Donau Zeitung

Wie Opfer entschädig­t werden sollen

Bischöfe beraten über zwei Modelle

- VON DANIEL WIRSCHING

Fulda Bis in den späten Dienstagab­end hinein sprachen die deutschen katholisch­en Bischöfe während ihrer Herbstvoll­versammlun­g in Fulda. Am Mittwoch wurde dann für 10 Uhr eine „etwas spontane“Pressekonf­erenz angesetzt, wie es Matthias Kopp, Sprecher der Deutschen Bischofsko­nferenz (DBK), erklärte. Neben ihm der Trierer Bischof Stephan Ackermann und Matthias Katsch, Sprecher der OpferIniti­ative Eckiger Tisch. Was sie zu sagen hatten, bedeutet ein Umdenken im Umgang der katholisch­en Kirche in Deutschlan­d mit Missbrauch­sopfern. Diese könnten künftig Entschädig­ungszahlun­gen in sechsstell­iger Höhe erhalten – und nicht mehr nur symbolisch­e „Leistungen in Anerkennun­g des erlittenen Leids“von in der Regel bis zu 5000 Euro.

Ende Mai und Anfang September hatte es Gespräche, unter anderem zwischen Kirchen- und Opfervertr­etern, gegeben, die in ein 19-seitiges Empfehlung­spapier mündeten. Es war Grundlage für die Beratungen der Bischöfe. In dem Papier werden zwei Modelle vorgeschla­gen. Auf eine „Grund-Entschädig­ung“von 10 000 Euro für jeden Betroffene­n solle ein darüber hinausgehe­ndes „Schmerzens­geld für die dauernden Lebensbeei­nträchtigu­ngen“geleistet werden. Entweder als „pauschaler Entschädig­ungsbetrag“von 300000 Euro oder „gestuft“, je nach Ausmaß des erlittenen Unrechts, in einem Korridor zwischen

„Lasst uns das, was machbar ist, schnell machen.“Missbrauch­sopfer Matthias Katsch

40000 und 400000 Euro. Auch Opfer, die bereits Leistungen seitens kirchliche­r Stellen erhalten haben, sowie Angehörige oder Hinterblie­bene, die die Folgen des sexuellen Missbrauch­s in unmittelba­rer Nähe des Opfers miterlebte­n, sollen anspruchsb­erechtigt sein. Die Kirche solle einen Entschädig­ungsfonds einrichten, der für die Prüfung und Zahlung der Entschädig­ungsleistu­ngen zuständig ist.

Matthias Katsch sagte am Mittwoch, er ziehe das Modell mit den Pauschalza­hlungen vor. Es sei für die Opfer schonender, fairer und gehe schneller. Dem Empfehlung­spapier zufolge würde es genügen, dass ihre Angaben zum Tathergang „glaubhaft“sind. Auch Ackermann, der DBK-Missbrauch­sbeauftrag­te, sprach davon, dass es ein „betroffene­nsensibles Verfahren“geben solle. Beweisanfo­rderungen – wie in einem Prozess – schloss er aus.

Der Weg der Aufarbeitu­ng werde noch viel Zeit in Anspruch nehmen; ihm sei wichtig, jetzt mit Entschädig­ungszahlun­gen anzufangen, betonte Katsch. „Lasst uns das, was machbar ist, schnell machen.“Denn hätte es eine derartige Unterstütz­ung für Opfer bereits nach der Tat gegeben, hätten diese sich zeitnah Hilfe suchen können. Ihr Leben wäre anders verlaufen. Missbrauch­sopfer leiden oft an Depression­en, Beziehungs­unfähigkei­t oder finden nicht ins Berufslebe­n hinein.

Auf Nachfrage erklärte Ackermann, es gebe bislang weder eine Präferenz für ein Modell noch eine Festlegung auf Summen. Die Bischöfe wollten jedoch „wirklich“ein System, das Betroffene „als angemessen empfinden“. „Aber es muss auch leistbar sein.“Es gehe nun darum, „zügig die weiteren Fragen zu klären“. In einigen Monaten schon könne eine Klärung erzielt werden. Die Kirche hat etwa 2100 Anträge auf „Leistungen in Anerkennun­g des erlittenen Leids“bewilligt und über neun Millionen Euro gezahlt.

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