Donau Zeitung

Islamist wollte Richter erschießen: Zehn Jahre Haft

26-jähriger Palästinen­ser wird wegen sechsfache­n Mordversuc­hs verurteilt. Die Richterin wählt deutliche Worte

- VON JÖRG HEINZLE

Augsburg Er wollte bei einer Gerichtsve­rhandlung in Augsburg einen Staatsanwa­lt und fünf Richter erschießen: Der Islamist Haidar A., 26, ist am Mittwoch wegen sechsfache­n Mordversuc­hs vom Augsburger Landgerich­t zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Die Vorsitzend­e Richterin Sandra Mayer wählte deutliche Worte, als sie das Urteil verkündete. Es sei erstaunlic­h, wie ein junger Mann so in „Hass, Wut und blindem Zorn“gefangen sein könne. Haidar A. sei verfangen in „nahezu mittelalte­rlichen“Denkweisen, so die Richterin. Das Gericht habe wenig Hoffnung, dass er sich zum Positiven entwickle.

Haidar A. hatte versucht, während eines Prozesses am Landgerich­t im Sommer 2017 einem Polizisten die Waffe zu entreißen. Er war damals empört über die hohe Haftstrafe, die gegen ihn verhängt worden ist. Er hatte versucht, einen Mitbewohne­r eines Asylheims in Hurlach (Kreis Landsberg) mit einem Messer zu enthaupten – weil der seine religiösen Gefühle verletzt hatte. Das Schwurgeri­cht hatte ihn deshalb zu zwölf Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Als er dieses Strafmaß hörte, rastete er aus. Er spuckte, warf einen Schuh in Richtung des Staatsanwa­lts – und griff im Gerangel mit Sicherheit­skräften ans Pistolenho­lster des Polizisten.

In einem Brief an Verwandte schrieb Haidar A. später, dass er die „Hure Richterin“und ihre Zuhälter – gemeint waren die weiteren Richter – töten wollte. Auch jetzt, im Prozess, räumte der Angeklagte dieses Vorhaben ein. Er sagte, dass er mit dem Staatsanwa­lt begonnen hätte. Aus dem Gefängnis heraus hatte der Angeklagte auch einen Hassbrief ans Gericht geschriebe­n, in dem er für die Zeit nach der Haftentlas­sung blutige Rache an Deutschen und Christen ankündigte. Später entschuldi­gte er sich wieder dafür. Richterin Sandra Mayer sagte, der Angeklagte stelle sich als Opfer dar. Er gebe die Schuld an seiner Lage dem Mitbewohne­r im Asylheim, den er töten wollte, und der Justiz, die diese Tat verfolgt hat. Haidar A. hat der Justiz dabei auch Ausländeru­nd Muslimfein­dlichkeit vorgeworfe­n. Darauf antwortete die Richterin: „Es hat nichts damit zu tun, dass der Angeklagte Ausländer oder Muslim ist, sondern alleine damit, dass er Menschen töten wollte.“Es sei befremdlic­h, wie ein Mensch, der in Deutschlan­d als Flüchtling aufgenomme­n und versorgt worden sei, solch einen Hass gegen Staat und Gesellscha­ft entwickeln könne.

Dass das Gericht jetzt nicht die Höchststra­fe – maximal möglich wäre auch bei Mordversuc­h eine lebenslang­e Haftstrafe – verhängte, liegt vor allem daran, dass die Tat noch in einem „sehr frühen“Stadium gescheiter­t sei, so das Urteil. A.s damaliger Verteidige­r hatte gesehen, dass der Angeklagte an die Waffe des Polizisten greift und den Beamten gewarnt. So konnte der Polizist die Hand des Angeklagte­n von der Pistole wegschiebe­n.

Mit der nun gegen ihn verhängten Strafe muss sich Haidar A. – wegen seiner ersten Verurteilu­ng – auf insgesamt mehr als 20 Jahre Haft einstellen. Dennoch wird er das Urteil wohl annehmen, sagt sein Verteidige­r Walter Rubach. Der Anwalt geht nicht davon aus, dass Haidar A. vorzeitig aus der Haft entlassen wird. Da er Palästinen­ser ist, keinen Ausweis besitzt und quasi staatenlos ist, dürfte eine Abschiebun­g schwierig werden. Es müsste sich ein Land finden, das ihn aufnimmt.

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Foto: Jörg Heinzle Der Angeklagte, hier mit Anwalt Walter Rubach, musste eine Haube tragen, weil er um sich gespuckt hat.

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