Donau Zeitung

Der schändlich­e Pater

François Ozon erzählt erschütter­nd einen Fall kirchliche­n Missbrauch­s

- VON GÜNTER H. JEKUBZIK

Der Fall des Paters Bernard Preyat, der 2016 wegen sexueller Übergriffe auf rund 70 Jungen angeklagt wurde, sorgte in Frankreich für viel Wirbel. François Ozon porträtier­t in „Gelobt sei Gott“die mittlerwei­le erwachsene­n Opfer und zeigt ihre lebenslang­en Verletzung­en. Die Versuche des Systems Kirche, dies alles zu vertuschen, werden in einer ausführlic­hen Spielfilmh­andlung vorgeführt. Der Regisseur Ozon („8 Frauen“, „Unter dem Sand“, „Swimming Pool“) stellt in dem Film die Kunst für eine notwendige und bewegende Anklage zurück.

Alexandre ist ein wohlsituie­rter und gläubiger Vater aus Lyon. Als er zufällig erfährt, dass der Priester, der ihn in seiner Pfadfinder­zeit vergewalti­gt hat, immer noch mit Kindern arbeitet, wird der angesehene Katholik aktiv. Er sucht andere Opfer von damals auf und wendet sich an den Kardinal Barbarin. Der französisc­he Titel „Grâce à Dieu“(Gelobt sei Gott) entfuhr dem Kardinal, als er hörte, dass die Taten Preyats verjährt seien! Man wird bei Zusehen zunehmend wütend.

Ein Verein, in dem andere Betroffene die Hauptrolle von Alexandre übernehmen, sammelt immer mehr Aussagen von Vergewalti­gten. Doch juristisch passiert nichts. Filmisch ist „Gelobt sei Gott“einfach chronologi­sch und stringent. Es ist das Protokoll einer wichtigen und gelungenen Aktion ohne Dramatisie­rung. Die (wahren) Schicksale mit epileptisc­hen Anfällen oder einer Penis-Verkrümmun­g in Folge der Verbrechen Preyats sind schockiere­nd genug. Wenn der Vergewalti­ger das mittlerwei­le erwachsene Opfer beim gemeinsame­n Gebet während einer internen Mediation wieder anfasst, ist dies einer der Momente, der extrem unsensible­s Verhalten bloßstellt. Die gute und notwendige Anklage „Gelobt sei Gott“erhielt im Wettbewerb der 69. Berlinale einen Silbernen Bären.

Gelobt sei Gott (2 Std. 17 Min.), Dokudrama, Frankreich 2019

Wertung ★★★★✩

 ?? Foto: Pandora ?? Alexandre Guérin (Melvil Poupaud) wurde als Kind missbrauch­t.
Foto: Pandora Alexandre Guérin (Melvil Poupaud) wurde als Kind missbrauch­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany