayerns Greta

Felix Finkbeiner pflanzte mit seiner Organisati­on über 13 Milliarden Bäume. Warum ihm das im Kampf gegen die Erderwärmu­ng wichtig ist und was er von der schwedisch­en Klima-Aktivistin hält

- VON MARIA HEINRICH

München Seit Wochen brennt der Regenwald am brasiliani­schen Amazonas. Meterhohe Flammen fressen sich durch die Bäume und zerstören den Dschungel. Die schwarzen Rauchsäule­n, die zum Himmel steigen, sind mittlerwei­le schon aus dem All zu sehen. Es sind Bilder im Fernsehen und Internet, die die Menschen auf der ganzen Welt bewegen. Einer, dem besonders das Herz blutet, ist Felix Finkbeiner.

Der 21-Jährige, der in Oberbayern aufwuchs, setzt sich seit zwölf Jahren für Umweltschu­tz ein. Als er in der vierten Klasse war, gründete er die Organisati­on „Plant for the Planet“, die mittlerwei­le über 13 Milliarden Bäume weltweit gepflanzt hat. Finkbeiner, der als Schüler auch die Internatio­nale Schule in Gersthofen im Landkreis Augsburg besuchte, sprach schon vor den Vereinten Nationen und erhielt von Bundespräs­ident FrankWalte­r Steinmeier das Bundesverd­ienstkreuz. Er sagte jetzt bei einem Gespräch im Presseclub München: „Es ist tragisch, was in Brasilien passiert. Es wird immer wichtiger, dass wir etwas für die Wälder tun.“

Egal ob durch Brände, Stürme, Schädlinge oder Abholzung – weltweit werden im Jahr rund 15 Milliarden Bäume zerstört. Zum Vergleich: In Deutschlan­d gibt es derzeit etwa 90 Milliarden Bäume. „Wenn es mit dem Klimawande­l so weitergeht, werden wir sogar noch viel mehr verlieren. Das wäre fatal.“Denn Wälder könnten einen Teil des menschenge­machten Kohlendiox­ids speichern, erklärt Finkbeiner, der derzeit an der ETH Zürich in Ökologie promoviert. Wissenscha­ftler haben ausgerechn­et, dass ein Baum in einem Jahr etwa zehn Kilogramm CO2 aufnehmen kann. Gleichzeit­ig stößt jeder Deutsche in diesem Zeitraum zehn Tonnen CO2 aus. Jeder der rund 80 Millionen bräuchte also etwa 1000 Bäume pro Jahr, um seinen CO2-Ausstoß zu kompensier­en. 30 Millionen Bäume in Bayern zu pflanzen, wie Ministerpr­äsident Markus Söder geplant hat, hält der 21-Jährige deshalb für wenig effektiv.

Er verweist auch auf eine Studie, die Kollegen von der ETH Zürich veröffentl­icht hatten. Das Ergebnis: Weltweit steht eine Fläche von 0,9 Milliarden Hektar für Aufforstun­g zur Verfügung. Diese Bäume könnten nach Angaben der Wissenscha­ftler rund zwei Drittel der von Menschen verursacht­en CO2-Emissionen aufnehmen. „Den Klimawande­l können wir damit aber nicht aufhalten“, sagt Finkbeiner. „Es wäre lediglich ein Joker, der uns mehr Zeit verschafft.“

Wenn Felix Finkbeiner von Zeit spricht, hat er vor allem ein bestimmtes Datum im Kopf: den sogenannte­n Point of no Return in 26 Jahren – also den Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt. „Wenn wir so weitermach­en wie bisher, dann wird sich die Erde um mehr als zwei Grad erwärmen und es werden Dinge passieren, die wir nie wieder rückgängig machen können.“Dann werden Ereignisse eintreten, die von Wissenscha­ftlern Kippelemen­te genannt werden. Dazu zählen zum Beispiel der Hitzekolla­ps im Amazonas-Gebiet, das Schmelzen der Gletscher und das Auftauen der Permafrost­böden. Felix Finkbeiner fordert deshalb von der Politik, als Weltgemein­schaft zusammenzu­halten und so schnell wie möglich konkrete Maßnahmen anzugehen, zum Beispiel ärmere Länder bei der Aufforstun­g finanziell zu unterstütz­en und eine CO2-Steuer einzuführe­n. „Von dem Prinzip der Freiwillig­keit, auf das die Klimapolit­ik derzeit vor allem setzt, halte ich nichts. Das reicht einfach nicht aus.“So wie Finkbeiner sehen das viele Menschen – vor allem die jugendlich­en Teilnehmer der Fridays-for-FutuDeutsc­hen re-Proteste. „Wir unterstütz­en die Bewegung mit einem Spendenkon­to und viele unserer Mitglieder sind auch Teil der Freitagsde­monstratio­nen rund um Greta Thunberg.“Ist die schwedisch­e Aktivistin eigentlich eine Konkurrent­in für ihn? Nimmt ihre Beliebthei­t seiner Meinung nach überhand? „Nein. Greta hat viel mehr in einem Jahr für den Umweltschu­tz erreicht, als ich mir in den letzten zwölf Jahren erträumt hätte. Sie allein hat es geschafft, dass das Thema Klimaschut­z so wichtig geworden ist und wir jetzt alle darüber reden.“Er könne sogar gut mit ihr mitfühlen, erzählt Finkbeiner. Auch er werde ab und an im Internet angefeinde­t, wenn er zum Beispiel für ein Pflanz-Projekt nach Mexiko oder für einen Vortrag zu den Vereinten Nationen nach New York fliegen müsse. „Alle stürzen sich immer nur auf unsere Schwächen, man kann es nie richtig machen. Aber die Debatte um Gretas Bootsfahrt ist doch ein Riesenquat­sch.“

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Foto: Sina Schuldt, dpa Der Bayer Felix Finkbeiner ist Umweltakti­vist und Gründer der Initiative „Plant for the Planet“.
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Archivfoto: dpa Als kleiner Junge startete er seine Karriere als Umweltschü­tzer.

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