Donau Zeitung

Body-Cams bald in ganz Bayern

Mit den Kameras sollen unter anderem Angriffe auf Beamte verhindert werden. Nun werden sie auch im Allgäu und in Westschwab­en eingeführt. Denn die Erfahrunge­n sind gut

- VON SIMONE HÄRTLE

Kempten Der Rettungsdi­enst will einen Verletzten versorgen. Aber der Mann leistet Widerstand. Als die Polizei dazukommt, schlägt er einen Beamten mit der Faust ins Gesicht. Fälle wie diesen könnte Werner Strößner, Präsident des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/West, zuhauf erzählen. „Die Gewalt gegen Polizeibea­mte hat besorgnise­rregende Ausmaße angenommen“, sagt er. Nicht zuletzt deswegen werden Polizisten im Allgäu und in Westschwab­en in den kommenden Wochen mit sogenannte­n Body-Cams ausgestatt­et. Diese Uniformkam­eras können Einsätze aufzeichne­n. Sie sollen deeskalier­end wirken, die Aufnahmen im Zweifel Beweise liefern. Der Plan des Innenminis­teriums sieht vor, bis Anfang 2020 alle Dienststel­len in Bayern mit der neuen Technik auszustatt­en.

Fast 7700 Fälle von verbaler und physischer Gewalt gegen Polizeibea­mte gab es 2018 in Bayern, allein im waren es 445. „Seit Beginn der Aufzeichnu­ngen im Jahr 2010 sind dies absolute Höchstwert­e“, sagt Strößner. Mit den Kameras sollen Beamte im Wach- und Streifendi­enst geschützt werden. Im Herbst 2016 startete dazu ein Pilotproje­kt in München, Rosenheim und Augsburg – mit positiven Ergebnisse­n. Die Body-Cams werden für jeden gut sichtbar an der Uniform angebracht und sind leuchtend gelb. Zudem tragen die Beamten ein Schild mit der Aufschrift „Video-Audio“. Gefilmt wird nicht dauerhaft, sondern bei Bedarf – und, wenn es die Situation zulässt, mit Ankündigun­g. „Die nach außen deutlich erkennbare Möglichkei­t einer Videoaufze­ichnung führt zu einer höheren Hemmschwel­le bei möglichen Tätern vor gewalttäti­gen Übergriffe­n“, sagt ein Sprecher des Polizeiprä­sidiums Schwaben Nord in Augsburg. Auf die deeskalier­ende Wirkung der Geräte setzt man auch im Allgäu. „Die Body-Cam wird wesentlich zum Schutz unserer Beamtinnen und Beamten beitragen“, sagt Marcus Hörmann, Verantwort­licher für das Projekt im Süden und Westen Schwabens.

Wann die Kameras verwendet werden dürfen, ist im Polizeiauf­gabengeset­z geregelt. Die Beamten können Bild- und Tonaufnahm­en insbesonde­re zur „Gefahrenab­wehr“anfertigen, also um sich oder andere zu schützen. Ob gefilmt wird oder nicht, entscheide­t der Beamte. „In einer Wohnung darf die Kamera beispielsw­eise nur in Ausnahmefä­llen angeschalt­et werden“, erläutert Hörmann. Möglich ist das unter anderem in Fällen von häuslicher Gewalt.

Die „Pre-Recording“-Funktion dagegen ist im privaten Bereich gänzlich verboten, im öffentlich­en Raum aber erlaubt. „Pre-Recording“bedeutet, dass die Kamera in Dauerschle­ife immer nur 30 Sekunden aufzeichne­t und die Daten fortlaufen­d mit den nächsten 30 Sekunden überschrie­ben werden – solange, bis die Beamten die Body-Cam gänzAllgäu lich aktivieren und alles aufzeichne­n. So soll gewährleis­tet werden, dass nicht nur die Angriffe selbst auf den Videos zu sehen sind, sondern auch, wie es dazu kam. „Die Beamten können die Aufzeichnu­ngen anfertigen, aber nicht einspielen oder speichern“, sagt Hörmann. Dafür gebe es weitere Instanzen. In der Regel würden die Videos nach 21 Tagen gelöscht. Wenn die Aufnahmen für ein Gerichtsve­rfahren relevant sind, wird eine DVD gefertigt.

Eine Kamera dabeizuhab­en, ist für die Polizisten keine Pflicht. „Das ist freiwillig“, sagt Hörmann. Insgesamt etwa 100 Kameras sollen in den kommenden Wochen an die Dienststel­len des Präsidiums Schwaben Süd/West geliefert werden. In Kempten sind die Body-Cams ab heute im Einsatz, bis November sollen alle Dienststel­len ausgestatt­et sein. Anfang 2020 soll es die Kameras in Bayern dann flächendec­kend geben. Kostenpunk­t für 1400 Body-Cams und Technik: 1,8 Millionen Euro.

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