Brand-Serie: Ein Ort in Angst
Nachdem in Gessertshausen im Landkreis Augsburg zuletzt mehrere Strohballen und Lagerräume in Flammen standen, trifft es nun ein Wohnhaus. Erstmals werden Menschen verletzt
Gessertshausen Eine Brand-Serie erschüttert die Gemeinde Gessertshausen (Landkreis Augsburg). In der Nacht zum Mittwoch brach in einem Jugendwohnheim mitten im Ort ein Feuer aus. Es ist bereits der fünfte Brand mit ungeklärter Ursache – und das in nur etwa sieben Wochen. Die Polizei geht davon aus, dass das kein Zufall ist. Sie sucht nach einem Brandstifter in dem Ort mit etwa 4200 Einwohnern. Die Menschen in Gessertshausen sind verunsichert. Einige haben Angst. Sie fragen sich: Wo brennt es als Nächstes?
Als in der Nacht zum Mittwoch gegen 1 Uhr das Feuer in dem Wohnheim ausbrach, befanden sich fünf Jugendliche zwischen 14 und 19 Jahren sowie ein Betreuer im Haus, erklärt die Polizei. Vier der Jugendlichen wurden verletzt. Vor Ort wurden sie wegen einer Rauchvergiftung versorgt. Mittlerweile geht es ihnen wieder gut. Doch ihr Zuhause ist vorübergehend unbewohnbar. Im Dachgeschoss des Hauses entwickelte sich starker Rauch. Die Feuerwehr musste die Dachhaut öffnen, um löschen zu Wie groß der Schaden ist, ist noch unklar. Am Mittwochnachmittag suchte die Kriminalpolizei in dem Haus an der Hauptstraße nach Hinweisen auf einen Brandstifter. Die Kinder und Jugendlichen mussten in einer anderen Einrichtung untergebracht werden. Das jüngste Feuer, mitten im Ort, ist der traurige Höhepunkt einer Serie. Erstmals gab es Verletzte.
Nur drei Tage zuvor, in der Nacht zum Sonntag, stand ein Lagerhaus am Gessertshauser Ortsrand in Flammen. Rund 100 Feuerwehrleute mussten ausrücken. In der Halle lagerte der Futtervorrat für die Gessertshauser Tierklinik. Rund 600 Heuballen mit je 250 Kilogramm hat das Feuer restlos vernichtet. Laut Tierarzt Dr. Robert Fitz liegt der Schaden bei mehr als 110 000 Euro. Die Klinik droht nun, auf den Kosten sitzen zu bleiben, da die Brandversicherung nicht das Inventar der Halle abdecke, sagt Fitz. Mit dem Futtervorrat hätten die Tiere in der Klinik ein ganzes Jahr lang versorgt werden können. Nun müsse man für viel Geld neues Heu kaufen.
Vor dem Brand am Wochenende stand ein Geräteschuppen der Gessertshauser Feuerwehr in Flammen. Begonnen hatte die Brand-Serie mit brennenden Strohballen auf einem Feld zwischen Gessertshausen und Margertshausen. Schon damals, vor etwa sieben Wochen, ging die Polizei von einem Brandstifter aus, suchte diesen aber vergeblich.
In der Gemeinde herrscht seither Aufregung. Christian Schaller wohnt nur einen Ort weiter und sieht sich am Mittwochvormittag die Brandschäden nach dem jüngsten Feuer an. „Jetzt ist Schuss mit lustig“, sagt der 49-Jährige. Denn diesmal gab es Verletzte. Diesmal brach das Feuer mitten im Ort aus. „Da ist eine Grenze überschritten.“Schaller habe in seinem Haus vorsorglich Feuerlöscher bereitgestellt. „Wir müssen jetzt aufpassen“, sagt er.
Der Bürgermeister Jürgen Mögele versucht, die Menschen in der Gemeinde zu beruhigen. Man solle Ruhe bewahren, die Profis ermitteln lassen. Doch in Gessertshausen gibt es kein anderes Thema mehr. „Nakönnen. türlich haben die Leute Angst“, sagt eine Verkäuferin. Im ganzen Dorf spreche man nur noch über die fünf Brände. „Einige meiner Freunde haben jetzt Kameras aufgestellt“, sagt Andreas Hafner. Er habe viele Freunde bei der Feuerwehr und sei sich sicher: „Das alles ist kein Zufall.“Er vermutet, dass der jüngste Brand in einem Wohnhaus mit den anderen zusammenhängt. Nun hofft er, dass die Polizei den Täter schnell schnappt, „damit endlich wieder Ruhe einkehrt“.
Nun kursieren in Gessertshausen viele Gerüchte zu den Bränden. Die Polizei bestätigte auf Nachfrage, dass bei den beiden ersten Fällen derselbe Landwirt betroffen gewesen sei. Er wohnt gleich neben dem Jugendwohnheim, in dem es nun brannte. Dass die Brandanschläge gegen ihn persönlich gerichtet sind, glaubt er nicht. Seine verbrannten Strohballen seien ersetzbar, aber dass es nun Verletzte gebe, mache ihn fassungslos. „Wer macht so was?“, fragt der Landwirt und blickt auf die Schäden am Haus der Nachbarn. Die Beamten fahren rund um die Tatorte derzeit häufiger Streife. Eine heiße Spur gibt es aber wohl noch immer nicht.
Futtervorrat der Tierklinik brennt nieder