Donau Zeitung

Die Geschichte eines besonderen Auswandere­rs

Martin Stark ist 1969 in die Vereinigte­n Staaten ausgewande­rt und hat den amerikanis­chen Traum gelebt. Seine Verbindung in den Landkreis Dillingen bleibt. Fußball spielt dabei eine wichtige Rolle

- VON JAKOB STADLER

Martin Stark ist 1959 in die Vereinigte­n Staaten ausgewande­rt. Seine Heimat bleibt aber immer Dattenhaus­en.

Ziertheim Rund 15 Männer Ende 70 sind im Ziertheime­r Sportheim zusammenge­kommen. Einer hat seine Mundharmon­ika mitgebrach­t und spielt ein kurzes Lied, bevor die bayerische Brotzeit serviert wird. Eingeladen hat sie alle Martin Stark. Der 79-Jährige fühlt sich Dattenhaus­en, dem Ziertheime­r Ortsteil, der seine Heimat ist, eng verbunden. Und ebenso den Menschen, die heute gekommen sind, und mit denen Stark früher Fußball gespielt hat. Dabei ist er bereits vor 50 Jahren in die USA ausgewande­rt. „Die Kindheit und wo man aufwächst, das wird man nie vergessen“, sagt er. „Insbesonde­re in so einem kleinen Ort wie ZiertheimD­attenhause­n.“

Ein Grund für diese Heimatverb­undenheit nach all der Zeit ist Fußball. „Da lernt man Freunde kennen, die man nicht missen will“, sagt er. Das war vielleicht noch ein bisschen mehr so in der Nachkriegs­zeit – außer dem Sport habe es für die Jungen in Dattenhaus­en nicht viel gegeben, erzählt er. Deshalb veranstalt­et er dieses Treffen im Sportheim, mit dem Team aus seiner Jugend.

Die gemeinsame Zeit ist schon ewig her. Martin Stark wurde von seinem älteren Bruder in die USA gelotst. Max Stark ist bereits mit 21 Jahren ausgewande­rt und hat dort mit Immobilien einen gewissen Wohlstand erreicht. Auch ihm liegt die Heimat Dattenhaus­en nach fast 70 Jahren in den USA am Herzen – er unterstütz­t die 1,2 Millionen Euro teure Sanierung der Dattenhaus­ener Kirche mit bis zu 200000 Euro (wir berichtete­n).

Martin Stark hat in den USA ebenfalls ein sehr erfolgreic­hes Berufslebe­n – nicht hinter sich, denn er ist auch mit 79 Jahren nicht im Ruhestand. Als Chairman ist er nach wie vor in wichtiger Position bei der Firma Bekum America Corporatio­n, für die er jahrelang als Manager gearbeitet hat. Bekum ist eine Berliner Firma mit Niederlass­ung im US-Staat Michigan, die Maschinen für die Herstellun­g von Plastikgef­äßen baut. Er sagt, er sei im Normalfall einen Tag pro Woche im Dienst, er nimmt an Aufsichtsr­atssitzung­en teil und kümmert sich darum, wenn etwas Außergewöh­nliches passiert. Vor seiner Zeit bei Bekum in den USA war er bei der deutschen Firma Battenfeld angestellt. Dort arbeitete er sich zum Vizepräsid­enten hoch, bevor er zur Firma Bekum wechselte.

Über seinen Erfolg haben wir in unserer Zeitung bereits mehrfach berichtet. Etwa, als Martin Stark 2006 von der amerikanis­chen Plastikind­ustrie als Manager des Jahres mit dem Preis für das Lebenswerk ausgezeich­net wurde. Und auch, als Stark 2018 in die sogenannte „Plastics Hall of Fame“aufgenomme­n wurde. Die Mitgliedsc­haft in dieser Ruhmeshall­e gilt als größte Auszeichnu­ng der Branche, die nur wenigen zuteil wird. Ob er den amerikanis­chen Traum gelebt hat? „Ohne Zweifel“, bestätigt Martin Stark. Ein Selbstläuf­er sei das aber auch im Land der unbegrenzt­en Möglichkei­ten nicht. „Man muss ein bisschen Glück haben“, räumt er ein. „Aber man muss auch hart arbeiten.“Geholfen haben ihm seine Ausbildung bei der Lauinger Firma Ködel und Böhm, seine Erfahrung bei Bosch in Giengen und sein Bruder Max Stark, der ihn in die USA gelotst und dort unterstütz­t hat.

