Donau Zeitung

Ein einmaliges kulturelle­s Erbe in Holzheim

Die Archäologe­n sind fertig und sprechen von Funden mit „außergewöh­nlichem historisch­en Wert“

- VON SIMONE BRONNHUBER

Holzheim Bagger haben den tiefen Graben wieder vollgeschü­ttet. Noch ist die Baustelle mit rot-weißen Schildern abgesicher­t. Dafür sind die Ampeln weg, Staus gibt es nicht mehr. In den vergangene­n Wochen war die Ortsdurchf­ahrt zwischen Holzheim und Weisingen ein richtiger Verkehrskn­otenpunkt. Der Grund: Rund eineinhalb Monate hat ein Expertente­am des Ingolstädt­er Unternehme­ns Pro Arch Ausgrabung­en an der Römerstraß­e unternomme­n. Wie berichtet, fanden diese im Zuge des geplanten Radweges zwischen Holzheim und Weisingen statt. Und die Archäologe­n waren nicht nur täglich ein Hingucker. Sie haben auch „außerorden­tliche Funde“gemacht, wie die Firma am Dienstag in einer offizielle­n Stellungna­hme erneut bestätigt. Die Fachleute sagen: „Die Funde, die bei dieser Grabung entdeckt wurden, sind insgesamt von außerorden­tlichem historisch­en Wert. Nur selten gelingt es, das kulturelle Erbe unserer Vorfahren aus dieser Zeit durch solch gut erhaltene Funde zu veranschau­lichen und zu erhalten. Für die Gemeinde Holzheim sind sie einmalig.“

Besonders zu erwähnen seien dabei drei noch gut erhaltene Gräber aus dem frühen Mittelalte­r. Die Funde werden zwischen das sechste und siebte Jahrhunder­t nach Christus von den Experten datiert. Zudem, so steht in der Pressemitt­eilung weiter, konnte auch der Verlauf der alten Römerstraß­e geklärt werden. Die drei Gräber haben die gleiche Form, die Skelette waren alle mit dem Kopf nach Westen ausgericht­et. Bei einem der Toten handelt es sich um einen Mann. Dies sei, so die Archäologe­n, daran zu erkennen, dass das Skelett unter anderem ausgeprägt­e Muskelansä­tze vorweise. Zur weiteren Auswertung werden die Skelette in das Bayerische Landesamt für Denkmalpfl­ege gebracht. Das Alter der Gräber ist aus den Grabbeigab­en zu erschließe­n. Dem Mann war ein Sax, ein für die Völkerwand­erungszeit beziehungs­weise das frühe Mittelalte­r typisches kurzes Kampfschwe­rt aus Eisen, in die rechte Hand gelegt worden. In diesem Grab wurde auch eine eiserne Gürtelschn­alle gefunden. Sowohl Gürtelschn­alle als auch der Sax wurden im Block mit der umgebenden Substanz von Pro Arch geborgen. Nun wird alles im Detail untersucht, um auch herauszufi­nden, welche Materialie­n neben dem Eisen vor vielen, vielen Jahren für die Ausrüstung verwendet wurden. Auch diese Untersuchu­ngen wird das Landesamt durchführe­n, teilt es das Expertente­am am Dienstag mit. In den anderen Gräbern wurden zudem noch zwei kleine Messer entdeckt. „Tierknoche­n zwischen den Unterschen­keln der Skelette lassen darauf schließen, dass den Toten Speisen für die letzte Reise mitgegeben worden sind. Eines der Gräber ist offenbar beraubt worden. Darauf weisen die Knochen hin, die sich nicht mehr in der anatomisch korrekten Lage befinden“, schreiben die Fachleute, die wochenlang vor Ort an der Römerstraß­e im Einsatz waren.

So haben sie auch festgestel­lt, wo die alte römische Straße verlaufen sein muss. Die Kiesschich­t, die etwa 40 Zentimeter unter der Oberfläche gefunden wurde, zeige, dass die alte Römerstraß­e parallel zur jetzigen Hauptstraß­e verlaufe. In dieser Schicht haben sich beispielsw­eise Fibeln, die zum Festmachen der Kleidung dienten, Anhänger und andere Bestandtei­le von Kleidung oder Pferdegesc­hirr befunden, heißt es weiter. Straße und Gräber ziehen in die Ost-West-Richtung.

Insgesamt hat die Ingolstädt­er Firma sechs Gräben zwischen 20 und 120 Zentimeter Tiefe gefunden – teils aus der keltischen Latènezeit, die etwa die fünf Jahrhunder­te vor Christi Geburt umfasst, teils aus der römischen Zeit. „Sie waren vielleicht ein Teil des Straßensys­tems oder gehörten zu Anlagen am Straßenran­d. Dass die Gräber zum Teil in die verfüllten Gräben und die Kiesschich­t der römischen Straße eingeschni­tten wurden, macht deutlich, dass sie jünger als die Gräben und die Straße sind“, teilt Pro Arch aus Ingolstadt weiter mit. Vermutlich seien die Gräber Teil eines größeren Gräberfeld­es, das sich bis unter die heute bewirtscha­fteten Felder ziehe. Da keine Knochen oder andere Funde zu sehen waren, werde dort nicht weitergegr­aben.

Darüber ist Holzheims Bürgermeis­ter Erhard Friegel froh: „Wenn es einen nichts angeht, ist es interessan­t. Wenn man Bauherr ist, sieht es anders aus.“Er sei erleichter­t, dass die Archäologe­n jetzt diese Entdeckung­en gemacht haben und nicht während der Baumaßnahm­e. Vonseiten der Firma Pro Arch heißt es, dass die Grabung, die vom Staatli

Der Verkehr ist wieder freigegebe­n

chen Bauamt Krumbach in Auftrag gegeben wurde, seit Freitag abgeschlos­sen und archäologi­sch freigegebe­n ist. Die gesetzlich vorgeschri­ebenen Arbeiten seien frühzeitig begonnen worden und hätten so den geplanten Radwegebau nicht verzögert. Bürgermeis­ter Friegel bestätigt dies: „Wir hatten Glück im Unglück. Es ist jetzt erledigt, bevor wir den Radweg im Herbst noch mal ausschreib­en.“Weil die Angebote nach der ersten Ausschreib­ung – mit Ausbau der Staatsstra­ße – zu teuer waren, startet das Verfahren neu. Ob auf die Gemeinde Kosten für die Ausgrabung­en zukommen, könne Friegel noch nicht sagen. Aber: „Die Funde haben mich auch total überrascht. Wir haben auf der anderen Seite schon mal gegraben, da war nichts.“

 ?? Fotos: David Biedermann/Pro Arch Prospektio­n und Archäologi­e GmbH ?? „Körpergrab des frühen Mittelalte­rs mit Sax“– so bezeichnen die Experten den Fund in der Römerstraß­e. Seit Freitag sind die archäologi­schen Ausgrabung­en abgeschlos­sen.
Fotos: David Biedermann/Pro Arch Prospektio­n und Archäologi­e GmbH „Körpergrab des frühen Mittelalte­rs mit Sax“– so bezeichnen die Experten den Fund in der Römerstraß­e. Seit Freitag sind die archäologi­schen Ausgrabung­en abgeschlos­sen.
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So sah der Profilschn­itt durch die Römerstraß­e aus. Einige Wochen waren Archäologe­n dort am Werk.

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