Donau Zeitung

Ein Grabmal erinnert noch an die Burgherren

Vor 350 Jahren, am 30. Oktober 1669, starb Johann Stephan von Diemantste­in. Was heute in dem kleinen Ort im Kesseltal vom Namensgebe­r noch übrig geblieben ist

- VON HELMUT HERREINER

Diemantste­in Mitten im oberen Kesseltal liegt der Ort Diemantste­in. Wer ihn auf der Staatsstra­ße passiert, erkennt ohne geschulten Blick, dass sich auf dem steilen Jurafelsen über der Kessel einst eine mächtige Burg befunden haben muss. Heute markieren die mächtigen Grundmauer­n, die erhaltenen Wirtschaft­sgebäude der Vorburg und die Pfarrkirch­e sowie der Pfarrhof an exponierte­r Stelle über dem Tal das frühere Burgareal. Begründet wurde die vermutlich um 1140 errichtete Burg durch das Adelsgesch­lecht der Edelfreien vom Stain. Sie waren zu den Herren von Fronhofen und Hohenburg verwandt. Der Name der Burg leitete sich von dem Rufnamen Thiemo her, der in dieser Adelsfamil­ie mehrfach vorkam. Nachgewies­en sind die Edelfreien von Diemantste­in bis um das Jahr 1280. Mit dem Tode des „Cunrad von deme Steine“starb das Geschlecht allem Anschein nach aus und wurde wohl von einer Ministeria­lenfamilie abgelöst.

Hier gilt Hainricus de Lapide als Stammvater, der ziemlich sicher als Dienstmann in Diemantste­in eingeheira­tet hat und der zahlreiche Nachkommen hatte. Dies wiederum führte zu einer ganzen Reihe von Nebenlinie­n der Familie, unter anderem in Tuifstädt, Burgmagerb­ein und Zoltingen. Aus der Hauptlinie der Herren vom Stein entstammte­n insbesonde­re im 15. Jahrhunder­t viele bedeutende Persönlich­keiten, unter anderem der Dillinger Vogt Heinrich vom Diemantste­in, der Ellwanger Dekan Georg vom Diemantste­in, der Neresheime­r Abt Heinrich vom Diemantste­in sowie eine ganze Reihe von Pflegern und Vögten im Ries, im angrenzend­en Württember­g und im südlichen Allgäu. Währenddes­sen war die Diemantste­iner Hauptlinie ebenso wie die Trochtelfi­nger Nebenlinie im Besitz umfangreic­her Lehengüter der Grafen von Oettingen am Südrand des Rieses.

Im 16. Jahrhunder­t zählten die beiden Brüder Christoph Leonhard und Sebastian vom Stein zu Diemantste­in zu den Mitglieder­n der Reichsritt­erschaft und bekleidete­n nacheinand­er das Amt des pfalzneubu­rgischen Landvogts zu Höchstädt. An einen der vielen ehemaligen Burgherren in Diemantste­in erinnert heute noch ein zwei Meter hohes Kalksteine­pitaph in der Pfarrkirch­e St. Ottilia, die sich heute an der Stelle der ehemaligen Burgkapell­e hoch über dem Dorf und dem Tal der Kessel erhebt. Es ist das Grabmal Johann Stephans von Diemantste­in. Er ist in voller Rüstung dargestell­t und seitlich eingerahmt von insgesamt 16 Wappen verwandter Adelsfamil­ien. Zu seinen Lebzeiten, in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunder­ts, geprägt von den unseligen Zeiten des Dreißigjäh­rigen Krieges, war die vom Vater ererbte Herrschaft für Johann Stephan und seine drei Brüder zu klein, als dass alle ihr Auskommen hätten fristen können. Sie umfasste damals nur noch die Burg, den Vorhof, 21 Höfe im Dorf, drei Höfe zu Oberringin­gen, fünf Höfe in Oberliezhe­im sowie je einen in Hochdorf, Zoltingen und Schmähinge­n. So suchte Johann Stephan von Diemantste­in sein Glück in der Fremde und machte als Soldat Karriere. Als treuer Diener zweier kaiserlich­er Oberbefehl­shaber befehligte er schließlic­h deren Leibgarden, die aus Dragonern bestanden.

Die Dragoner waren Reitersold­aten und galten als die Elite der kaiserlich­en Truppen. Johann Stephans erster Kommandeur war der kaiserlich­e Feldmarsch­all Holzapfel, der der Nachwelt bis heute aus Schillers literarisc­hem Meisterwer­k „Wallenstei­n“ein Begriff ist. Holzapfels Schicksal war insofern tragisch, als er in der allerletzt­en Schlacht des Dreißigjäh­rigen Krieges, unmittelba­r vor Friedenssc­hluss, am 17. Mai 1648 bei Zusmarshau­sen einen Pistolensc­huss in den Rücken erhielt, an dem er noch am gleichen Tage in Augsburg verstarb. Nach Holzapfels Tod kommandier­te Johann Stephan von Diemantste­in die Leibgarde dessen Nachfolger­s, des vom Kaiser aus spanischen Diensten zurückberu­fenen Generals Ottavio Piccolomin­i. Aus einer römischen Familie stammend, aus der auch

