Donau Zeitung

Land in Sicht

Mehr als 130 000 Menschen kämpfen gegen die Schließung öffentlich­er Schwimmbäd­er. Ist die Situation wirklich so dramatisch? Ein Blick in unsere Region gibt Hoffnung

- VON MICHAEL BÖHM

Unterthing­au Bürgermeis­ter Bernhard Dolp war gerade einmal ein paar Wochen im Amt, da hatte er schon einen äußerst unangenehm­en Termin: Bei herrlichst­em Badewetter musste er in das gut besuchte Freibad der Marktgemei­nde Unterthing­au (Landkreis Ostallgäu) ausrücken und die Badegäste freundlich, aber bestimmt darauf hinweisen, dass sie das Bad doch bitte verlassen sollen. Das Gesundheit­samt hatte die sofortige Schließung des Freibades aus den 1930er Jahren wegen mangelhaft­er Wasserqual­ität angewiesen. „Das hat keinen Spaß gemacht“, erinnert sich Dolp heute, sechs Jahre später.

Zwar konnte das Bad wenig später wieder öffnen, doch über Jahre hinweg blieb es in der 2900-Einwohner-Gemeinde ein Ärgernis mit weiteren Sperrungen, ehe 2016 klar war: So geht es nicht weiter. Das Freibad wurde geschlosse­n – und Unterthing­au landete als einzige schwäbisch­e Kommune auf einer Liste der Bayerische­n Staatsregi­erung mit insgesamt 18 geschlosse­nen Schwimmbäd­ern im Freistaat zwischen 2016 und 2018. Bundesweit wurden nach Angaben der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellscha­ft (DLRG) in den vergangene­n 17 Jahren durchschni­ttlich 80 Schwimmbäd­er pro Jahr geschlosal­so jeden vierten Tag eines. Aus diesem Grund startete der Verband im vergangene­n Jahr eine Petition mit dem Titel „Rettet die Bäder“und sammelte mehr als 130 000 Unterschri­ften, die am Mittwoch an den Deutschen Bundestag übergeben wurden. „Bäder bauen, nicht wegrationa­lisieren! Die Wassersich­erheit in Deutschlan­d ist akut gefährdet, solange dieser Trend nicht gestoppt wird“, forderte DLRGPräsid­ent Achim Haar. Die Lebensrett­er beklagen schon länger, dass die Menschen in Deutschlan­d schlechter schwimmen können, insbesonde­re treffe das Kinder. Rund 60 Prozent der Zehnjährig­en sind laut einer Studie aus dem Jahr 2017 keine sicheren Schwimmer. Ein Viertel der Grundschul­en in Deutschlan­d habe keinen Zugang mehr zu einem Schwimmbad und müsse lange Wege in Kauf nehmen oder auf den Schwimmunt­erricht gar verzichten. Mit ihrer Petition fordert die DLRG einen bundesweit­en Masterplan zum flächendec­kensen, den Erhalt und der Sanierung von Schwimmbäd­ern. Der Finanzbeda­rf betrage etwa 14 Milliarden Euro.

Allein in Bayern liegt der Bedarf für die rund 860 öffentlich­en Bäder bei etwa einer Milliarde Euro, erklärt ein Verbandssp­recher und beruft sich auf Zahlen der Staatsregi­erung aus dem Jahr 2018. Viele Kommunen seien mit der Sanierung und dem Betrieb der Bäder finanziell überforder­t, was immer wieder zu Schließung­en führe. In unserer Region zeigt sich jedoch, dass sich viele Kommunen – oft mithilfe der Bürger und viel Steuergeld – standhaft gegen Schließung­en wehren.

In Unterthing­au wurde ein Verein gegründet, der mit großem Einsatz die Wiedereröf­fnung des Freibades in diesem Jahr ermöglicht­e. Im Kreis Günzburg schlossen sich mehrere Kommunen zur Rettung des Leipheimer Gartenhall­enbades zusammen. Eine Idee, wie sie im Kreis Donau-Ries für das seit 2010 geschlosse­ne Bad in Mönchsdegg­ingen ebenfalls angedacht ist. Und andernorts werden sogar neue Bäder gebaut. So wurde in Fischach im Augsburger Land ein Naturfreib­ad eröffnet, in Lindenberg (Kreis Lindau) wird ein 45 Jahre altes Bad abgerissen und durch ein neues ersetzt und in Augsburg wird über den Bau zweier neuer Bäder diskutiert. Lesen Sie dazu auch den auf der ersten Bayern-Seite. München Bei einem tödlichen Unfall in Franken, der inzwischen Teil von Ermittlung­en in einem Tötungsdel­ikt ist, war der bayerische Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) persönlich Ersthelfer. Das sagte Herrmann in München.

Er sei mit seinem Dienstwage­n auf dem Weg zu einem Termin gewesen. Dann sei er plötzlich Zeuge geworden, wie ein anderes Fahrzeug von der Autobahn geschleude­rt und schließlic­h zwischen Bäumen hängen geblieben sei. Er habe seinen Fahrer angewiesen anzuhalten und habe sofort den Notruf 112 gewählt. Zusammen mit einem anderen Autofahrer sei er dann zu dem Fahrzeug gegangen. „Es war ersichtlic­h, dass dort Menschen sicherlich schwer verletzt sein müssen“, sagte Herrmann. „Wir haben dann eine Frau aus dem Auto gezogen und auf die Wiese legen können.“Für den Mann sei dagegen jede Hilfe zu spät gekommen, dieser sei wohl sofort tot gewesen.

In den Unfall am Sonntag auf der A3 bei Erlangen waren drei Autos verwickelt. Wie ein Sprecher des Polizeiprä­sidiums Mittelfran­ken sagte, ist der genaue Ablauf aber noch unklar. Ein Gutachter müsse den Hergang klären. Erst später stellte sich heraus, dass ein 53-Jähriger, der ebenfalls in den Unfall verwickelt war, im Verdacht steht, seine 76 Jahre alte Schwiegerm­utter in Borchen bei Paderborn getötet zu haben. Die Ehefrau des Verdächtig­en, die mit ihm im Auto unterwegs war, stieg nach dem Unfall aus, lief auf die Fahrbahn und kletterte über die Mittelleit­planke. Danach wurde sie von einem Fahrzeug erfasst. Die Frau kam schwer verletzt in ein Krankenhau­s. Mit der Erstversor­gung des Paares hatte Herrmann nichts zu tun.

Der Name des Mannes tauchte nach dem Unfall im bundesweit­en Datensyste­m der Polizei auf, in der Nacht zu Montag nahmen Spezialkrä­fte den Verdächtig­en in einem Hotel in der Nähe von Nürnberg fest. Dort war er laut Polizei zu Gast, um in der Nähe seiner Frau zu sein. Ein Richter entschied dann am Dienstag, den Verdächtig­en in U-Haft zu nehmen. Ob die Frau in das Verbrechen verwickelt war, blieb erst einmal unklar – die Polizei in NRW wollte dazu keine Angaben machen.

So viele Menschen sind ertrunken

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Foto: Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellscha­ft Schon ein trauriger Anblick, so ein von Mensch und Wasser verlassene­s Schwimmbad: Mit Bildern wie diesem werben die Initiatore­n der Petition „Rettet die Bäder“gegen die Schließung öffentlich­er Bäder.
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Joachim Herrmann

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