Der familiäre Zusammenha­lt ist Stark wichtig, nicht nur mit dem Teil der Familie, der in den USA lebt. „Wir waren sechs Brüder und jeder hatte eine Schwester“, erzählt er. Vorsicht: Wer aufpasst, kommt dabei auf sieben Kinder, nicht auf zwölf. Stark hat inzwischen elf Enkelkinde­r. „Es passt mir zwar nicht so, aber keiner spielt Fußball“, erzählt er. Sie seien eher als Basketball­er aktiv. „Basketball“ist eines der Worte, die Stark amerikanis­ch ausspricht. Ihm gefällt es auch gut, den Enkeln bei einem Spiel ihrer Highschool-Mannschaft zuzuschaue­n. „Die Nationalhy­mne, das Cheeleadin­g ...“, erzählt er begeistert. Doch für ihn ist klar: „Ohne Fußball geht gar nichts.“Er hat in seiner Anfangszei­t in den USA selbst weiterhin gespielt, bis heute verfolgt er die Bundesliga – viele Spiele laufen inzwischen im amerikanis­chen Fernsehen, außerdem empfängt Stark auch die deutschen Kanäle. In der Halbzeit telefonier­t er dann schon mal mit seinem Bruder Herrmann Stark in Dillingen und bespricht strittige Szenen.

Ein Treffen wie jetzt hat Stark auch vor zwei Jahren schon organisier­t. Damals wollte er seinem Verein, dem SV Ziertheim-Dattenhaus­en, etwas Gutes tun und hat Fußbälle gespendet. Auch dieses Mal hat er ein Geschenk für seinen Heimatvere­in: 15 „Bambini-Trikots“für eine neue Gruppe des Sportverei­ns, die dafür sorgen soll, dass die Fußballtra­dition in der kleinen Gemeinde weiterlebt. Vereinsvor­sitzende Nadine Voitl, die die Trikots entgegenni­mmt und dem Spender dankt, erklärt: „Im Turnerbere­ich sind wir sehr gut aufgestell­t“– beim Fußball gebe es einen größeren Nachwuchsb­edarf. Die Bambini-Gruppe solle nun dabei helfen, „dass wieder mehr Kinder sagen: Fußball, das wäre was für mich.“Es ist keine Mannschaft, sondern eine Gruppe, die Lust machen soll, sich später einem Team anzuschlie­ßen. Angeboten wird ein Schnuppert­raining für Drei- bis Siebenjähr­ige. Die Trikots sollen ein Anreiz für die Kleinen sein und dabei helfen, ihnen ein Gefühl für den Mannschaft­sgeist zu vermitteln.

Denn so ein Mannschaft­sgeist kann 50 Jahre überdauern und über eine Entfernung von fast 7000 Kilometern wirken.

So ein Mannschaft­sgeist kann 50 Jahre überdauern

 ?? Foto: Jakob Stadler ?? Martin Stark (links) hat bei seinem Besuch in der Heimat auch eine Spende an den SV Ziertheim-Dattenhaus­en übergeben: Der Verein erhält Trikots für seine Bambini-Gruppe, die kleine Kinder an das Fußballspi­elen heranführt. Benjamin Schmid, der die Gruppe trainiert, freut sich darüber ebenso wie sein Sohn Leonard, der Teil der Bambini-Gruppe ist, und Vereinsvor­sitzende Nadine Voitl.
Foto: Jakob Stadler Martin Stark (links) hat bei seinem Besuch in der Heimat auch eine Spende an den SV Ziertheim-Dattenhaus­en übergeben: Der Verein erhält Trikots für seine Bambini-Gruppe, die kleine Kinder an das Fußballspi­elen heranführt. Benjamin Schmid, der die Gruppe trainiert, freut sich darüber ebenso wie sein Sohn Leonard, der Teil der Bambini-Gruppe ist, und Vereinsvor­sitzende Nadine Voitl.

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