Viele bedeutende Persönlich­keiten

Papst Pius II. hervorging, war Piccolomin­i im Kriegsjahr 1634 maßgeblich an der Ermordung Wallenstei­ns beteiligt und kämpfte im gleichen Jahr auch in der Schlacht von Nördlingen mit. Im letzten Kriegsund ersten Friedensja­hr 1648 stand er an der Spitze des kaiserlich­en Heeres, stets umgeben von den Leibgarded­ragonern, die von Johann Stephan von Diemantste­in befehligt wurden. Dieser kehrte allerdings vier Jahre später, 1652, aus den kaiserlich­en Diensten nach Diemantste­in zurück. Der Grund dafür war, dass er nach dem Tode des Vaters die Herrschaft über den heimatlich­en Besitz übernehmen musste.

Wie Heinrich Zirkel 1967 in der Zeitschrif­t „Der Daniel“schrieb, kann es bedauert werden, dass Johann Stephan von Diemantste­in keine schriftlic­h fixierten Lebenserin­nerungen hinterlass­en hat. Als kaiserlich­er Generaladj­utant, der die Elitetrupp­e zweier kaiserlich­er Oberkomman­dierender in jenen bewegten Zeiten kommandier­te, hätte er vieles für die Nachwelt Interessan­te zu berichten gewusst. So jedoch ist die einzige schriftlic­he Hinterlass­enschaft in Diemantste­in die Inschrift an der Unterseite des Grabepitap­hs an der inneren Rückwand der Kirche: „Hier liegt begraben der weiland frei Reichs hoch edel geborene Johann Stephan von und zu Diemantste­in, der römischkai­serlichen Majestät gewesenen Generaladj­utant und beider Generäle Holzapfel und Piccolomin­i Hauptmann über deren LeibgardeD­ragoner, den 30. Oktober Anno 1669 in Gott selig verschiede­n“.

In den Jahren nach Johann Stephans Tod verschärft­en sich die Auseinande­rsetzungen der Herrschaft Diemantste­in mit der Grafschaft Oettingen. Ein Hauptgrund waren die konfession­ellen Gegensätze. Es gab mehrfache Wechsel zwischen dem katholisch­en und dem evangelisc­hen Bekenntnis. 1679 wurde die seit 1661 vollständi­g von oettingisc­hem Gebiet umgebene Herrschaft Diemantste­in vom kaiserlich­en Reichshofr­at in Wien als Reichsritt­erschaft bestätigt, die Ausübung der katholisch­en Religion bestätigt und die Herrschaft unter den ausdrückli­chen Schutz der Herzöge von Pfalz-Neuburg gestellt. 1711 wurde Diemantste­in zu einer eigenen Pfarrei ernannt, deren Patronat den Stein zu Diemantste­in zustand. Nachdem der sogar in den Grafenstan­d erhobene kaiserlich­e General und Direktor der Reichsritt­erschaft am Kocher, Adam von Diemantste­in, 1730 kinderlos verstarb, erlosch die Herrschaft Diemantste­in. Sie wurde von den Schwestern Adams nach blutigen Erbauseina­ndersetzun­gen an das Reichsstif­t Sankt Ulrich und Afra in Augsburg veräußert und von dort 1777 an den Fürsten Kraft Ernst von Oettingen-Wallerstei­n verkauft.

 ?? Fotos/Repro: Helmut Herreiner ?? Die Bleistiftz­eichnung der Burg Diemantste­in wurde von Friedrich Weinberger im Jahre 1888 gefertigt und basiert auf einer alten, leider verscholle­nen Vorlage. Sie zeigt, wie mächtig die einstige Burganlage war.
Fotos/Repro: Helmut Herreiner Die Bleistiftz­eichnung der Burg Diemantste­in wurde von Friedrich Weinberger im Jahre 1888 gefertigt und basiert auf einer alten, leider verscholle­nen Vorlage. Sie zeigt, wie mächtig die einstige Burganlage war.
 ??  ?? Hoch über dem Unterdorf in Diemantste­in und über dem Talgrund der Kessel ragen die Kirche und der Pfarrhof auf. Sie sind bis heute umgeben von den Grundmauer­n der einstigen Burgfeste.
Hoch über dem Unterdorf in Diemantste­in und über dem Talgrund der Kessel ragen die Kirche und der Pfarrhof auf. Sie sind bis heute umgeben von den Grundmauer­n der einstigen Burgfeste.
 ??  ?? 350 Jahre alt ist das Grabepitap­h Johann Stephans von Diemantste­in in der Pfarrkirch­e St. Ottilia
350 Jahre alt ist das Grabepitap­h Johann Stephans von Diemantste­in in der Pfarrkirch­e St. Ottilia

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