Ruhe in Frieden – erst recht in Fürth
Wer sich einem Fußballverein verschrieben hat, dessen Anhänglichkeit kennt keine Grenzen. Beziehungen enden, weil Männer das Gründungsdatum ihres Klubs kennen, den Geburtstag ihrer Frau aber vergessen. Weil Er zu einem Europapokalauswärtsspiel nach Nowosibirsk reist, Sie aber ein Wellnesshotel in Bad Aibling besuchen will. Liebe zu einem Klub ist höchst emotional, rational nicht zu erklären. Welchem Verein das Herz geschenkt wird, das beeinflussen väterliche Vorlieben, oft auch einfach nur Zufälle.
Fest steht: Hat sich jemand in Schwarz-Gelb, Rot-Blau oder Grün-Weiß verliebt, hält diese Beziehung meist ein Leben lang. Selbst im Unvermeidbaren, dem Ende allem Irdischen, halten leidenschaftliche Fans ihrem Klub die Treue. Da sich mit dem Logo eines Bundesligisten so ziemlich alles verkaufen lässt – egal ob Schnuller, Gummienten oder Gullydeckel –, wird auch der letzte Gang eines Fans zur Einnahmequelle.
In Liverpools Stadion reihen sich in 30 Zentimetern Tiefe rund um das gepflegte Grün Urnen aneinander. Stille Beobachter des Schauspiels. Beliebt auch: das Verstreuen
der Asche auf dem Spielfeld. In englischen Stadien wurden bereits in den 60er Jahren verbrannte Überreste als Rasendünger zweitverwertet. Weil der Wunsch danach überhandnahm, rückten die Klubs davon ab. Vielleicht befürchteten sie aber auch, Spieler könnten in Opas Goldzahn rutschen und sich böse verletzten.
Während die Briten gemeinhin dem Tod mit Komik und Satire begegnen, verfährt die deutsche Bürokratie spaßbefreit. Ordnung muss sein – selbst nach dem Ableben. So schreibt das bayerische Bestattungsgesetz vor, Leichen und Aschenreste Verstorbener auf Friedhöfen beizusetzen. Auch bei einem Stadion, in dem bei 0:5-Rückstand des Heimteams Totenstille herrscht, wird keine Ausnahme gemacht.
Daher stellt Zweitligist Greuther Fürth auf einem städtischen Friedhof ein paar Quadratmeter Rasen zur Verfügung. Mit Ausnahme einiger Nürnberger Nachbarn will diesem Klub niemand etwas Böses. Grundsätzlich ist Greuther Fürth aufregend und schillernd wie ein Betonklotz. Dass just dieser Zweitligist nun über eine eigene Grabesstätte verfügt, entspringt der Logik.
Ruhe in Frieden – nirgends ist das leichter als dort.