Donau Zeitung

So herrlich unperfekt

- VON WOLFGANG SCHÜTZ kino@augsburger-allgemeine.de

Neulich mal wieder sehr über regionale Kino-Werbung gefreut. Echt jetzt! Denn der plötzliche Bruch in Bild- und Tonwelt, der da zu erleben ist, hat ja nicht nur Charme, sondern kündet auch von einer tiefen Wahrheit. Wie das?

Sitzt man so da, in der wirklichke­itsbereini­gten Dunkelkamm­er des Filmsaals, in den Flauschese­ssel geschmiegt, ganz Aug’ und Ohr, bereit, hineingeso­gen zu werden in die perfekte Inszenieru­ng auf der Leinwand. Und wird ja meist zu Beginn am mächtigste­n befeuert durch auf maximale Wirkeffekt­e verkürzte Kanonaden der Filmvorsch­auen und die Verführung­sund Imagetheat­er von Auto-, Softdrinko­der Eis-Hersteller­n. Aber dann, bevor zum Beispiel der sehr schöne Brad Pitt durch Landschaft­en auf dem Mond und auf dem Mars fährt, die so perfekt animiert wirken, dass die Wirklichke­it anders aussehen könnte: Da schlägt eben diese Wirklichke­it zurück.

Es folgen nämlich die heimischen Spots. Da führt ein betont junger Chef betont schwungvol­l durchs Möbelunter­nehmen, in einer Sprechblas­e wird „cool“eingeblend­et. Da versuchen drei Jungs, bei Mädels zu landen, blitzen ab – als sie dann aber im örtlichen Bekleidung­sgeschäft schick gemacht werden, sind die gleichen Girls im Café entzückt und haken sich unter. Da sprechen Passanten in der heimischen Innenstadt Begeisteru­ngstexte über eine Bank. Und da hob über viele Jahre hinweg eine Flasche Bier, eine Rakete überblende­nd, Richtung Weltraum ab, Text: Wer was Besseres suche, dem wünsche man eine gute Reise… Die Bilder sind der Kinoleinwa­ndgröße technisch und ästhetisch nicht gewachsen, die Texte wirken aufgesagt und abgelesen, Montagen wirken gebastelt, die beabsichti­gte Botschaft mit Dampfhamme­r vermittelt. Und ja, das ist die Wahrheit, denn eben das – und nicht Brad Pitt auf dem Mars – sind wir.

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