Wortlos genial
Die Knetehelden um „Shaun, das Schaf“entern ein weiteres Mal das Kino. Gestartet als witzige Nebenfigur ist eine Starmarke mit eigenen Themenparks entstanden
Nächstes Jahr ist Jubiläum. Da sind es dann nämlich auch schon wieder volle 25 Jahre, dass dieser vorwitzige Unruhestifter von einem Schaf seinen ersten Auftritt hatte. Und zwar als charmante Nebenfigur in Nick Parks halbstündigem Knete-Film „Wallace & Gromit – Unter Schafen“, in dem Shaun kahl geschoren wird, versehentlich, versteht sich. Ohne ein einziges Wort zu sprechen, ist der Wollige seitdem zum Zentrum einer eigenen, so aufwendig wie hinreißend animierten und dann auch heiß geliebten Welt geworden – und darüber freilich auch zum vermarkteten Star in der Wirklichkeit. Mit ShaunPlüschtieren und Shaun-Cafés, mit Shaun-Schlüsselanhängern und Shaun-Themenparks… Ja, das kann seine britische Heimat längst auch.
Und von dort aus bricht Shaun jetzt auch noch irgendwie ins All auf. Denn gut zwölf Jahre, nachdem er seine eigene Serie bekommen hat, mit inzwischen 150 Folgen zu je sieben Minuten, läuft ab heute der zweite Kinofilm rund um den heimischen Bauernhof im verschlafenen Mossy Bottom. Und er heißt „Ufo-Alarm“(im Original „Farmageddon“), was wiederum bedeutet, dass neben den anderen Schafen und dem Farmer, Hund Bitzer und den drei Schweinen plötzlich auch noch eine Lu-La in Knete Gestalt annimmt – ein verlorenes Mädchen vom anderen Stern. Das Shaun wiederum mit dem nagelneuen Mähdrescher des Bauern zurück ins All bringen will. Und dazu noch eine Geheimagentin namens Red …
Klingt ein bisschen arg hanebüchen – so wie einst Asterix und Obelix mal mit Außerirdischen zu tun bekamen. Aber die vielen kleinen und nicht weniger großen Fans der Serie wissen ja längst: Bei Shaun geht es eigentlich immer ums Scheitern, es geht um Situationskomik, es geht um die Charaktere, deren Bewegungen Foto für Foto in Knete entstehen und dann zu einem Film zusammengefügt und beschleunigt werden: Stop Motion!
Und das in einer Länge von 87 Minuten! Wo doch einst für die Serie schon an bis zu 19 Sets gleichzeitig gedreht wurde, mit 14 Animatoren, die je sieben Sekunden Filmmaterial schafften – pro Tag! Aber bitte, das rentiert sich: Der erste Shaun-KinoFilm hat nicht nur über 100 Millionen Dollar eingespielt, er hat auch einen Golden Globe gewonnen und war für den Oscar nominiert. Und die Kritiker schwärmten mitunter, der Slapstick-Humor bei Shaun habe Bezüge zu Buster Keaton und Charlie Chaplin, sei eine Hommage an den Stummfilm. Dabei wird hier doch geblökt und alles – ist das also noch Stummfilm?
Fragen für Experten. Die es bei Shaun freilich gibt. Sogar eine eigene Wiki. Da kann man dann etwa erfahren: Auch Ufo-Alarm gab’s schon, in „Körpertausch“, als Shaun und der Kater Pidsley von einem solchen eingesaugt wurden, und in „Der Außerirdische“, als eine Untertasse landet… Auch eine verrückte Welt ist also endlich. Nur der Spaß nicht. Wolfgang Schütz