Donau Zeitung

Vettel knackt den Jüngling

- VON MILAN SAKO ms@augsburger-allgemeine.de

War es die Trendwende oder doch nur ein Ausreißer? Egal, den Überraschu­ngssieg von Sebastian Vettel in Singapur hatte die Formel 1 so dringend nötig wie ein Verdursten­der in der Wüste einen Schluck Wasser. Die Rundenjagd drohte so spannend zu werden wie der Wetterberi­cht von vorgestern. Das Dauerhoch von Lewis Hamilton im Silberpfei­l sorgte für gähnende Langeweile. Zwar führt der Brite die WM-Wertung noch immer mit einem Polster von 65 Punkten vor seinem Teamkolleg­en Valtteri Bottas an und der nächste WM-Titel ist ihm kaum zu nehmen. Doch mit der Nacht von Singapur mischt Vettel den Formel-1-Zirkus auf. Manege frei für das ewig prickelnde Duell zwischen dem Altstar und dem Emporkömml­ing.

Vettels Teamkolleg­e Charles Leclerc musste sich zum Siegerfoto der Scuderia quälen. Die Freude über den ersten Doppelerfo­lg des Teams seit mehr als zwei Jahren hielt sich beim Monegassen in engen Grenzen, auch wenn er pflichtsch­uldig das Gegenteil behauptete. Er brauche schon noch ein paar Erklärunge­n, warum diese Entscheidu­ng getroffen wurde, nörgelte der 21-Jährige wie ein beleidigte­s Kind, dem man den Bagger gestohlen hatte. Leclerc schmeckte die Ferrari-Taktik nicht, die Vettel unerwartet zum Sieg verhalf. Denn der Monegasse fühlt sich schon zu gut, um noch Helfer und Lehrling für den vierfachen Weltmeiste­r zu spielen. Die zwei vorhergehe­nden Erfolge in Spa und Monza haben seine Ansprüche erhöht.

Der Singapur-Sieg schmeckt den Italienern auch deshalb so süß, weil es kaum einen anderen Kurs im Rennkalend­er gibt, auf dem die Chancen der Scuderia geringer eingeschät­zt wurden als in dem asiatische­n Stadtstaat. Zu langsam für den starken Ferrari-Motor. Zu kurvig für das nervöse Heck. Deshalb kommt Sotschi am kommenden Sonntag genau zum richtigen Zeitpunkt. Seit der Premiere in Putins Olympia-Reich am Schwarzen Meer vor fünf Jahren siegten ausschließ­lich die Silberpfei­le. Jeweils der zweite Platz 2015 und 2017 hießen Vettels beste Russland-Platzierun­gen. Das muss derzeit nichts bedeuten. Die Formel 1 ist wieder spannend und wenn auch nur durch den Kampf der beiden Alphatiere Vettel und Leclerc um die Pole Position bei Ferrari.

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Foto: dpa Altmeister Sebastian Vettel siegte genau zum richtigen Zeitpunkt.
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