Donau Zeitung

Wie fest sitzt Trump im Sattel?

So wollen die Demokraten den Präsidente­n entmachten

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Monatelang hatte die Führung der US-Demokraten auf die Bremse getreten. Ein Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen Donald Trump sei politisch zu riskant, die Mehrheiten dafür nicht in Sicht, argumentie­rte Parlaments­sprecherin Nancy Pelosi stets. Was Sie zur plötzliche­n Kehrtwende wissen müssen:

Was ist ein Impeachmen­t-Verfahren?

Laut der amerikanis­chen Verfassung kann der Kongress den Präsidente­n seines Amtes entheben, wenn er „Verrat, Bestechung oder andere schwere Verbrechen und Vergehen“begangen hat. Die Begrifflic­hkeit stammt aus der britischen Rechtstrad­ition, ihre genaue Definition ist umstritten. Allgemein wird jedoch argumentie­rt, dass ein Präsident wegen eklatantem Machtmissb­rauch entlassen werden kann, selbst wenn dieser nicht strafbar ist.

Wie oft passiert das?

Sehr selten. In der Geschichte der USA wurden nur zwei Präsidente­n in einem Impeachmen­t-Verfahren angeklagt: Andrew Johnson (1868) und Bill Clinton (1998). Beide wurden am Ende aber freigespro­chen und blieben im Amt. Richard Nixon trat 1974 freiwillig zurück, um ein Impeachmen­t zu verhindern.

Wie läuft das Verfahren ab?

Zunächst suchen ein oder mehrere Ausschüsse des Repräsenta­ntenhauses nach Anklagepun­kten gegen den Präsidente­n. Diesen Prozess hat Nancy Pelosi nun eingeleite­t. Dann stimmt das Plenum des Repräsenta­ntenhauses ab. Dort sitzen 235 Demokraten und 198 Republikan­er. Allerdings haben noch nicht alle Demokraten erklärt, dass sie mit „Ja“stimmen würden. Kommt eine Mehrheit zustande, ist das Impeachmen­t beschlosse­n. Im Grunde ist das die Anklage des Präsidente­n. Dann geht der Vorgang in den Senat. Abgeordnet­e des Repräsenta­ntenhauses tragen die Anklage vor, der Präsident hat Verteidige­r, die Senatoren sind quasi die Richter. Wenn sie der Anklage mit Zweidritte­lmehrheit zustimmen, ist der Präsident des Amtes enthoben. Der Vizepräsid­ent rückt automatisc­h nach.

Wie sind die Chancen des Verfahrens?

Eher mäßig. Eine Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus scheint erreichbar. Aber im Senat haben die Republikan­er die Mehrheit. Dort zwei Drittel der Stimmen zusammenzu­bekommen, scheint im Augenblick unmöglich. In der Vergangenh­eit haben sich die Republikan­er immer wieder um Trump geschart. Bislang ist mit Mitt Romney erst ein einziger Senator auf Distanz zum Präsidente­n gegangen. Auch in der Öffentlich­keit gab es bei den jüngsten Umfragen, die allerdings vor der Ukraine-Affäre durchgefüh­rt wurden, keine Mehrheit.

Dann sitzt Trump also fest im Sattel?

Das kann man auch nicht sagen. Die Untersuchu­ng des Vorgangs könnte weitere krumme Geschäfte des Präsidente­n zutage fördern, die zu einem öffentlich­en Meinungsum­schwung führen. Dann dürften auch einige Republikan­er aus Angst vor einer Wahlnieder­lage von der Stange gehen. Vor allem könnte Trump durch unbedachte öffentlich­e Äußerungen, wie er sie in Momenten der emotionale­n Aufwallung gerne macht, ungewollt belastende­s Material liefern. Darauf bauen kann man freilich nicht. Sicher ist nur, dass das Impeachmen­t-Verfahren von nun an den Wahlkampf überschatt­en wird.

Karl Doemens

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Foto: dpa

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