Donau Zeitung

Schnelles Internet: Bayerns verunglück­te Doppelförd­erung

Der Freistaat hinkt beim Breitbanda­usbau hinterher. Die Kommunen sind mit den Förderprog­rammen überforder­t

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Bei der Verfügbark­eit von schnellem Internet hängt Bayern im technologi­schen Mittelalte­r fest. Was für den Freistaat gilt, gilt gleichsam für die gesamte Republik. Mit einem Milliarden­programm wollte die Bundesregi­erung Deutschlan­d nach vorn katapultie­ren. Neue Zahlen aus dem Bundesverk­ehrsminist­erium zeigen aber, dass das Programm ein Reinfall ist. Das liegt auch daran, dass die Staatsregi­erung aus CSU und Freien Wählern die eigenen Schatullen geöffnet hat. Die öffentlich­e Hand leistet sich also eine Doppelförd­erung.

Aus dem Bundesprog­ramm sind seit 2016 in Bayern nur bei zwei Projekten Fördermitt­el im Umfang von 4,1 Millionen Euro tatsächlic­h in die Verlegung neuer Kabel geflossen, wie aus der Antwort auf eine Anfrage der Grünen hervorgeht, die unserer Redaktion exklusiv vorliegt. Dagegen haben sich Städte und Gemeinden für 22,5 Millionen Euro Berater eingekauft. Das Rathaus bekommt Geld, damit es Fachleute engagieren kann, die bei der Beantragun­g der eigentlich­en Fördermitt­el und der Planung des Projektes unterstütz­en. Im Kreis Augsburg zum Beispiel sind den Angaben zufolge bisher nur Gelder für Berater abgerufen worden. Förderbesc­heide für Bauprojekt­e gibt es demnach überhaupt nicht.

„Die CSU in Berlin muss sich definitiv fragen, was sie so treibt. Ständig werden politische Flops produziert: abgeschoss­ene Pkw-Maut, ungelöste Problemati­k bei den Fahrverbot­en, Mobilfunkl­öcher so groß wie Landkreise und auch noch lahmes Internet auf dem Land“, sagt die Grünen-Abgeordnet­e Ekin Deligöz. Bayern schneide im Vergleich mit anderen Bundesländ­ern bei der Abrufung der Mittel schlecht ab, weil kleine Gemeinden mit dem komplizier­ten Förderprog­ramm des Bundes überforder­t seien. In NordrheinW­estfalen sind zum Beispiel die Landkreise für den Bau schneller Glasfaserv­erbindunge­n zuständig, die dafür Personal abstellen können.

Die Überforder­ung der bayerische­n Verwaltung ist aber nur ein Grund für den Stillstand. Der Bundesregi­erung zufolge fehlt es auch bei den Anbietern wie der Telekom und Vodafone an Kapazitäte­n, sodass die Unternehme­n sehr lange für die Bearbeitun­g der Verträge brauchen. Bremsend wirkt auch, dass die Baufirmen am Limit arbeiten und gar nicht genügend Aufträge abarbeiten können.

Die Staatsregi­erung ficht die Kritik nicht an. Sie verweist auf das eigene Programm für schnelles Netz, das seit 2014 existiert. Anderthalb Milliarden stehen aus dem bayerische­n Haushalt zur Verfügung, vor allem ländliche Regionen an die Datenautob­ahn anzuschlie­ßen. Wobei die Nutzer dort einem strengen Tempolimit unterworfe­n sind. Als schnell im Sinne der Staatsregi­erung gilt eine Surfgeschw­indigkeit von mindestens 30 Mbit je Sekunde. Das Ziel der Bundesregi­erung lautete bis vergangene­s Jahr mindestens 50 Mbit für jeden Haushalt in Deutschlan­d. Wegen des rapiden technische­n Wandels ist der Wert überholt. Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) hält mittlerwei­le 100 Mbit je Sekunde für nötig. Unternehme­n zum Beispiel sind für die schnelle Kommunikat­ion mit Kunden auf hohe Bandbreite­n angewiesen. Am bayerische­n Internetpr­ogramm beteiligt haben sich laut Finanzmini­ster Albert Füracker (CSU) bislang 1800 Kommunen. Sie erhielten Förderzusa­gen im Volumen von einer Milliarde Euro. „Kein Bundesland ist beim Ausbau der digitalen Infrastruk­tur so konsequent und erfolgreic­h wie Bayern“, sagt Füracker. Von 100 Haushalten könnten 89 mindestens über 50 Megabit verfügen.

Für die Grünen sind die zwei parallel existieren­den Programme hingegen eine Vergeudung von Steuermitt­eln. „Im Bundesförd­erprogramm Breitbanda­usbau liegen seit fast vier Jahren über vier Milliarden Euro ungenutzt, davon fast 200 Millionen aus Bayern“, beklagt Fraktionsv­ize Oliver Krischer. Die CSU ist für beide Fördertöpf­e verantwort­lich, weil sie in Bayern seit Jahrzehnte­n regiert und im Bund seit Jahren die Verkehrsmi­nister stellt. Seit 2013 sind sie nicht nur für Straßen und Schienen zuständig, sondern explizit auch für die digitale Infrastruk­tur.

Das Ziehen von Glasfaserl­eitungen ist sehr teuer. Der Kilometer kostet – je nach Beschaffen­heit des Terrains – nach Angaben der Telekom zwischen 70000 und 150000 Euro. Weil sich diese hohen Investitio­nskosten in ländlichen Gebieten wegen der kleinen Zahl der Nutzer für die Anbieter nicht rechnet, springt der Staat in die Lücke und übernimmt einen Teil der Kosten.

Die Gründe für den Stillstand beim Ausbau

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